Sie sind auf Tiktok omnipräsent: die Sephora-Kids. Das sind meist junge Mädchen, die sich teure Schminksachen, aber vor allem Hautpflegeprodukte in Kosmetikläden wie Sephora kaufen. Immer mehr Kinder verwenden deshalb Hautpflegeprodukte, die nicht für ihre Haut geeignet sind. Liv Kraemer (46) ist Dermatologin in Zürich und beobachtet den Trend mit Sorge. Laut ihr können Kinder zwar bereits Hautpflege benutzen. Die Routine sollte aber simpel sein und aus den richtigen Produkten bestehen.
Was halten Sie davon, dass Kinder bereits Hautpflegeroutinen mit mehreren Produkten haben?
Liv Kraemer: Es ist eine Katastrophe. Leider werden diesen sechs- bis zehnjährigen Kindern auf Youtube und Tiktok von namhaften «Skinfluencern» Augencremes und eine Routine mit zwölf Schritten empfohlen. Diese machen sie natürlich nach. In meinen Augen ist das völlig sinnlos und problematisch.
Weshalb?
Kinder haben die perfekte Haut und brauchen nicht viel. Wenn sie zu viele Produkte benutzen und noch keine Hautprobleme wie Mitesser bestehen, wird die natürliche Barriere angegriffen und die Haut kann mit Irritationen und sogar Akne reagieren.
Sollten Kinder überhaupt schon eine Hautpflegeroutine haben?
Mit Gesichtsreinigung und Sonnenschutz kann man schon ab sechs Jahren beginnen: das Gesicht morgens und abends mit einem leichten Cleanser waschen und morgens einen UV-Schutz benutzen. Alles darüber hinaus ist in meinen Augen Unsinn. Auch Erwachsene machen mittlerweile viel zu viel. Ich predige immer: Weniger ist mehr.
Was, wenn Kinder schon Hautunreinheiten haben?
Tatsächlich kommen viele junge Mädchen bereits mit zehn Jahren in die Pubertät und haben schon recht früh Mitesser und kleine Pickel. Eine einfache, korrekte Routine ergibt durchaus Sinn. Das bedarf aber weder Masken noch Toner, weder Roller noch Augencremes, und fettige Produkte sind sowieso tabu. Ich empfehle, das Gesicht jeden Morgen nach dem Aufstehen mit einem milden Reinigungsgel zu waschen. Bei bereits unreiner Haut zum Beispiel mit einem Waschschaum mit aktiven Inhaltsstoffen wie AHA und BHA. Dann sollte man einen Sonnenschutz benutzen. Am Abend wieder waschen und gegebenenfalls eine leichte Gelcreme auftragen. That’s it!
Merken Sie im Alltag etwas von diesem Skincare-Hype?
Mich fragen oft besorgte Mütter um Rat, weil ihre Kinder zum Geburtstag von Sephora und Co. Augencremes, Seren, Toner und Masken wollen. Ihnen sage ich dasselbe: Weniger ist mehr. Eine Routine ist wichtig, aber eine, die nicht aus 1000 Produkten besteht. Skincare ist kein Hobby, Skincare ist Science!