Die Urteilsverkündung ist zu Ende
Nach der Urteilsverkündung werden Yves X. die Handschellen wieder angelegt. Dann wird er aus dem Gerichtssaal zurück in seine Zelle geführt
Der erstinstanzliche Prozess mit dem heutigen Urteil ist kurz vor 16.30 Uhr zu Ende.
Danach sagt der Verteidiger von Yves X. zu Blick, dass die Strafe hoch ausgefallen sei, sein Mandant das Urteil vermutlich aber akzeptieren werde. Dies, weil er erleichtert sei über die Freisprüche in den Hauptanklagepunkten.
Yves X. bleibt in Haft
Am Ende sagt das Gericht, dass Yves X. für mindestens drei weitere Monate in Haft bleiben muss. Dies, weil das Verfahren noch hängig und noch nicht rechtskräftig ist. Erst, wenn dies der Fall ist, könne er - weil er schon über 16 Monate in Haft sitze - ein Haftentlassungsgesuch stellen. Der Strafvollzug könne dies nach zwei Dritteln der abgesessenen Strafe dann prüfen. Im Moment sehe das Gericht bei ihm eine Fluchtgefahr, weil er keine soziale Einbettung habe und somit untertauchen könnte. Hinzu komme bei ihm die psychische Problemmatik.
Keine Therapie mehr für Yves X.
Bezüglich einer Massnahme sagt das Gericht, dass man eine solche bei Yves X. bereits probiert habe, sie aber gescheitert war. Hiermit erübrige sich ein weiterer Versuch für eine Therapie. Sie wäre gar rechtswidrig.
Keine Einsicht und keine Reue
Das Gericht erklärt nun, wie es auf die 20 Monate Freiheitsstrafe unbedingt für Yves X. gekommen ist. Er sei einschlägig vorbestraft, Einsicht und Reue seien in diesem Verfahren nicht erkennbar gewesen - dies ist unter anderem straferhöhend.
Laut Gericht keine Schuldunfähigkeit bei Yves X.
Schliesslich spricht das Gericht unter anderem noch die Einbruchdiebstähle und Sachbeschädigungen an, die Yves X. jedoch zugegeben hatte. Eine verminderte Schuldunfähigkeit sei bei ihm im Übrigen nicht gegeben.
Yves X.: «Der Sex war hart, aber von beiden Seiten gewollt»
Stützend zum Freispruch bei der mutmasslichen Vergewaltigung seien auch die Aussagen von Yves X. hinzugekommen. So habe er unter anderem ausgesagt, dass «der Sex hart, aber von beiden Seiten gewollt» gewesen sei. Es seien auch keine Drogen oder Narkotika im Spiel gewesen. Es fehle schliesslich am rechtlichen Vorsatz. Deshalb sei es am Ende auch zum «In-Dubio-Freispruch» gekommen.
Fehlende Kooperation beim mutmasslichen Opfer
Auffallend sei bei ihr auch die fehlende Kooperation im Verfahren. Das Gericht erwähnt zudem eine langjährige «Drogenproblematik» beim mutmasslichen Vergewaltigungsopfer.
Sie ging schon mal mit Messer auf Freund los
Ihre Aussagen seien zudem immer nur ganz kurz gewesen, so das Gericht. Hinzu komme, dass sie schon mal mit einem Messer auf ihren Freund losgegangen sei. Und: Dass sie sich auch schon mal mit Gewalt gegen eine Festnahme gewehrt habe.
Mutmassliches Opfer verweigerte gynäkologische Untersuchung
Das Gericht hält fest, dass es bei diesem Fall um «sehr, sehr schwere Vorwürfe» gehe. Dennoch habe das mutmassliche Vergewaltigungsopfer zum Beispiel eine gynäkologische Untersuchung verweigert.
Gericht glaubt mutmasslichem Vergewaltigungs-Opfer nicht
Das Gericht habe sich mit den Einvernahme-Protokollen einen eigenen Eindruck vom mutmasslichen Vergewaltigungsopfer machen können. Dabei sei aufgefallen, dass sie bei der ersten Einvernahme etwas anderes erzählte, als in den späteren Befragungen. Sie habe zwei unterschiedliche Versionen angebracht. Es sei kein Grund ersichtlich, warum sie nicht von Anfang an das Gleiche erzählt habe.
Er wollte ihre Angst spüren, ihnen Schmerzen zufügen und ihre Schreie hören: Inspiriert vom Killer der Horror-Filmreihe «Scream», der mit einer weissen, einen Schrei darstellenden Maske und einem schwarzen Kostüm Jagd auf Menschen macht und sie tötet, soll sich Yves X.* (33) innerhalb eines Jahres an mehrere Frauen herangemacht haben.
Seine Faszination für den «Scream»-Killer reichte offenbar so weit, dass er diesen auf dem Höhepunkt seines Treibens selber verkörpern will. Während er eine der Betroffenen brutal vergewaltigt, trägt er die weisse Horror-Maske samt schwarzem Fetzen-Kleid. So schildert es die Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift.
Buch über bestialische Morde
Der Horror beginnt im Dezember 2021: Wenige Tage nachdem er in eine neue Liegenschaft zieht, soll Yves X. seiner Nachbarin nachzustellen begonnen haben. Er ruft sie ständig an und macht ihr fragwürdige Geschenke: So klebte er auf die Rückseite einer Weihnachtskarte ein Kondom.
Kurz darauf übergibt er ihr laut Anklageschrift ein Paket. Darin befindet sich ein Notizzettel mit dem Satz «Sag kein Wort – Scream!» sowie ein Magazin mit verknoteten Seilen auf dem Titelbild. Ausserdem ist der Satz «Schmerz gehört zum Leben, Leiden ist optional» eingekreist und durch eine aufgemalte Faust, die in ein «A» zeigt, wird die Sex-Praktik Anal-Fisting angedeutet.
In dem Paket befinden sich auch ein schwarzer Handschuh und ein Buch, in dem bestialische Morde an Frauen beschrieben werden. Kurz darauf zieht sie aus der Liegenschaft aus, während er weiterhin dort wohnen bleibt.
Belästigung beim Blutspendezentrum
Mitte April 2022 habe er sich dann an zwei weitere Frauen herangemacht: In einem Blutspendezentrum soll er einer Empfangsdame einen Zettel mit der Frage nach einem Quickie auf der Frauentoilette sowie Geschenke – unter anderem ein Kondom – überbracht haben.
Nach wenigen Minuten soll er sich dann in einer Abklärungskabine einer ihrer Kolleginnen genähert haben. Während sich die Mitarbeiterin eine Wunde an seinem Finger näher anschaut, soll er aufgestanden sein und sich selbst in den Intimbereich gefasst und den Reissverschluss seiner Hose geöffnet haben. Die Mitarbeiterin flüchtet geschockt aus der Kabine, wie die Staatsanwaltschaft ausführt.
Blutige Zeichen auf der Stirn
Rund eine Woche später – noch im April 2022 – habe er seine flüchtige Bekannte Alice B.* besucht. Während sie gemeinsam auf dem Sofa in seinem Wohnzimmer sitzen, habe er sie plötzlich am Hals gepackt. Dann soll er sie gewürgt und ins Gesicht geschlagen haben, danach soll es zu einer brutalen Vergewaltigung gekommen sein. Alice B. verlor kurzzeitig das Bewusstsein, weil er sie mit einer unbekannten Substanz betäubt haben soll.
Doch anstatt von ihr abzulassen, geht das Martyrium weiter, bis es ganz ausartet: Laut Anklageschrift zog sich Yves X. das Kostüm des Killers aus den «Scream»-Filmen an, vergewaltigt und schlägt Alice B. Während sie sich wehrt, beisst sie ihm in den Finger. Als Yves X. zu bluten beginnt, zeichnet er sich mit seinem Blut ein Zeichen auf seine Stirn, streicht ihr das Blut dann ebenfalls ins Gesicht und versucht ihr, dieses auch in den Mund zu träufeln.
«Ich denke, er hat einen enormen Hass auf Frauen und hat diesen an mir herausgelassen», sagt Alice B. zu Blick. «Er redete immer von seinen Fantasien, wie etwa seine Frau zu zerstückeln. Sein grösstes Problem: die Sauerei danach.»
Stromkasten sabotiert
Erst nach einem Hausfriedensbruch im Juni 2022 kommt Yves X. für rund sechs Monate in Haft. Entlassen wird er gegen Ende Dezember. Rund einen Monat nach seiner Entlassung soll er sich an eine neue Nachbarin rangemacht haben. Er habe mehrere Stromsicherungen für ihre Wohnung manipuliert, um sie im Dunkeln aus ihrer Wohnung zu locken, so der Vorwurf.
Als die Nachbarin zum Sicherungskasten ging, um nachzuschauen, was da los ist, sei er aus seiner Wohnung gekommen und habe sich nur in einem Trägershirt bekleidet hinter sie gestellt und sie an den Hüften gepackt. Die Nachbarin rannte aus Schreck in ihre Wohnung zurück. Doch Yves X. habe nicht lockergelassen: Mitten in der Nacht klingelt und klopft er an ihrer Tür.
Die Betroffenen haben Yves X. angezeigt. Am Freitag steht er nun vor dem Strafgericht Basellandschaft in Muttenz. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm unter anderem mehrfache Vergewaltigung und mehrfache sexuelle Belästigung vor. Blick berichtet aus dem Gerichtssaal über die Verhandlung.
*Namen geändert