Quereinsteigerin Nicole Theiler
Ex-Bankerin wird Rebbaukommissärin

2017 hängte Nicole Theiler (44) ihren Bank-Job an den Nagel und wurde Winzerin. Ab Februar ist sie als Fachperson Weinbau für die Zentralschweiz zuständig. Blick wollte wissen, wie es ist, Zahlen mit Trauben zu tauschen und welche Aufgaben sie im neuen Job erwarten.
Publiziert: 25.12.2024 um 14:01 Uhr
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Aktualisiert: 26.12.2024 um 15:55 Uhr
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Nicole Theiler (44) hat ihre zweite Karriere als Winzerin in der Zentralschweiz gestartet. Ab 1. Februar 2025 wird sie als Fachperson Weinbau Winzerinnen und Winzer in fünf Kantonen beraten.
Foto: Ursula Geiger

Auf einen Blick

  • Ex-Bankerin Nicole Theiler wagte den Quereinstieg in den Weinbau
  • Nach sieben Jahren Arbeit in einem Weingut wird sie nun Rebbaukommissärin in der Zentralschweiz
  • Ab Februar 2025 wird sie Winzer und Selbstkelterer in fünf Kantonen beraten
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Ursula GeigerRedaktorin Wein

Blick: Frau Theiler, von den schwarzen Zahlen zu reifen Trauben. Weshalb haben Sie umgeschult?
Nicole Theiler:
Als Weinliebhaberin bin und war ich viel in Weinregionen unterwegs. Die Weinpassion, die Liebe zur Natur und das breite Winzerhandwerk von den Rebbergarbeiten bis hin zum trinkfertigen Wein faszinierte mich. Obwohl mir die Führungsfunktion auf der Bank mit siebzig Mitarbeitenden gefallen hatte, war nach zwanzig Jahren die Zeit reif für einen Neubeginn.

Ein Sprung ins kalte Wasser?
So blauäugig bin ich nicht. Bevor ich mich definitiv für den Berufswechsel entschied, schnupperte ich einige Tage in verschiedenen Winzerbetrieben in der Zentralschweiz, um zu sehen, ob die Arbeit auch wirklich zu mir passt.

Wie reagierte ihr Umfeld?
Als ich meine Kündigung aussprach, vermuteten viele, dass ich zu einem Mitbewerber wechsle. Einen handwerklichen Neuanfang mit der Winzerlehre zu wagen und den gut bezahlten Bürojob an den Nagel zu hängen überraschte viele, stiess aber auf positives Echo. Das betriebswirtschaftliche Wissen, welches ich mir im Finanzsektor angeeignet habe, kann ich auch im Weinbau gut gebrauchen.

Inwiefern?
Mein konzeptioneller Rucksack aus der Finanzwelt konnte ich mit meiner Ausbildung zur Winzerin zusätzlich mit handwerklichem Know-how erweitern. Nach acht Jahren Arbeit in den Reben und im Keller, weiss ich, wo die Stellschrauben sind, um gesunde Trauben zu ernten und damit einen guten Wein zu keltern. Der handwerkliche Background ist nun auch für meinen neuen Job sehr wertvoll.

Was sind Ihre Aufgaben als Rebbaukommissärin?
Rebbaukommissärin nannte man die Position früher, heute heisst es Fachperson Weinbau. In dieser Funktion werde ich verschiedene Aufgaben ausführen dürfen. Ein Hauptteil davon ist der Vollzug der Weinbauverordnung. Wir setzen den Auftrag vom Bund und vom Kanton in der Region um.

Vollzug? Das klingt fast nach Strafrecht.
Im Vollzug muss die Weinbauverordnung durchgesetzt werden. Wir führen den Rebbaukataster, erteilen Pflanzbewilligungen, stellen Traubenpässe aus, machen die Weinlesekontrolle und schauen, dass die kantonalen AOC-Regelungen eingehalten werden.

Wann braucht es eine Pflanzbewilligung?
Wenn die Rebfläche grösser als 400 Quadratmeter werden soll. Dann wird die Fläche im Rebbaukataster geführt und für die Ernte wird ein Traubenpass ausgestellt. So ist jedes Kilogramm Trauben vom Rebberg bis zum fertigen Wein nachvollziehbar.

Können ambitionierte Hobbywinzer mit 300 Quadratmeter Fläche ein Weinbusiness aufziehen?
(Lacht) Nein, Trauben, die von Rebbergen stammen, die kleiner als 400 Quadratmeter sind, dürfen nur für den Eigenbedarf gekeltert werden. Sprich, der Wein darf nicht auf dem Markt verkauft werden.

Wie viele Winzerbetriebe gibt es in der Zentralschweiz?
In den fünf Kantonen Luzern, Zug, Uri, Nidwalden und Obwalden haben neunzig Betriebe einen Traubenpass und zwanzig Kelterbetriebe kümmern sich um die Weinbereitung.

Kontrolle und Bürokratie ist das eine? Was gehört noch zum Job?
Die Beratung wird ein wichtiger Teil meines neuen Jobs sein. In diesem Fall sind die Winzerinnen und Winzer unsere Kunden. Wir organisieren Weiterbildungen und helfen zum Beispiel bei Krankheiten im Rebberg. Die Betriebe sollen sich bei Problemen nicht alleingelassen fühlen.

Wie oft werden Sie im Büro sein? Wie oft vor Ort bei den Produzenten?
Mein Ziel ist es, fix zwei Tage im Büro zu sein.

Auf welche Aufgabe freuen Sie sich besonders?
Ich freue mich sehr, auf den intensiven und persönlichen Kontakt mit den Winzerinnen und Winzern aus der Region.

Hat es Sie nie gereizt, einen eigenen Weinbaubetrieb zu führen?
Ein eigenes Weingut zu führen ist sicher eine tolle Sache, bedeutet aber auch, dass man örtlich gebunden ist. Mich interessiert das Gesamtbild des Weinbaus in der Zentralschweiz sowie der schweizweite Vergleich und der Austausch in der Weinbranche. Nur mit der gesamtheitlichen Sichtweise können wir unseren Weinbau weiterentwickeln.

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