Missbrauchsfälle in Freiburg
Kantonsgericht muss im Falle eines verurteilten Fotografen über die Bücher

Ein Fotograf soll ein Dutzend junge Frauen missbraucht haben. Nachdem er zu einer elfjährigen Gefängnisstrafe verurteilt wurde, legte er Berufung ein. Die Strafe wurde daraufhin reduziert. Das Bundesgericht kam zum Schluss, dass dieser Schritt überprüft werden müsse.
Publiziert: 05.10.2023 um 12:15 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2023 um 12:49 Uhr
Das Bundesgericht Lausanne hat entschieden, dass das Kantonsgericht Freiburg in einem grossen mutmasslichen Missbrauchsfall nochmals über die Bücher muss.
Foto: Keystone

Das Freiburger Kantonsgericht muss im Fall eines Fotografen nochmals über die Bücher. Das hat das Bundesgericht in Lausanne entschieden. Der Mann soll rund ein Dutzend junger Frauen bei Fotoshootings missbraucht haben.

Die Vorinstanz habe die Zeugenaussagen der Opfer willkürlich ausser Acht gelassen, kritisierte das Bundesgericht in seinem am Donnerstag veröffentlichten Urteil. Das Kantonsgericht habe sich nur auf die Fotos und Videos der Sitzungen gestützt.

Der 1975 geborene Angeklagte war im Januar 2021 in erster Instanz zu 11 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Der Staatsanwalt hatte 6 Jahre Gefängnis gefordert. Das Gericht des Saanebezirks hatte den Mann der Verletzung des Privatbereichs mittels eines Aufnahmegeräts, der sexuellen Nötigung und der Vergewaltigung für schuldig befunden. Die Opfer waren zum Zeitpunkt der Taten zwischen 17 und 34 Jahre alt.

Kantonsgericht reduzierte Strafe

Bei der Berufungsverhandlung im April 2022 kam es zu einer überraschenden Wendung: Das Kantonsgericht Freiburg liess nur den ersten Vorwurf gelten und reduzierte die Strafe auf 30 Monate, davon 15 Monate unbedingt. Aufgrund der Fotos von den Sitzungen und der Videos, die ohne das Wissen der Modelle aufgenommen worden waren, kam das Gericht zu dem Schluss, dass die Opfer in diese Aufnahmen eingewilligt hatten.

Das Bundesgericht hiess nun eine Beschwerde der Staatsanwaltschaft gut. Es hob das Urteil auf und wies den Fall an die Vorinstanz zurück. Die Lausanner Richter waren der Ansicht, dass die Vorinstanz willkürlich gehandelt habe.

Laut Bundesgericht keine unwiderlegbaren Beweise

Die Freiburger Richter begründeten, dass die Videos «einen direkten und objektiven Beweis für die Tatsachen darstellen, der weitaus zuverlässiger ist als die Aussagen der Parteien». Für das Bundesgericht hingegen stellen die Aufnahmen keine unwiderlegbaren Beweise dar.

Der Fall kam Anfang 2015 ans Licht, als eine junge Frau den Fotografen wegen sexueller Nötigung während eines Fotoshootings anzeigte. Bei der Durchsuchung des Fotostudios wurde umfangreiches Datenmaterial, insbesondere Fotos und Videos, sichergestellt.

Weitere Opfer erstatteten danach Anzeige, weil sie ohne ihr Wissen gefilmt worden waren – oder wegen Straftaten gegen ihre sexuelle Integrität. Insgesamt wurden etwa zehn Fälle vor Gericht gebracht. (SDA)

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