Vorweg die wichtigsten zwei Spielregeln für die Wartezeit auf dem Kindernotfall:
Blockiert niemals personelle Ressourcen mit Drängeln. Im Normalfall gilt: Wer warten muss, hat Glück. Denn dem eigenen Kind geht es offenbar nicht so schlecht, wie einem anderen.
Traut euch, zu intervenieren, falls sich der Allgemeinzustand eures Kindes während der Wartezeit verschlechtert und ihr glaubt, dass die Dringlichkeit neu eingestuft werden muss.
Im Interview erklärt Georg Staubli (55), Chefarzt des Notfalls am Universitäts-Kinderspital Zürich zudem, wie ihr erkennen könnt, wann ihr mit euren Kleinen auf den Notfall müsst - und wann nicht.
Georg Staubli, wenn Eltern bei ihrem Kind einen Notfall vermuten, was wäre das richtige Vorgehen?
Erst einmal muss man für sich selber entscheiden, ob es sich wirklich um einen Notfall handelt. Wenn das Kind zum Beispiel seit drei Wochen unter Bauchschmerzen leidet, sein Allgemeinzustand aber sonst gut ist, muss es nicht ausgerechnet an einem Sonntagnachmittag in den Notfall. Solche Fälle können gut warten, bis der Hausarzt am Montag wieder erreichbar ist.
Wann muss man wirklich auf den Notfall?
Ganz klar, wenn es sich um Unfälle wie Schnitte, Verbrennungen oder Verbrühungen handelt. Ebenfalls ein wichtiger Indikator ist, wenn ein Kind eine Extremität, zum Beispiel ein Bein oder eine Hand, über mehrere Stunden nicht belastet. Das kann auf einen Bruch hinweisen. Auch wenn sich Schmerzen oder Fieber medikamentös nicht behandeln lassen, ist das ein Zeichen, dass es sich um etwas Schlimmeres handeln könnte, insbesondere wenn der Allgemeinzustand schlecht bleibt.
Umgekehrt heisst das, wenn die Medikamente anschlagen, ist es kein Notfall?
Wenn ein Kind auf rezeptfrei erhältliche Schmerz- und Fiebermittel reagiert und wieder anfängt zu spielen, isst und trinkt, ist es zu 99.9 Prozent nichts Schlimmes. Eine Blinddarm- oder Hirnhautentzündung lässt sich auf diese Art nicht behandeln, da verschlechtert sich der Allgemeinzustand des Kindes trotz Medikamenten. Wer unsicher ist, kann sich auch über unser Beratungstelefon mit einer Pflegefachperson austauschen.
Weswegen haben Sie eine eigene Beratungshotline eingerichtet?
Weil sich viele Eltern direkt auf der Notfallstation meldeten und damit einen hohen Arbeitsaufwand generierten. Es gab ein Fall, in dem ich ein Kind mit Hirnhautentzündung behandelte und eine Telefonat entgegennehmen musste, in dem mich eine Mutter fragte, ob sie ein Zäpfli geben darf.
Welches sind die häufigsten Fehler von Eltern auf dem Kindernotfall?
Fehler gibt es nicht. Alle Eltern, die zu uns kommen, sind besorgt um ihre Kinder. Allerdings nutzt ein wenig Hintergrundinformation und Geduld. Wenn das Kind auf dem Notfall ankommt, wird es triagiert. Das heisst, es wird nach medizinischer Dringlichkeit einer Kategorie von 1 bis 5 zugeordnet. Dringende Fälle kommen schneller an die Reihe. Wenn Eltern nun wegen Zeitdruck oder Ungeduld immer wieder nachfragen, wann ihr Kind denn endlich behandelt werde, blockieren sie wertvolle personelle Ressourcen. Und es geht am Ende für auch für sie selber länger.
Das heisst, wenn das eigene Kind nicht sofort behandelt wird, ist das grundsätzlich ein gutes Zeichen?
Genau. Allerdings sollten Eltern auch nicht einfach brav dasitzen und darauf vertrauen, dass dann schon alles gut kommt. Wenn sie beobachten, dass es ihrem Kind während der Wartezeit plötzlich schlechter geht, bitten wir sogar darum, dass sie sich noch einmal melden!
Bei Krankheit und Unfall: Kispi-Beratungstelefon für Kinder- und Jugendnotfälle
Festnetz und Handykunden mit Abo: 0900 26 67 11 (3.23 CHF/Min. ab Beratungsbeginn)
Prepaid-Kunden: 0900 26 67 12 (3.12 CHF/Min. durchgehend)
Bei Vergiftungen: Tox-Info Schweiz
145
Sanitätsnotruf
144
Bei Krankheit und Unfall: Kispi-Beratungstelefon für Kinder- und Jugendnotfälle
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Dieser Artikel wurde vom Family-Channel der «Schweizer Illustrierte» übernommen. Weitere spannende Artikel finden Sie unter www.schweizer-illustrierte.ch/family
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