Ganz in schwarz gekleidet hat Yves X. (33) am Freitag das Strafgericht Baselland in Muttenz betreten. Dort musste er sich wegen elf Vorwürfen verantworten. So soll er seine flüchtige Bekannte Alice B. im April 2022 in seiner Wohnung mehrfach brutal vergewaltigt haben – auch in einem Kostüm, wie es im Horror-Streifen «Scream» vorkommt. Andere Frauen wiederum soll er sexuell belästigt haben, indem er sie bedrängt oder ihnen fragwürdige Geschenke gemacht haben. So etwa einer Nachbarin.
Sie soll ein Paket erhalten haben, in dem sich ein Zettel mit dem Satz «Sag kein Wort – Scream!» sowie ein Magazin mit verknoteten Seilen auf dem Titelbild befunden hatte. Durch eine aufgemalte Faust, die in ein «A» zeigte, sei die Sex-Praktik Anal-Fisting angedeutet worden. In dem Paket sollen sich auch eine Banane mit der Aufschrift «Sex», ein schwarzer Handschuh und ein Buch befunden haben, in dem bestialische Morde an Frauen beschrieben werden.
«Mir wurde schlecht»
Als einzige Betroffene sagte die Ex-Nachbarin vor Gericht aus. Auf die Frage des Richters, was das Paket bei ihr ausgelöst habe, antwortete sie: «Mir wurde schlecht. Ich war total überfordert. Ich hatte Angst.»
Der Beschuldigte nahm zu den Vorwürfen kaum Stellung, ausser zur Vergewaltigung von Alice B. Er hielt fest: «Es ist alles erstunken und erlogen.» Weiter räumte er die Einbruch- und Einschleichdiebstähle ein – und entschuldigte sich hierfür am Schluss der Verhandlung auch.
«Hass in den Augen»
Doch die Staatsanwältin hält Alice B. für glaubwürdig: «Ihre Schilderungen weisen diverse Realkriterien auf.» So habe die Betroffene «Todesangst gehabt und Hass in seinen Augen gesehen». Ebenfalls schätzte die Staatsanwältin die anderen Frauen als glaubwürdig und die Strafbestände – wie etwa die sexuellen Belästigungen – als erfüllt ein. Die Staatsanwaltschaft fordert darum eine fünfjährige Freiheitsstrafe, eine Geldstrafe sowie eine Busse von 1800 Franken. Die Freiheitsstrafe sei aufgrund einer stationären Massnahme aufzuschieben.
Für eine solche sprach sich auch der psychologische Gutachter vor Gericht aus, der bei Yves X. eine Borderline-Persönlichkeitstörung mit psychopathischen Zügen diagnostizierte.
Variierende Aussagen
Der Verteidiger von Yves X. hingegen stellte klar, dass die Aussagen der Hauptbelastungszeugin Alice B. zu stark variieren. Er findet: «All die Aussagen können keine solide Basis für einen Schuldspruch sein.» So machte er etwa auf ein Foto aufmerksam, das wohl Alice B. und Yves X. beim Besuch seines Bruders zeigt. Dieses Bild ist wohl während des Zeitraums entstanden, in dem auch die Vergewaltigung stattgefunden haben soll. Laut dem Verteidiger wirkt Alice B. auf diesem Foto fröhlich.
Auch sonst verstehe er das Verhalten seines Mandanten nicht als sexuelle Belästigung. Er forderte für Yves X. in den Hauptvorwürfen – wie etwa der Vergewaltigung – einen Freispruch. Sein Mandant sei lediglich wegen der Beschaffungsdelikte zu verurteilen. Hier forderte er eine bedingte Freiheitsstrafe von höchstens vier Monaten, wobei die U-Haft anzurechnen sei. Dadurch habe Yves X. seine Strafe schon abgesessen und sei somit angemessen zu entschädigen.
Das Urteil wird am Donnerstag um 14 Uhr erwartet. Für Yves X. gilt bis zu einem rechtskräftigen Urteil die Unschuldsvermutung.