Unterwegs im hohen Norden
Das ist das beste Weingut Schwedens

Manchmal lohnt es sich, Weinregionen ausserhalb der eigenen Komfortzone zu besuchen. Für einmal sind wir also nicht in der Schweiz, in Frankreich oder Italien unterwegs, sondern im Süden Schwedens.
Publiziert: 15.04.2024 um 14:11 Uhr
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Aktualisiert: 15.04.2024 um 22:50 Uhr
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Weinbau auf dem 56. Breitengrad: Kullaberg's Vingård in Schweden.
Foto: zVg
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Nicolas GreinacherRedaktor Wein DipWSET

Schweden wird oft mit Köttbullar-Fleischbällchen, Abba und Eishockey in Verbindung gebracht. Weinbau scheint auf den ersten Blick kein Thema zu sein. Das liegt vermutlich auch daran, dass nahezu alle Rebberge dieser Welt zwischen dem 30. und 50. Breitengrad angesiedelt sind. Doch wie immer bestätigen Ausnahmen die Regel.

Rund 150 Hektar sind in Schweden mit Weinreben bepflanzt, was immerhin einer Fläche von 210 Fussballfeldern entspricht. Einen ersten Qualitätseindruck schwedischer Weine gewann die Blick-Weinredaktion bereits bei einer Verkostung in Zürich. Während zwei Weingüter eher unspektakulär abschnitten, überraschten die Tropfen eines bestimmten Weinguts. Höchste Zeit für einen Besuch auf Kullaberg's Vingård.

Weinbau auf dem 56. Breitengrad

Die knapp eineinhalbstündige Autofahrt vom Flughafen Kopenhagen an mein Reiseziel führt mich über die imposante Öresundbrücke entlang der schwedischen Westküste. Trotz nasskalten Wetterbedingungen vergeht die Zeit wie im Flug. Auf Kullaberg's Vingård wartet auch schon mein Gastgeber, der schwedische Önologe K Felix G Åhrberg (34).

Wie kann Weinbau so hoch über dem Äquator überhaupt funktionieren, frage ich ihn. «Unsere Wachstums- und Reifeperiode ist tatsächlich relativ kurz und dauert bloss von Mai bis Oktober. Trotzdem haben wir jährlich ungefähr 2000 Sonnenstunden und eine durchschnittliche Temperatur von 15 Grad während dieser Phase», so Åhrberg zu Blick. «Und obwohl wir mit rund 700 Millimeter Niederschlag pro Jahr gut bedient sind, kann es in den Sommermonaten sogar zu trocken werden.»

Ein weiterer Schlüssel zum erfolgreichen Kultivieren von Weinreben in Schweden liegt bei der Sortenwahl. «Wir arbeiten ausschliesslich mit gegen Pilzkrankheiten resistente Piwi-Rebsorten, was auch daran liegt, dass Kupfer in Schweden nicht als aktive Substanz für die Landwirtschaft zugelassen ist.» Insgesamt sechs verschiedene Sorten gibt es auf Kullaberg's Vingård: Solaris, Souvignier Gris, Muscaris, Donauriesling, Pinot Nova und Cabaret Noir.

Gerade im Erntemonat Oktober sei es für den Endspurt der Traubenreifung elementar, von den letzten Sonnenstrahlen des Jahres zu profitieren. «Herbstregen bei der Ernte wäre für konventionelle Rebsorten fatal und der Druck vor einsetzenden Pilzkrankheiten zu gross. Wir müssten ernten, bevor die Trauben reif sind. Dank unseren Piwi-Rebsorten ist diese Gefahr fast gänzlich eliminiert und wir können die letzten Sonnenstrahlen der Saison für unsere Trauben einfangen», schwärmt Åhrberg.

Moderne Technik im Keller

Reifes und kerngesundes Traubengut alleine macht aber noch keinen guten Wein. Im Keller sind Fingerspitzengefühl und wohlüberlegte önologische Eingriffe gefragt. Åhrberg arbeitet mit einer Vielzahl von verschiedenen Holzfässern, angefangen von französischer, österreichischer sowie amerikanischer Eiche bis hin zu Akazienholz. Um die Weine länger haltbar zu machen, werden sie nicht nur geschwefelt, sondern teilweise auch mit kleinsten Mengen Vitamin C versetzt. Selbstverständlich gibt es auf Kullaberg's Vingård ein hauseigenes Labor.

«Aufgrund unseres kühlen Klimas können die Stielgerüste der Trauben nicht ausreifen, weshalb wir sie nicht der Gärung dazugeben. Sämtliches Traubengut wird daher vollständig entrappt», so Åhrberg. Ein weiteres Qualitätsmerkmal ist, dass auf Kullaberg's Vingård viele Weine im Fass zu Ende vergoren werden, was zu einem volleren Körper beim Wein führt. Auch das Aufrühren vom Hefesatz wird hier regelmässig praktiziert, um den Weinen noch mehr Komplexität zu verleihen.

So gut sind die Weine wirklich

Bis jetzt haben mich Weine aus sogenannten Piwi-Rebsorten nur sehr selten überzeugt. Die Roten sind mir oftmals zu grün und bitter, während bei den Weissen häufig der Tiefgang fehlt. Doch die Kullaberg-Weine stehen wie ein Fels in der Piwi-Brandung. Sie sind glasklar in der Frucht, getragen von einem soliden Säuregerüst und am Gaumen äusserst gehaltvoll. Insbesondere Askesäng und Immelen, zwei trockene Weissweine, dürften an Blindverkostungen so manches Staunen hervorrufen.

Frisch und knackig sind auch die mittels traditioneller Flaschengärung gekelterten Josefinelust-Schaumweine. Die Weine sind so gut, dass sie in der Zwischenzeit längst Abnehmer ausserhalb Schwedens gefunden haben. Wer sich vom Vorzeigeweingut vor Ort ein Bild machen möchte, dem sei eine vorangemeldete Visite ans Herz gelegt. Auch deshalb, weil K Felix G Åhrberg lange Zeit in Österreich gearbeitet hat und fliessend Deutsch spricht.

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