Angeblich soll Bruno G.* (53) eine Narbe unter seinem Hemd tragen, weil ihm mal ein Biker eines berühmt-berüchtigten Rockerklubs über einer Tischkante den Unterarm brach. Das erzählen sich die Privatkläger am Mittwoch im Gerichtssaal in Muttenz BL. Vorstellen können es sich alle – auch wenn die Geschichte nur ein Gerücht ist. «Aber er hat so viele Leute über den Tisch gezogen, dass viele erstaunt sind, dass Bruno G. überhaupt noch lebt», sagt einer der Kläger zu Blick.
Bruno G. muss sich diese Woche vor dem Strafgericht Baselland verantworten. Der frühere Töffmechaniker aus Münchenstein BL soll Motorräder – hauptsächlich der Marke Harley Davidson – in Einzelteile zerlegt oder als ganze Maschinen verschachert haben. Nur dass die Motorräder seinen Kunden gehörten und nicht ihm.
Er verkaufte Motorräder, die er nur hätte reparieren sollen
Den einen Kunden soll er die Maschine ohne Bezahlung abgenommen und den anderen Kunden angedreht und das Geld kassiert haben – aber er vertröstete sie angeblich jahrelang mit dem Argument, dass er sie zuerst noch «fertigstellen» wolle. Oder er soll Motorräder nur zur Reparatur entgegengenommen und die Maschinen in Einzelteile zerlegt haben, um die teuren Teile zu verscherbeln. Einem Mann soll er bloss einen Rahmen und einen Motor präsentiert und dem Gutgläubigen damit ein «Projekt» für 30'000 Franken präsentiert haben. Der Kunde hoffte auf ein Custom Bike – doch es gab nie ein fertiges Motorrad.
22 Opfer soll Bruno G. in zwölf Jahren abgezockt haben, steht in der Anklageschrift. Er habe einen Schaden von weit über 300'000 Franken hinterlassen. Bruno G. ging mit der Töffwerkstatt zweimal pleite. Er hat Verlustscheine von über 200'000 Franken.
«Ich ging sicher 50-mal bei ihm vorbei»
Drei Privatkläger schildern Blick ihre Story. «Er kaufte mir ein Trike und einen Oldtimer ab», erzählt der Deutsche Nicolai Reinfrank (60). Bruno G. habe die Maschinen im Wert von über 34'000 Franken mitgenommen, während Reinfrank die Fahrzeugpapiere behielt. «Aber das Geld habe ich nie gesehen, deshalb habe ich ihm die Papiere bis heute nie ausgehändigt.»
«Mir hat er dieses Trike verkauft», erzählt René Saladin (57). «Dass Bruno G. keine Papiere dazu hatte, verschwieg er.» Natürlich habe Saladin nichts vom schiefgelaufenen Geschäft mit dem deutschen Vorbesitzer gewusst. Er bezahlte 22'500 Franken an Bruno G., wurde anschliessend aber immer wieder vertröstet. «Ich ging sicher 50-mal bei ihm vorbei, doch er konnte so gut reden, dass ich immer wieder glaubte, es komme nun alles gut.»
Schliesslich liess Saladin das Trike noch umspritzen und zahlte Bruno G. abermals dafür. «Allerdings hat er die ganze Elektrik am Trike und noch weitere Teile entfernt und wahrscheinlich weiterverkauft.» Das Trike habe Saladin erst «nach jahrelangem Drängen» erhalten. «Jetzt steht es in meiner Garage, aber ohne Papiere kann ich es weder einlösen noch fahren.»
«Er kann gut manipulieren»
Bruno G. verkaufe seinen Geschädigten einen Traum, der nie in Erfüllung gehe, meint Silvio Berther (52), auch er ein Opfer. «Er spielt mit Emotionen und kann gut manipulieren», sagt Berther. «Er spielt mit den Wünschen und Vorstellungen – es ist wie mit einer Frau, die man nicht haben kann.» Er habe eine Oldtimer-Harley aus dem Jahr 1964 von Bruno G. kaufen wollen – die auch einem anderen gehörte – und gab ihm seinen eigenen Töff als Anzahlung und überdies Bargeld. Mutmasslicher Verlust: 18'000 Franken.
Der Beschuldigte selber präsentierte dem Richter zahlreiche Erklärungen, weshalb dieses oder jenes Geschäft nicht geklappt habe. Und oft behauptete er, die Beträge in bar geleistet zu haben – aber leider keine Quittungen mehr zu haben.
«Das Vorgehen des Beschuldigten hatte System», sagte die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer. Sie verlangte eine Freiheitsstrafe von 30 Monaten teilbedingt, davon sechs Monate unbedingt. Der Verteidiger dementierte, dass sein Mandant mit Absicht so handelte, und bestritt in vielen Fällen die Forderungen der mutmasslichen Opfer. Er behauptete, dass die Kunden jederzeit ihre Maschine in Münchenstein hätten holen können. «Man kann keine Arglistigkeit konstruieren», so sein Fazit. Ausstehende Zahlungen hätten auch über den zivilen Weg eingefordert werden können.
Das Urteil fällt am Freitag.
*Name geändert.