Tun Sie, was Sie nicht lassen können. Sollen schliesslich alle trinken dürfen, was ihnen schmeckt, wie es so schön heisst. Das Heikle an dieser Haltung ist nur, dass man dann auch Kritik aushalten muss.
Wenn Sie Ihren Cappuccino zum Beispiel in Ihrem Lieblingspub in Hinterpfupfigen oder in einer Filiale einer globalen Kaffeekette trinken, wird es vermutlich niemand jucken, wie spät es gerade ist. Aber wundern Sie sich nicht, wenn Sie in Italien dafür nur abschätzige Blicke kassieren. Oder – noch schlimmer: einen saftigen Rüffel vom Servicepersonal, der so übertrieben laut ausfällt, dass sie am liebsten im Boden versinken würden.
Aber warum nur stellen sich Italienern die Nackenhaare, wenn jemand nach elf Cappuccino trinkt?
Es ist ganz einfach: Cappuccino gilt in Italien als Frühstück. Und deshalb wird der letzte Cappuccino spätestens gegen 11 Uhr, auf jeden Fall aber vor dem Mittagessen, einen Milchschnauz an der Oberlippe hinterlassen.
Denn ein Cappuccino mit einem Cornetto, dem beliebten Gipfeli, gehört in Italien so sehr zur Frühstückskultur wie bei uns, sagen wir mal, Ovomaltine und Konfibrot. Jetzt Frage an Sie: Würde es Ihnen auch in den Sinn kommen, nach einem mehrgängigen Abendmenü um 22.22 Uhr eine heisse Ovi zu bestellen? Wohl kaum. Sehen Sie, das habe ich mir schon gedacht.
Allerdings boomt die Kaffeekultur weltweit und das beliebte Getränk wird immer vielfältiger zubereitet. Dadurch ändern sich auch Vorlieben und gängige Regeln werden als alter Zopf abgetan. Cappuccino in der klassischen Zubereitung, mit sehr fein aufgeschäumter Milch, wird etwa seit den 1930er-Jahren getrunken. Über den Ursprung und den Namen streiten sich Italiener und Österreicher übrigens noch heute.
Der Ausdruck Kapuziner, von welchem das Wort Cappuccino abgeleitet ist, wird eindeutig Österreich zugeschrieben. In Wiener Kaffeehäusern gab es bereits Ende 17. Jahrhundert Mokkazubereitungen mit Schlagobers, Sahne oder Milch. Die bräunliche Färbung des Getränks gleicht der Farbe der Kutte von Kapuzinermönchen, so soll es zur Namensgebung gekommen sein.
Die Italiener haben natürlich eine andere Legende. So soll der Kapuzinermönch Marco d'Aviano 1683 auf Einladung von Papst Innozenz XI. nach Wien berufen worden sein. Der ihm servierte Kaffee war ihm zu bitter, worauf er ihn mit Milch gestreckt habe. Danach etablierte sich in Wien und in der Folge auch in Italien, die «Art des Kapuziners» Kaffee mit Milch zu servieren.