«Er hat unsere finanzielle Situation schamlos ausgenutzt»
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Beim Leasing abgezockt:«Er hat unsere finanzielle Situation ausgenutzt»

Drei Frauen fallen auf Leasing-Abzocker herein
«Ich gehe finanziell auf dem Zahnfleisch»

Ein Luzerner (44) wickelt drei Frauen um den Finger, macht ihnen mit einem Deal Autos schmackhaft, die sie sich gar nicht leisten können. Das versprochene Geld bleibt plötzlich aus. Der Luzerner sitzt in U-Haft. Momentan ist von rund 100 Betrugsfällen auszugehen.
Publiziert: 28.08.2021 um 01:17 Uhr
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Aktualisiert: 28.08.2021 um 11:46 Uhr
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Laura Montanaro (31) aus Triengen LU, Nicole von Ah (48) aus Alpnach OW und Jessica Wehrli (29) aus Reisiswil BE (von links) gingen einem mutmasslichen Betrüger auf den Leim.
Foto: Thomas Meier
Nicolas Lurati

Der Deal von Jörg Z.* klang verlockend: das Traumauto leasen, aber nicht die ganze Summe bezahlen. Im Gegenzug durfte er seine Werbung an den Autos anbringen. Nicole von Ah (48) aus Alpnach OW, Laura Montanaro (31) aus Triengen LU und Jessica Wehrli (29) aus Reisiswil BE gingen darauf ein – und wurden bitter enttäuscht.

Die drei stecken in finanziellen Schwierigkeiten. Denn: Die Zahlungen bleiben seit Monaten aus. Blick-Recherchen zeigen, dass der 44-jährige Luzerner seit Mitte Juli 2021 in Untersuchungshaft sitzt. Momentan ist von rund 100 Betrugsfällen auszugehen. Auf Anfrage bestätigt Simon Kopp, Sprecher der Staatsanwaltschaft Luzern, dass Z. sich in U-Haft befindet. Und sagt: «Aktuell führen wir eine Strafuntersuchung gegen diese Person wegen Verdacht des mehrfachen Betrugs und Urkundenfälschungen.»

Ihre Leasingrate müssen die drei Frauen aber trotzdem bezahlen. Denn sie haben den Vertrag unterschrieben. Und die Bank verlangt ihr Geld. «Ich weiss nicht, wie ich meine Rechnungen zahlen soll», sagt Laura Montanaro.

Nur wegen Köder solche Autos geleast

Die Masche von Z. war durchtrieben. Bei den Leasing-Anträgen soll er absichtlich falsche Angaben zu den Frauen gemacht haben, ihr Einkommen zu hoch und die Miete zu niedrig eingetragen haben. Alle drei Frauen sagen zu Blick, dass sie ohne den Werbeflächenköder solche Autos gar nicht geleast hätten. Von Ah, Montanaro und Wehrli schlossen also für Fahrzeuge, die sie sich eigentlich nicht leisten können, mit der Bank-Now einen Leasingvertrag ab.

Von Ah hat das teuerste Auto der drei: einen Volvo XC 60. Barkaufpreis gemäss Leasingvertrag: 97'900 Franken. 1501 Franken beträgt die monatliche Leasingrate. Jörg Z. bezahlte ihr den gesamten Betrag.

Auf Dating-Plattform kennengelernt

«Wir lernten uns auf einer Dating-Plattform kennen. Ich suchte zunächst kein Auto, sondern einen Partner», sagt die Obwaldnerin. Z. habe einen seriösen Eindruck auf sie gemacht. Aber: «Plötzlich fragt er mich, ob ich ein Auto wolle.»

Als Z. für von Ah den Leasing-Antrag ausfüllte, habe er absichtlich falsche Angaben zu ihr gemacht, sagt die 48-Jährige. «Er sagte mir, dass das nötig wäre, sonst würde ich das Leasing nicht kriegen. Zudem würde ich ja via Werbeflächendeal das Geld zurückbezahlt bekommen.»

Leeres Versprechen von Jörg Z.

Für von Ah klang es nach dem perfekten Geschäft: «Es war ein Auto, das monatlich nichts kostete.» Im März erhielt sie die vereinbarte Zahlung zum letzten Mal überwiesen. Sie fragte etliche Male nach. Anfang Mai bekam von Ah eine Whatsapp-Nachricht von Z. Sie war an die «geschätzte Kundschaft» gerichtet. «Seit längerer Zeit werden die Werbeflächenmietverträge nicht mehr pünktlich ausbezahlt», hiess es. «Es ist mir absolut bewusst, dass diese Verzögerungen nicht akzeptabel sind und es euch unter Umständen in Engpässe bringt.»

Jörg Z. macht Corona für die finanzielle Misere verantwortlich. Aber er verspricht: «Jeder noch offene Betrag wird beglichen, und die Verträge behalten ihre Gültigkeit.» Es bleiben leere Worte. Von Ah erhält kein Geld mehr. «Ich gehe finanziell auf dem Zahnfleisch», sagt sie. Am meisten sei sie auf sich selbst wütend. «Weil ich auf den ganzen Seich eingegangen bin.»

In der Bar ins Gespräch gekommen

Auch die Luzernerin Laura Montanaro war zunächst guten Mutes. Sie arbeitete in einer Bar in Menznau LU. Jörg Z. ist dort Stammkunde. Bald kommen sie auf das Thema Auto zu sprechen. Es kommt zum verhängnisvollen Deal: «Er zahlte mir 250 Franken monatlich.» Ein guter Batzen an die 473 Franken Leasingrate für ihren Ford Focus.

Doch auch Laura Montanaro wartet auf ausstehende Beträge: «Ich bin alleinerziehende Mutter eines kleinen Sohnes und arbeite nicht in einem 100-Prozent-Pensum. Ich habe jetzt grosse finanzielle Probleme.»

«Hass, Enttäuschung und Wut»

Die Bernerin Jessica Wehrli ging mit Jörg Z. ebenfalls den Werbeflächendeal ein. «Er ist ein Charmeur, der dir das Blaue vom Himmel verspricht.» Die letzte Zahlung von Jörg Z. ging im April bei Wehrli ein. Psychisch sei das Ganze eine «Riesenbelastung», sagt Wehrli. Für Z. empfinde sie «Hass, Enttäuschung und Wut».

Die Frauen haben einen Verdacht, wie Z. an Geld gekommen sein könnte. «Es wird gesagt, dass er die Autos dank Rabatten günstig einkauft und deutlich teurer durch die Bank finanzieren lässt», sagt Wehrli. «Daraus entsteht für ihn pro Fahrzeug ein ordentlicher Gewinn. Der Werbeflächendeal ist nur ein Lockmittel für die Kunden.»

«Er sagte mir, er bescheisse die Bank und lege das Geld an»

Ein Erlebnis zu dieser mutmasslichen Gewinnspanne hatte auch die Aargauerin Monika S.** (49). Sie machte mit Jörg Z. ebenfalls einen Deal. In ihrem Leasingvertrag ist der Kaufpreis des Ford Edge mit 70'020 Franken beziffert. Sie erzählt: «Als ich auf dem Parkplatz des Autohändlers das Auto sah, war der Betrag 70'050 durchgestrichen – und es stand, er sei für 53'300 zu haben. Jörg Z. sagte mir dann, er bescheisse die Bank und lege das Geld an.»

Nur für einen Monat überweist Jörg Z. Monika S. die vereinbarten 691 Franken. Danach nichts mehr. Alle Frauen haben Anzeige gegen Jörg Z. erstattet. Auch die Bank, mit der die Leasingverträge abgeschlossen wurden, bestätigt den Fall. Man habe «Kenntnis einer Strafuntersuchung gegen eine externe Drittperson», sagt Bank-Now-Sprecher Bernhard Schmid.

Jörg Z. wurde von Blick mit allen Vorwürfen konfrontiert, seine Anwältin wollte diese nicht kommentieren. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung.

* Name geändert
** Name bekannt

So funktioniert Leasing – auf das muss der Kunde achten

Leasing ist ein beliebtes Modell für die Anschaffung eines Autos. Doch was bedeutet Leasing genau? Kurz: Das Auto gehört dem Halter nicht, er nutzt es bloss während der Leasingdauer, wie auf «autoscout24.ch» erklärt wird.

Und: «Am Ende der Überlassungszeit entscheidet sich der Leasingnehmer für den Kauf, oder das Auto geht wieder zurück an den Händler.»

Bei einem Kauf eines Neuwagens sind meist mehrere 10'000 Franken auf einen Schlag hinzublättern. Beim Leasing wird jedoch monatlich ein Betrag an die Bank oder die Leasinggesellschaft überwiesen. Diese bleibt während der gesamten Leasingdauer Besitzer des Autos, wie auf «leasingmarkt.ch» erklärt wird.

«Antragsteller ist verpflichtet, korrekte Angaben zu machen»

Worauf der Kunde besonders achten muss: Für die Angaben auf dem Leasingvertrag haftet derjenige, der den Vertrag unterschrieben hat.

Im mutmasslichen Abzockfall um Jörg Z.* (44) haben die Protagonistinnen, mit denen Blick sprach, alle einen Leasingvertrag bei der Bank-Now. Bernhard Schmid, Sprecher der Bank-Now, stellt aber klar: «Der Antragsteller ist dazu verpflichtet, korrekte Angaben zu machen und bestätigt mit seiner Unterschrift ausdrücklich, dass er die Richtigkeit der einzelnen Angaben überprüft hat.»

Hingegen sei der Antragsteller nicht verpflichtet, der Bank-Now Auskunft über private oder geschäftliche Beziehungen zu Drittparteien zu erteilen, die nicht Bestandteil der Kreditfähigkeitsprüfung oder Vertragspartei sind. Nicolas Lurati

* Name geändert

Leasing ist ein beliebtes Modell für die Anschaffung eines Autos. Doch was bedeutet Leasing genau? Kurz: Das Auto gehört dem Halter nicht, er nutzt es bloss während der Leasingdauer, wie auf «autoscout24.ch» erklärt wird.

Und: «Am Ende der Überlassungszeit entscheidet sich der Leasingnehmer für den Kauf, oder das Auto geht wieder zurück an den Händler.»

Bei einem Kauf eines Neuwagens sind meist mehrere 10'000 Franken auf einen Schlag hinzublättern. Beim Leasing wird jedoch monatlich ein Betrag an die Bank oder die Leasinggesellschaft überwiesen. Diese bleibt während der gesamten Leasingdauer Besitzer des Autos, wie auf «leasingmarkt.ch» erklärt wird.

«Antragsteller ist verpflichtet, korrekte Angaben zu machen»

Worauf der Kunde besonders achten muss: Für die Angaben auf dem Leasingvertrag haftet derjenige, der den Vertrag unterschrieben hat.

Im mutmasslichen Abzockfall um Jörg Z.* (44) haben die Protagonistinnen, mit denen Blick sprach, alle einen Leasingvertrag bei der Bank-Now. Bernhard Schmid, Sprecher der Bank-Now, stellt aber klar: «Der Antragsteller ist dazu verpflichtet, korrekte Angaben zu machen und bestätigt mit seiner Unterschrift ausdrücklich, dass er die Richtigkeit der einzelnen Angaben überprüft hat.»

Hingegen sei der Antragsteller nicht verpflichtet, der Bank-Now Auskunft über private oder geschäftliche Beziehungen zu Drittparteien zu erteilen, die nicht Bestandteil der Kreditfähigkeitsprüfung oder Vertragspartei sind. Nicolas Lurati

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