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Kreislaufwirtschaft
Ausstellung zeigt historische Wiederverwendung

Früher war für alle Dinge ein zweites, drittes oder gar unendliches Leben vorgesehen. Historikerin Daniela Schwab erklärt, weshalb dies aus anderen Gründen als heute geschah.
Publiziert: 14.11.2024 um 20:54 Uhr
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Im Interview: Daniela Schwab, Historikerin und Co-Kuratorin der Ausstellung «Das zweite Leben der Dinge».
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Auf einen Blick

  • Kreislaufwirtschaft ist keine neue Erfindung, Menschen haben schon immer wiederverwendet
  • Alte Kleider wurden weitergegeben und zuletzt als Lumpen oder Toilettenpapier genutzt
  • Ausstellung zeigt Objekte aus 3800 v. Chr. bis zum 19. Jahrhundert
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

Frau Schwab, in der Ausstellung über Kreislaufwirtschaft, die Sie mitkuratiert haben, sind viele sehr alte Stücke aus früheren Jahrhunderten ausgestellt. Wie passt das zusammen?
Daniela Schwab:
Kreislaufwirtschaft ist keine Erfindung unserer Zeit. Die Menschen haben immer Dinge wiederverwendet. Wenn auch aus anderen Gründen als heute.

Welchen?
Oft aus Knappheit und Mangel. Die Menschen verwendeten Dinge und Materialien wieder, weil es früher viel teurer war, Dinge wie beispielsweise Stoffe neu herzustellen. Man nutzte Textilien, bis sie auseinanderfielen oder stellte neue Kleider daraus her.

Können Sie dafür ein Beispiel geben?
Wir haben in der Ausstellung eine Herrenweste, die eindeutig aus einem früheren Damenkleid geschneidert wurde. Das wissen wir, weil Männer um 1800 nicht solche Muster trugen. Damit sparte man Zeit und Geld. Der hintere Teil der Weste, den man unter der Jacke nicht sieht, ist aus einem einfacheren Stoff hergestellt. Ein anderes Ausstellungsstück ist eine Tagesdecke aus kleineren Stoffresten.

Kleider galten als wertvoller als heute?
Ja, weil sie von Hand angefertigt wurden. Alte Kleider wurden von den Hausherren an die Angestellten weitergegeben und zuletzt als Lumpen oder Toilettenpapier genutzt. Erst die industrielle Revolution minderte den Wert der Textilien.

Also gab es in früheren Zeiten gar keinen Abfall?
Doch, aber er war nicht so umweltschädlich wie etwa der Mikroplastik von heute. Bereits im antiken Rom gab es Abfallberge. Früher bestand der Abfall aus Glas oder Metall. In der Ausstellung zeigen wir zerbrochene Keramikgefässe, Ofenkacheln und Gläser aus dem Burggraben des Schlosses Hallwyl im Kanton Aargau. Die Bewohner des Schlosses hatten sie zwischen dem 14. und 19. Jahrhundert dort entsorgt.

Man warf aber nicht nur weg, sondern reparierte auch?
Ja, es gab in früheren Zeiten viele auch gut bezahlte Berufe, die sich auf das Flicken und Reparieren von Gegenständen spezialisiert hatten. Wir haben in der Ausstellung eine Gürtelschliesse aus dem Tessin, die mit einem Blechstück geflickt worden war. Oder eine Tonschale aus dem Jahr 3800 v. Chr., die mit Birkenpech geleimt worden ist.

In der Kreislaufwirtschaft sprechen wir von den drei «R»: Repair (Reparieren), Re-Use (Wiederverwenden) und Recycle (Rezyklieren). Ist das alles schon mal dagewesen?
Das Wiederverwenden und Umnutzen stand früher hoch im Kurs. Dies sehen wir schön an einem Rasiermesser aus der Bronzezeit, das früher einmal ein Frauenarmband war. Oder an einem Angelhaken, der einmal als Gewandnadel diente. Schon bei den alten Römern war es möglich, Glas zu rezyklieren und neues Glas daraus herzustellen. Es war in früheren Zeiten auch normal, dass man sich beim Bauen von neuen Gebäuden am alten nicht mehr gebrauchten Baumaterial bediente.

Was ist der Hauptgrund, gerade jetzt eine Ausstellung über Kreislaufwirtschaft zu machen?
Ein Grund ist sicher, dass das Thema Nachhaltigkeit in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen hat.

Was können wir vom Umgang mit Materialien in vergangenen Zeiten für heute lernen?
Dass es sinnvoll ist, sich schon bei der Entwicklung und der Herstellung von Produkten Gedanken zu machen, wie sie in die Kreislaufwirtschaft geholt werden können. Das ist bei gemischten Materialien wie etwa bei vielen Kleidern recht schwierig. Im Laufe der Zeit hat sich der Wert der Dinge immer wieder verändert. Während des Zweiten Weltkrieges hat die Schweiz die Bevölkerung dazu aufgerufen, Abfälle und Altstoffe zu sammeln, um neue Rohstoffquellen zu erschliessen.

Was möchten Sie den Besucherinnen und Besuchern dieser Ausstellung mitgeben?
Wir versuchen für die Thematik zu sensibilisieren. Vielleicht halten die Besucherinnen und Besucher das nächsten Mal inne, bevor sie etwas wegwerfen wollen, und überlegen sich, ob sie dem Gegenstand ein neues Leben geben könnten.

Die Ausstellung «Das zweite Leben der Dinge» wird ab 7. Dezember 2024 bis 27. April 2025 im Forum Schweizer Geschichte in Schwyz gezeigt. 

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