Traditionelle Weinbereitung
Was steckt hinter fussgestampften Weinen?

Das Traubenstampfen mit den Füssen hat eine lange Geschichte in der Weinbereitung. Was bei manchen romantische Vorstellungen weckt, löst bei anderen Ekel aus.
Publiziert: 06.08.2023 um 14:48 Uhr
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Das Stampfen der Trauben wurde mit der Zeit immer seltener.
Foto: Getty Images
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Isabelle Thürlemann-BriggerRedaktorin Wein


Vor der Einführung moderner Anlagen war das Stampfen der Trauben weit verbreitet. Um den Most für die Gärung zu gewinnen, werden die Beeren gequetscht und gepresst. Füsse haben hierbei einen entscheidenden Vorteil gegenüber mechanischen Apparaten. Sie üben genügend Druck auf die Beeren aus, um sie zu zerquetschen, ohne die Kerne zu verletzen. So wird vermieden, dass Bitterstoffe in den Most gelangen. Die Nachteile der althergebrachten Methode sind offensichtlich: Ein Fusspaar ist bei Weitem nicht genug, um die Ernte zu verarbeiten und das Trauben-Bootcamp ist ermüdend. Daher erstaunt es nicht, dass das Verfahren vielerorts fast gänzlich von der Technik verdrängt wurde.

Gepflegtes Brauchtum

Eine der letzten Bastionen ist das portugiesische Douro-Tal. In der Portwein-Herstellung war das Fussstampfen bis in die 1960er-Jahre üblich. Grund dafür ist, dass die Gärung von Portwein bereits nach zwei bis drei Tagen mit der Aufspritung des Mosts mittels Branntwein beendet wird. Die Beerenschalen bleiben gegenüber der konventionellen Rotweinherstellung vergleichsweise kurz mit dem Saft in Berührung. Um in drei- bis viermal weniger Zeit genügend Farbe, Tannine und Aroma aus der Maische zu lösen, werden sogenannte Lagares eingesetzt. Diese flachen Granitwannen bieten eine grosse Oberfläche und sind besonders gut geeignet, um die Trauben durch das regelmässige Stampfen schonend auszulaugen. Auf diese Weise werden tieffarbige, gerbstoffreiche und geschmacksintensive Weine gewonnen.

Maschinen haben ihren Weg längst in den Norden Portugals gefunden. Menschliche Muskelkraft kommt nur noch vereinzelt in den Weingütern zur Anwendung. Mittlerweile sind sogar Roboter-Lagares am Werk. Diese treten die Trauben mit Silikonaufsätzen und bei kontrollierten Temperaturen. Entwickelt wurden sie von den renommierten Symington Familiy Estates. Trotz ihrer Vorreiterrolle hält das Portweinhaus an der lokalen Tradition fest. Auf der Quinta do Vésuvio stampfen Angestellte das Lesegut für den exklusiven Vintage Port Capela, wie in den guten alten Zeiten.

Gesundheitlich unbedenklich?

Authentisch mag er ja sein, dennoch drängt sich die Frage auf, ob fussgestampfter Wein heutigen Lebensmittelstandards gerecht werden. Die Antwort lautet ja – nahezu kein Krankheitserreger kann in der sauren und alkoholischen Umgebung von Wein überleben. Sofern die Weinbereitung sorgfältig und sachgemäss abläuft, spricht zumindest aus hygienischer Sicht nichts gegen die Beinarbeit.

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