Auf einen Blick
- Konsumenten bevorzugen leichtere Weine, Rotweine verlieren an Beliebtheit
- Gesundheitsbewusstsein und veränderte Ernährungsgewohnheiten beeinflussen Weinkonsum
- Daten von über 1300 Brancheninsidern aus über 30 Ländern erhoben
Blick: Frau Loose, Schaumweine, Weissweine und Rosé liegen in der Konsumentengunst ganz vorn. Weshalb?
Simone Loose: Die Konsumenten greifen vermehrt zu erfrischenderen, leichteren Weinen.
Weshalb haben Rotweine gerade einen schweren Stand?
Heute wird Weinqualität anders definiert. Möglichst viel Alkohol und Struktur scheint bei Rotweinen nicht mehr so gefragt zu sein. Weinbewertungen, die auf hohe Alkoholgehalte, Tannin und Extraktsüsse fokussieren, überzeugen die Konsumenten immer weniger. Das Pendel der extremen Parkerisierung schwenkt zurück.
Was sind die Gründe?
Das Gesundheitsbewusstsein in der Bevölkerung ist gestiegen. Eine Rolle spielen dabei ältere Konsumenten, die ihren Weinkonsum drosseln oder leichtere Weine bevorzugen, weil sie sich auch nach einem Glas Wein noch fit fühlen möchten. Auch junge Menschen sprechen schwere Rotweine weniger an. Viele Junge ernähren sich heute vegetarisch oder vegan. In diesen Communitys hat der Weinkonsum einen untergeordneten Stellenwert.
Sind die fetten Jahre in der Weinbranche vorbei?
In den letzten zwei Jahrzehnten hat die Branche extrem von der Premiumisierung profitiert. Bei konstantem Verkaufsvolumen ist der Handelswert der Weine weiter ständig gestiegen. Seit 2017 fällt der globale Weinkonsum, gleichzeitig gibt es wegen der sinkenden Kaufkraft weniger Verbraucher, die sich superteure Weine leisten können. In Zukunft muss es der Weinbranche gelingen, die jungen Konsumenten zu erreichen.
Alle Jahre wieder wird der Dry January zelebriert. Werden alkoholarme und entalkoholisierte Weine weiterhin trenden?
Das kommt ganz auf den Markt an. Die Akzeptanz für entalkoholisierte Weine ist in Südeuropa geringer als zum Beispiel in Deutschland oder den Niederlanden. Ein Weingut in Süditalien hat mehr Mühe, den Alkoholgehalt zu reduzieren, als ein Betrieb in der Schweiz oder in Deutschland.
Gibt es eine Alternative zu entalkoholisierten Weinen?
Ja. Proxy-Weine werden auf der Basis von Traubenmost hergestellt und mit Gewürzextrakten, Tee, Verjus, also Saft aus grünen Trauben, oder hochwertigem Essig so verfeinert, dass sie in Geschmack und Struktur eher an Wein erinnern als entalkoholisierte Produkte.
Simone Loose leitet das Institut für Betriebswirtschaft und Marktforschung an der Hochschule Geisenheim. Für die neue Studie wurden Daten von über 1300 Brancheninsidern (Handel, Gastronomie und Produktion) aus über 30 Ländern erhoben.