Der Wein- und Sektort Hochheim liegt im Ballungszentrum Rhein-Main. Hier wachsen die Trauben für Riesling-Weine, die im 19. Jahrhundert von der britischen Königin Victoria hochgeschätzt und viel bestellt wurden.
Unter dem Namen «Hock» erzielten sie damals Preise, die den Spitzenproduzenten in Bordeaux und Burgund heute die Tränen in die Augen treiben würden.
Bedrohte historische Lagen
Heute haben die historischen Lagen einen unschätzbaren Wert und garantieren Riesling vom Feinsten. Doch nun sind die Flächen durch ein Netzausbauprojekt bedroht, das regenerativ produzierten Windstrom via Erdkabel von Nord nach Süd transportieren soll.
Winzer Gunter Künstler (61), dessen 65 Hektar Reben teils in den als «Erstes Gewächs» klassifizierten Parzellen liegen, ist entsetzt. Der Trassenbau für die Erdkabel sei der Anfang vom Ende der Hochheimer Rebberge und der tausendjährigen Weinkultur.
Der KI sind Winzer und Reben egal
Besonders stossend für Künstler und seine Winzerkollegen ist, dass eine mit Daten gefütterte KI an der Planung des Trassenverlaufs beteiligt gewesen sei. Im Juni suchten Winzer, Politiker und Interessenvertreter nach Lösungen mit dem Netzbetreiber. Heraus kam laut Gunter Künstler eine «Worst-Case-Variante», die das Aus für die historische Spitzenlage «Hochheimer Domdechaney» bedeuten würde.
«Weder im Napa Valley noch im Burgund oder Bordeaux würden solche Weinbergslagen vernichtet werden!», steht auf den Infoflyern, die am Hochheimer Weinfest Mitte Juli ausgelegt wurden.
Bereits im August sind Vorarbeiten auf den betroffenen Flurstücken geplant, wie schwere Rammsondierungen, Kernbohrungen und Baustelleneinrichtungen. Sind die Erdkabel versenkt, ist Weinbau auf dieser Fläche nicht mehr möglich, weil die tiefwurzelnden Reben die Kabel beschädigen könnten.