Sobald du auf dem Balkon bist, zieht dir ein beissender Zigarettenrauch in die Nase? Oder fast noch schlimmer: Du willst schlafen, aber der Qualm aus der unteren Wohnung hält dich davon ab? Ein nikotinsüchtiger Nachbar kann die eigene Lebensqualität massiv einschränken. Fabian Gloor (38), Jurist beim Mieterinnen- und Mieterverband Deutschschweiz, sagt: «Grundsätzlich kann man jemandem das Rauchen in einer Mietwohnung oder auf dem Balkon nicht verbieten.» Die Situation sei damit aber nicht erledigt.
Zum einen ist jeder Mieter dazu verpflichtet, auf die Nachbarn Rücksicht zu nehmen. Zum anderen handelt es sich bei übermässigem Zigarettenrauch in der Wohnung um einen Mangel am Mietobjekt. Der Mieter, der sich durch den Rauch gestört fühlt, hat deshalb das Recht, sich zu wehren. Ihm stehen dazu verschiedene Mittel zur Verfügung.
Das Gespräch suchen
In einem ersten Schritt empfiehlt Gloor, dem rauchenden Nachbarn die Situation möglichst sachlich und freundlich darzulegen. Oft sei diesem gar nicht bewusst, dass der Rauch im oberen Stockwerk durch das Fenster in die Wohnung ziehe. Man könne versuchen, einen Kompromiss zu finden. Der Nachbar könnte zum Beispiel auf der anderen Seite des Balkons oder aus einem anderen Fenster rauchen. Vielleicht lässt sich auch vereinbaren, dass der Nachbar zu bestimmten Zeiten wie vor 7 Uhr morgens oder ab 22 Uhr abends nicht mehr aus dem Fenster raucht, das unter dem eignen Schlafzimmer ist. Wenn der Nachbar nicht mit sich reden lässt, oder seine Gewohnheit nur für kurze Zeit anpasst, können Mieter weitere Massnahmen ergreifen.
Einen Brief an die Verwaltung schreiben
Mit einem eingeschriebenen Brief kann man die Verwaltung oder den Vermieter gemäss Gloor darum bitten, den rauchenden Nachbarn abzumahnen. Der Experte sagt: «Es ist sinnvoll, dem eingeschriebenen Brief ein ‹Zigarettenrauch-Protokoll› beizulegen.» Man hält darin fest, wann und wie stark man durch den Qualm belästigt wird. So lässt sich im Nachhinein veranschaulichen, wie stark die Belästigung war. Als Reaktion auf den Brief kann die Verwaltung oder der Vermieter den Raucher auffordern, seine Gewohnheiten im Sinne des belästigten Mieters anzupassen. Gloor sagt: «Falls der Raucher die Sorgfaltspflicht weiterhin verletzt, kann der Vermieter ihm auch mit der Kündigung drohen.» Dabei handelt es sich um eine ausserordentliche Kündigung. Das heisst, der rauchende Mieter muss die Wohnung innerhalb von 30 Tagen auf Monatsende verlassen.
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Mit einer Mietzinshinterlegung drohen
Wenn die Verwaltung oder der Vermieter trotz des eingeschriebenen Briefs untätig bleibe, habe der Mieter ein Druckmittel zur Verfügung, sagt Gloor. «Er kann der Verwaltung mit einer Mietzinshinterlegung drohen.» Dabei hinterlegt man die Miete bei einer amtlichen Schlichtungsstelle des entsprechenden Kantons. Der Mietzins gilt dann als bezahlt, aber die Verwaltung erhält ihn vorerst nicht. Der Mieter muss der Verwaltung aber eine Frist setzen, in der sie Zeit hat, das Problem mit dem Zigarettenrauch zu lösen. Erst nach der abgelaufenen Frist ist eine Mietzinshinterlegung legitim. Hier findest du Musterbriefe für eine Mietzinshinterlegung.
Eine Mietzinsreduktion geltend machen
Ein anderes Druckmittel stellt eine Mietzinsreduktion dar. «Diese hat der Mieter für die Dauer der Belästigung zugute», sagt Gloor. Man könne sie aber erst ab dem Zeitpunkt verlangen, ab dem man die Verwaltung über die Rauchbelästigung informiert habe. Die Höhe der Mietzinsreduktion hängt gemäss Experte von der Dauer und dem Ausmass der Einschränkung ab. «Bei regelmässiger Belästigung durch Zigarettenrauch im Schlafzimmer ist eine Mietzinsreduktion von etwa zehn Prozent zulässig», sagt er. Wenn man sich mit der Verwaltung nicht über die Höhe der Mietzinsreduktion einigen kann, hat man die Möglichkeit, sich an eine Schlichtungsbehörde zu wenden. Das Schlichtungsverfahren ist kostenlos. Erst wenn man den Rechtsstreit an ein Gericht weiterzieht, kostet das Verfahren.