Blick zu Besuch auf dem Weingut Eichholz
«Mein Sohn ist fast so stur wie ich»

Die Eichholz-Winzerin Irene Grünenfelder hat mit ihrem Sohn Johannes Hunger einen talentierten Nachfolger gefunden. Sein erstes eigenes Projekt, der Eichholz Crémant, gewann im Blick-Schaumwein-Test den ersten Platz.
Publiziert: 10.03.2022 um 14:12 Uhr
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Aktualisiert: 22.06.2022 um 13:24 Uhr
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Johannes Hunger und Irene Grünenfelder mit der Blick-Urkunde für den besten Schweizer Schaumwein.
Foto: Weingut Eichholz
Nicolas Greinacher

Kurz nach der Autobahnausfahrt Bad Ragaz SG liegt die rund 900 Einwohner kleine Bündner Gemeinde Jenins. Schon von weitem sieht man die sanft geneigten Rebberge, für die das malerische Dorf berühmt ist. Weit über die Gemeindegrenzen hinaus bekannt ist auch das von Irene Grünenfelder (57) und ihrem Sohn Johannes Hunger (27) betriebene Weingut Eichholz.

Anlässlich des grossen Blick-Tests der besten Schweizer Schaumweine probierte die Blick-Wein-Redaktion im November 2021 eine Flasche vom Eichholz Crémant 2017, ein Projekt von Johannes. Aus 42 Kandidaten gewann der Eichholz Crémant den ersten Platz! Blick hat das Mutter-Sohn-Team jetzt auf seinem Weingut besucht.

Römische Vergangenheit

Vor langer Zeit befand sich am heutigen Standort vom Weingut Eichholz eine römische Pferdewechselstation. Im Jahr 1993 pflanzte Irene Grünenfelder die ersten Rebstöcke, heute umfasst das Weingut rund sechs Hektar Rebfläche und produziert jährlich rund 30’000 Flaschen Wein.

Jahrzehntelang führte Grünenfelder das Weingut alleine. Seit Kurzem hat sie Verstärkung durch Sohn Johannes bekommen. Auf den ersten Blick verstehen die beiden sich sehr gut. Man merkt, dass sie sich gegenseitig respektieren und einander vertrauen. Beim Foto-Shooting im Rebberg ist Mutter Grünenfelder allerdings deutlich entspannter als ihr Sohn.

«Es braucht definitiv viel Geduld, aber es macht auch Spass und ich kann sehr viel von ihr lernen», erzählt Hunger auf die Frage, wie es ist, einen Betrieb mit der eigenen Mutter zu führen. «Wir sind beides sture Böcke», ergänzt Grünenfelder und lacht: «Mein Sohn Johannes ist fast so stur wie ich!»

Intensive Zusammenarbeit

Obwohl Hunger innerhalb des Weinguts seine eigenen Projekte hat, wie zum Beispiel der Schaumwein, arbeiten Mutter und Sohn beim Grossteil der Weine eng zusammen. Seine Schaumwein-Erfahrungen hat Hunger vorwiegend in Deutschland gesammelt, daneben absolvierte er auch Praktika auf Weingütern in Neuseeland, Frankreich, Südafrika und auch in der Schweiz.

Rund die Hälfte aller Flaschen verkaufen die beiden ab Hof, um den direkten Kundenkontakt nicht zu verlieren. Neben dem Schaumwein umfasst das breite Angebot von Eichholz Weinen eine ganze Batterie an Weissweinen (Pinot Blanc, Sauvignon Blanc, Chardonnay, Blanc de Noir), eine süsse Spezialität gekeltert aus der Traubensorte Diolinoir sowie drei verschiedene Pinot Noir Rotweine.

Zu Beginn der Verkostung zeigt mir Hunger den 2019er Pet Nit. Der Name ist abgeleitet von Pet Nat, einer alten Schaumwein-Spezialität, bei welcher der Winzer einen bereits gärenden Wein in die Flasche füllt. Das besondere beim Eichholz Pet Nit ist, dass der Wein nach der traditionellen Schaumweinmethode hergestellt worden ist. «Er heisst aber Nit und nicht Nat, weil die Gärung nicht bzw. nit fertig geworden ist», erklärt Hunger.

Fruchtige Weissweine, Rotweine brauchen Zeit

Von den Weissweinen hat mich der 2020er Chardonnay positiv überrascht. In der Nase zeigen sich dezente Aromen von Pfirsich, Zitrone und Vanille. Rund ein Drittel des Weins reifte in neuem Holz, man kann diesen exzellenten Chardonnay sofort trinken, aber auch noch ein paar Jahre auf die Seite legen.

Der 2017er Eichholz, ein reinsortiger Pinot Noir während zwölf Monaten im Eichenfass ausgebaut, duftet herrlich nach Kirschen und Pflaumen. Wie aus einem Guss und sehr komplex präsentiert sich dieses elegante Muskelpaket, das ein sehr langes Leben vor sich hat.

Der ultimative Beweis, dass Eichholz Rotweine viel Zeit in der Flasche brauchen, ist der 2011er Pinot Noir. Ohne Neuholzkontakt und mit über zehn Jahren auf dem Buckel punktet dieser würzige Rotwein mit einer komplexen, fruchtigen Aromatik und schöner Balance. Der perfekte Begleiter zu fein geschnittenem Bündnerfleisch.

Klimaneutral reicht nicht

Sich auf den Lorbeeren der Bio-Zertifizierung auszuruhen, kommt für Grünenfelder und Hunger nicht in Frage. So formulierten die beiden ihr ambitioniertes Ziel, innert fünf Jahren nicht nur klimaneutral zu sein, sondern darüber hinaus zusätzliches CO2 zu speichern. Auch die Biodiversität soll mit Heckenpflanzungen, Nistplätzen für Wiesel sowie Blumen bzw. Kräutereinsaaten gefördert werden.

Mein Besuch auf dem Weingut Eichholz hinterlässt ein wohliges Gefühl. Nicht nur wegen der erstklassigen Weine, sondern weil es schön anzusehen ist, wenn Familienmitglieder zusammenspannen und gemeinsam Grossartiges leisten.

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