Je ein Stock Fendant, Petite Arvine und Pinot noir stehen auf 1,618 Quadratmeter auf dem Colline Ardente, mit Blick auf das Schloss Saillon. Da die Minifläche ins Grundbuch eingetragen wurde, ist sie offiziell der kleinste Rebberg der Welt. Gewidmet ist das Kleinod dem Falschmünzer Joseph-Samuel Farinet (1845–1880). Der «Robin Hood der Alpen» verteilte gefälschte 20-Rappen-Stücke im Volk und erhielt im Gegenzug von seinen Anhängern Unterstützung und Schutz vor der Obrigkeit.
Ein Drittel aller sich im Umlauf befindenden 20 Räppler sollen am Ende «Farinets» gewesen sein. Das rief den Bundesrat auf den Plan, der die Walliser Kantonsregierung damit beauftragte, dem Fälscher das Handwerk zu legen. Von Gendarmen gejagt kam Farinet am 17. April 1880 unter ungeklärten Umständen zu Tode.
Drei Rebstöcke für einen Volkshelden
100 Jahre später wurde zu Ehren des Volkshelden der winzige Farinet-Rebberg gepflanzt, der seit 1999 dem Dalai Lama gehört. Gepflegt werden Fendant, Petite Arvine und Pinot noir von den Winzern aus Saillon mit prominenter Unterstützung.
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Fast 1000 Berühmtheiten, darunter Roger Moore, Claudia Cardinale und Zinédine Zidane, pilgerten bereits auf den Colline Ardente, um Reben zu schneiden, Triebe anzubinden, Laubarbeiten zu machen, zu jäten und zu ernten. Ein Gewehrschuss und der Freiheitsruf zu Ehren Farinets gehören ebenso zum Ritual, wie das Glas Wein und das Stück Brot am Ende eines Arbeitstags im kleinsten Rebberg der Welt.
1000 Flaschen Wein aus drei Deziliter
Der Ertrag ist so winzig wie die Rebfläche. Rund drei Deziliter Most werden nach der Traubenlese direkt im Rebberg gepresst. Sie fliessen in 750 Liter Wein, die jedes Jahr von einem anderen Winzer aus Saillon gesponsert werden. Die 1000 Flaschen werden jeweils im Frühjahr verkauft. Der gesamte Erlös wird an Hilfsorganisationen gespendet. Dieses Frühjahr kommt der Jahrgang 2022 auf den Markt. Der Verkaufspreis wird, wie die Jahre zuvor, bei rund 25 Franken liegen.