So protzte der Fake-Prinz auf Instagram
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Ferrari, Bentley, Rolex:So protzte der Fake-Prinz auf Instagram

Falscher Saudi-Prinz knöpft Zuger Geschäftsmann 5 Mio Fr ab
Er flog auf, weil er Prosciutto bestellte

Ein Zuger Geschäftsmann investierte 5 Millionen US-Dollar in die Firma eines falschen Saudi-Prinzen. Dieser hatte jahrzehntelang ein spektakuläres Leben in Saus und Braus auf Kosten anderer geführt – und muss jetzt 18 Jahre in den Knast.
Publiziert: 10.07.2019 um 00:07 Uhr
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Aktualisiert: 24.01.2024 um 00:05 Uhr
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So sah der falsche Prinz, mit bürgerlichem Namen Anthony Enrique Gignac, 1991 und 1995 aus. Damals startete er seine Gefängnis-Karriere. Bilder von heute gibt es nicht.
Foto: Miami-Dade Police Department
Konrad Staehelin
Konrad StaehelinWirtschafts-Redaktor

Die Aussicht auf den grossen Gewinn war zu verlockend: Erstzeichnungs-Möglichkeiten beim Börsengang des saudischen Erdöl-Giganten Aramco wurden ihm versprochen, eine bombensichere Anlage.

Also schob Jean Hürlimann* (60) aus Walchwil ZG fleissig Geld nach. Bis er umgerechnet fast fünf Millionen Franken an «His Royal Highness Sultan Bin Khalid Al-Saud» (49) und dessen Firma überwiesen hat. Hürlimann hatte sie sich unter anderem in der Teppichetage eines Tabak-Multis erarbeitet. Zwar posierte er auch schon in der «Bilanz». Weil er in der Schweiz der breiten Öffentlichkeit nicht bekannt ist, verzichtet BLICK darauf, ihn mit richtigem Namen zu nennen.

Die fünf Millionen waren fast das ganze Vermögen der Familie Hürlimann, die Altersvorsorge. Und diese legte er fast ganz in die Hände des Zauberprinzen. Von Diversifizieren keine Spur. Alles auf eine Karte: Aramco, Saudi-Prinz Bin Khalid. Jetzt ist alles futsch.

«Meine Frau ist immer noch wütend»

«Als ich im Januar 2018 per Zufall einen Artikel über einen falschen Saudi-Prinzen las, waren meine Frau und ich absolut am Boden zerstört», schreibt Hürlimann am 22. April 2019 an eine Richterin in Miami (USA). Dort steht der falsche Prinz vor Gericht. Mit bürgerlichem Namen heisst er Anthony Gignac. Ende Mai wird er zu 18 Jahren verurteilt.

Weiter steht im Brief, der BLICK vorliegt: «Meine Frau ist immer noch wütend auf mich, weil ich einen grossen Teil unseres Vermögens verschleudert habe, was die Stimmung in der Familie auf beträchtliche Weise abgekühlt hat.» 

Das Märchen des falschen Prinzen ist ein Albtraum für seine Opfer. Aber beste Unterhaltung für Unbeteiligte. Der Fake-Prinz selbst wiederum führte wohl ein besseres Leben als jenes, dem er als kleines Kind ins Auge sah. Als José Enrique Moreno lebte er mit seinem kleinen Bruder in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá auf der Strasse – ohne Eltern.

Latino, Araber? 

«Die meisten Kinder gehen mit fünf Jahren in den Kindergarten, schlafen nachts nach einer guten Mahlzeit in warmen Betten», führt sein Anwalt vor Gericht aus. «Er dagegen suchte in den Strassen nach Essbarem, wenn nötig stahl er, und er suchte nach einem trockenen, sicheren Platz für seinen dreijährigen Bruder und sich.» Der Angeklagte selbst sagt sogar, er hätte sich fürs Überleben prostituiert. Die schwere Kindheit soll erklären, warum es für ihn danach nie genug sein konnte.

Als José Enrique Moreno sieben ist, adoptiert ein Paar aus dem US-Bundesstaat Michigan ihn und seinen Bruder. Jetzt heisst er Anthony Enrique Gignac. Er lernt schnell Englisch, ist gut in der Schule, beginnt gegenüber Mitschülern zu schwindeln. Seine Mutter sei superreich, sein Vater Schauspieler. In der sechsten Klasse gaukelt er einem Autohändler vor, ein saudischer Prinz zu sein, und lässt sich für eine Testfahrt im Mercedes herumkutschieren und diesen zum Kauf herrichten. Seine neue Adoptivmutter muss sich erklären.

Doch die Saudi-Masche funktioniert noch jahrzehntelang, mal besser, mal weniger. Latino-Look, Araber? Die Ami-Augen sehen den Unterschied nicht.

Im Jahr 1991 ist Gignac 21, verprasst unter dem Fantasie-Namen Khalid Bin Al-Saud Tausende US-Dollar, die er nicht besitzt, in Luxushotels und für Limousinen. Es folgen zahlreiche weitere Gefängnisaufenthalte. Die Gründe gleichen sich.

Ran an den Honigtopf

Einmal gelingt Gignac das Kunststück, einen fremden Anwalt per Telefon aus dem Gefängnis heraus zu überzeugen, dass er der Prinz sei und dass dieser die Kaution über 46'000 Franken bezahlen solle.

«Um diese Rolle so lange so gut zu spielen, musste er die Lüge selbst glauben», zitiert die US-Zeitschrift «Vanity Fair» einen Bekannten. «Er glaubt, dass er Khalid ist, der Prinz von Saudi-Arabien.» Gutachter haben bei Gignac eine kombinierte Persönlichkeitsstörung diagnostiziert.

Als er 2013 nach einem weiteren Gefängnis-Aufenthalt freikommt, legt er noch eine Schippe drauf: Über einen Strohmann in London gründet er eine Investmentfirma für Superreiche.

Das vollmundige Versprechen: hohe Gewinne, unter anderem dank der Möglichkeit, an den saudischen Aramco-Honigtopf zu gelangen. 26 Investoren zieht Gignac an Land, die total acht Millionen Franken investieren. Fünf Millionen davon kommen aus Walchwil. BLICK hätte gerne mit Hürlimann über weitere Details gesprochen. Er hat jedoch auf mehrere Kontaktversuche nicht reagiert.

Muslimische Prinzen essen keinen Prosciutto

Anthony Gignac zeigte dagegen, was er hatte: Auf Instagram stellt er unter dem Namen princedubai_07 seine Luxusauto-Sammlung, seine Yacht und seine Chihuahua-Dame Foxy zur Schau. Sehr oft hält er seine teuren Uhren in die Linse. Eine davon hat Jean Hürlimann ihm als Zeichen seiner Wertschätzung schenken müssen. Zu einem Foto der saudischen Königsfamilie schreibt Gignac «Family».

Kann einer, der so offen kommuniziert, wirklich ein Betrüger sein? Ein Fachmann für Wirtschaftskriminalität sagt zu «Vanity Fair»: «Es war ein komplexes und sehr professionelles Verbrechen, auf das die meisten Menschen hereingefallen wären – auch die meisten Geschäftsleute.» Gignac, ein Wahnsinns-Genie!

Doch auch die Besten begehen Fehler, das kennt man aus jedem «Columbo»-Fall: Bei Gignac war es jener, dass er bei einem Essen im Nobel-Skiort Aspen mit der milliardenschweren Soffer-Familie, die er gerade über den Tisch ziehen will, zur Vorspeise Prosciutto bestellt. Doch echte muslimische Prinzen essen kein Schweinefleisch.

Die Entourage von Jeffrey Soffer (51), Ex-Ehemann des Supermodels Elle Macpherson (55), wird misstrauisch und forscht nach. Am 19. November 2017 wird Gignac nach einem Trip nach Paris, Hongkong, London und Dubai am New Yorker Flughafen JFK verhaftet. Als die Handschellen klicken, schreit er: «Ich bin ein Diplomat mit Diplomatenstatus!»

* Name geändert

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