Zoff um Gartengrenze – Rechtsanwältin sagt, was gilt
Darf ich die Hecke des Nachbarn stutzen?

Nachbarn zanken sich über den Gartenzaun – besonders, wenn Grenzabstände nicht eingehalten werden. Wie nah an der Grenze dürfen Bäume gepflanzt werden? Was tun, wenn der Nachbar Gift verwendet und meine Pflanzen deshalb absterben? Eine Rechtsanwältin gibt Auskunft.
Publiziert: 02.09.2024 um 18:34 Uhr
Bevor man zur Gartenschere greift, sollte man das Gespräch mit dem Nachbarn suchen.
Foto: Getty Images

Auf einen Blick

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Jana GigerRedaktorin Service

Pflanzen, die entlang der Grundstücksgrenze wachsen, können zu Konflikten führen. Welche Regeln gelten und wie du dich wehren kannst, wenn der Nachbar keine Rücksicht nimmt, erklärt eine Rechtsanwältin aus Luzern.

1

Wie nah an der Grenze dürfen Bäume und Sträucher gepflanzt werden?

Die Vorgaben bei der Pflanzung von Bäumen und Sträuchern unterscheiden sich im Detail aber von Kanton zu Kanton. Die genauen Regeln sind meistens in den Einführungsgesetzen zum Zivilgesetzbuch zu finden. «In vielen Kantonen hängen die einzuhaltenden Abstände von der Baumart ab», sagt Rechtsanwältin Nathalie Müller (29) aus Luzern, die sich mit dem Nachbarrecht auskennt.

In Luzern müsse ein niederstammiger Obstbaum, bei dem der Kronenansatz bei etwa einem Meter beginnt, in einem Abstand von zwei Metern zur Grundstücksgrenze gepflanzt werden. Bei hochstammigen Obstbäumen, wie etwa Apfel- oder Steinobstbäumen, liegt der Abstand bei drei Metern.

Je nach Baumart gelten andere Grenzabstände.
Foto: imago/Westend61

Nussbäume und Kastanienbäume müssen noch mehr Abstand zur Grenze haben. In den Kantonen Luzern und Aargau sind es sechs Meter und in Zürich sogar acht Meter. Gemäss Expertin misst man im Kanton Luzern immer von der Grundstücksgrenze bis zur Mitte des Stamms. Sträucher dürfen oft in einem Abstand von etwa einem halben Meter zur Grenze gepflanzt werden.

Wichtig zu wissen: «Im Kanton Luzern ist eine bestehende und geduldete Pflanze ab zehn Jahren in ihrem Bestand geschützt.» Das heisst, auch wenn sie zu nah an der Grenze ist, darf sie grundsätzlich nicht entfernt werden. Solche Verjährungsfristen gibt es auch in anderen Kantonen.

2

Ist es erlaubt, die Äste des Nachbarbaums zu schneiden, wenn sie in meinen Garten ragen?

Äste oder Hecken, die vom Nachbar auf das eigene Grundstück wachsen, sowie eindringende Wurzeln darf man laut dem Kapprecht schneiden. Bevor man zur Gartenschere greift, gibt es aber einige Dinge zu beachten. Schädigen die überragenden Äste oder Zweige das Eigentum, muss man dem Nachbarn eine angemessene Frist setzen, damit er das Zurückschneiden selbst erledigen kann. «Angemessen bedeutet, dass der Nachbar genügend Zeit hat und die Schnittzeit eines Baums oder einer Pflanze berücksichtigt wird.» Vom Nachbarn zu verlangen, einen Baum innerhalb von zwei Tagen oder während der gesetzlich verbotenen Zeitspanne zu schneiden, sei unangemessen. 

Wenn der Streit bereits vorprogrammiert ist, macht es Sinn, Aufforderungen an den Nachbarn schriftlich festzuhalten.
Foto: Getty Images

Die Expertin empfiehlt, die Frist schriftlich zu verfassen als Beweis für allfällige Konflikte. Wenn der Nachbar die Äste oder Hecke innerhalb der gesetzten Frist nicht zurückschneidet, darf man sie bis zur Grundstücksgrenze selbst zurückschneiden. «Je nach Baumart und eigenen Kenntnissen lohnt es sich, das fachmännisch machen zu lassen», sagt Müller. Als Laie laufe man womöglich Gefahr, beim Zurückschneiden etwas falsch zu machen und das Wachstum des Baums zu beeinträchtigen, was zu Streit mit führen könne.

3

Was tun, wenn der Nachbar seine Bäume mit Gift behandelt und meine Pflanzen deshalb absterben?

Grundsätzlich darf jeder seinen Garten gestalten und bepflanzen, wie er will. Nachbarn sind allerdings dazu verpflichtet, aufeinander Rücksicht zu nehmen. Das heisst, es ist verboten, das Eigentum des Nachbarn zu beschädigen. «Wer bemerkt, dass der Nachbar seine Bäume mit starken Mitteln behandelt, die den eigenen Pflanzen schaden, kann dagegen vorgehen», sagt Müller. Sie rät, wie bei allen Nachbarschaftskonflikten, zuerst das Gespräch zu suchen. «Wenn das nichts bringt, gibt es die Möglichkeit, eine Klage einzureichen.»

Wenn eine Pflanze durch das Gift des Nachbarn beschädigt wird, kann man Schadenersatz verlangen.
Foto: Getty Images

Falls die Pflanzen dabei sind, abzusterben, eignet sich auf zivilrechtlichem Weg eine Beseitigungsklage. Diese habe zum Ziel, sagt Müller, den aktuell herrschenden rechtswidrigen Zustand zu beseitigen. Eine andere Option bietet die Unterlassungsklage, mit der man verlangen kann, vor künftigen Überschreitungen des Eigentumsrechts geschützt zu sein. Es sei ratsam, sagt die Expertin, zusätzlich Schadenersatz für den bereits entstandenen Schaden zu verlangen.

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Kann ich Einsprache erheben, wenn der Nachbar aus seiner Thuja-Hecke eine Betonwand macht?

Wie bereits erwähnt, hat jede Person das Recht, ihren Garten zu gestalten, wie sie will. Vorausgesetzt, man hält die gesetzlichen Bestimmungen ein. Aus rein ästhetischen Gründen gegen einen Gartenzaun des Nachbarn Einsprache zu erheben, ist gemäss Müller schwierig. «Besteht allerdings der Verdacht, dass der Nachbar eine Baubewilligung benötigt für die neue Mauer oder Betonwand, kann man bei der Baubewilligungsbehörde eine Anzeige machen.»

Nicht für alle Bauten ist eine Bewilligung nötig.
Foto: Shutterstock

Für Bauten bis zu einer bestimmten Höhe sei in vielen Kantonen in der Bauzone keine Bewilligung nötig. Etwas anders sehe die Situation aus, wenn jemand nahe an der Grenze zum Nachbargrundstück eine Wand oder Mauer bauen wolle. Müller sagt: «Dann ist meist eine Baubewilligung nötig, weil kontrolliert werden muss, ob der Grenzabstand und weitere Vorgaben eingehalten werden.»


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