Yasmina Mark (20)
Ich habe früher immer gedacht, Politik interessiere mich nicht, bis ich verstanden habe, dass sie mich sehr stark betrifft. Alles, was bei mir im Alltag passiert, hat auch eine politische Ebene. Inzwischen würde ich mich schon als sehr links bezeichnen. Meine Eltern finden zum Beispiel, ich sei in vielen Debatten zu extrem.
Gesehen fühle ich mich unter Leuten, die politisch gleichgesinnt sind. Vieles, für das ich mich politisch einsetzte, geht mir sehr nahe. Es sind emotionale Themen. Es ist deshalb angenehm, wenn ich mich nicht dauernd rechtfertigen muss.
Mehr zum Geschlechtergraben
Mit rechten Menschen, insbesondere Männern, habe ich nur unfreiwillig zu tun. Ich finde es ehrlich gesagt schwierig, mit ihnen Kontakt zu haben, denn Politik kommt dann schnell auf. Solche Gespräche empfinde ich immer als sehr kräftezehrend.
Mit einem rechten Mann befreundet oder in einer Beziehung zu sein, könnte ich, glaube ich, nicht. Junge rechte Männer sind nicht nur einfach anderer Meinung, sondern sie positionieren sich damit auch gegen mich und mein Leben.
Dass sich ein Geschlechtergraben in der Politik auftut, ist recht naheliegend. Wenn du ein weisser Cis-Mann bist, kannst du mit ganz vielen Privilegien durch diese Welt gehen. Bevor du das realisierst, bist du aber erst einmal wie blind und gar nicht auf diese Themen sensibilisiert. Jemand, der mit Diskriminierung zu kämpfen hat, muss sich automatisch mit dem Problem auseinandersetzen und wählt deshalb eher links.
Wenn wiederum viele links wählen, löst das bei denen, die eben diese Privilegien haben, ein Unbehagen aus. Viele gehen direkt in eine defensive Haltung und stellen sich aus Prinzip quer. Von den Rechten, aber auch generell wünsche ich mir, dass man nicht fragt, «wie profitiere ich am meisten?», sondern «wie profitieren möglichst viele Menschen?».
Yasmina Mark ist eine linke Aktivistin und setzt sich für queere, feministische Themen und gegen Rassismus ein. Für ihr Engagement hat sie 2023 den Young Women in Public Affairs Award erhalten.
Sofia Hurtado (20)
Ich komme ursprünglich aus Kolumbien und habe dort die Hälfte meines Lebens verbracht. Als ich in die Schweiz kam, habe ich schnell gemerkt, wie ich als Frau und auch Ausländerin anders behandelt wurde. Da ich mitbekam, dass es auch anderen Menschen so geht, wollte ich dagegen ankämpfen und bin direkt der Juso beigetreten.
Mit rechten Männern umzugehen, war nie einfach, es fiel mir jedoch mit der Zeit nicht mehr so schwer, besonders in der Politik. Auch wenn es ab und zu schwierig ist, müssen wir auf einer politischen Ebene miteinander arbeiten können. Bei Debatten versuche ich manchmal, auch ihre Perspektive zu verstehen, weil ich denke, dass es wichtig ist, einander zuzuhören. Viele rechte Politiker nehmen aber viel Platz ein und respektieren weder Grenzen noch andere Meinungen. Da hört mein Verständnis dann auf.
Dass Frauen stärker auf soziale Probleme sensibilisiert sind als Männer, sieht man besonders auf Social Media. Frauen sind eher von alltäglichen Problemen wie zum Beispiel Catcalling betroffen. Oft lautet die Reaktion von Männern dann: «Aber niemand spricht über die Probleme von Männern.» Das ist unter anderem eine Gegenreaktion auf die Emanzipation der Frau. Ich finde es enttäuschend, dass wir Frauen einmal mehr für uns selbst kämpfen müssen und uns nicht auf die Unterstützung von Männern verlassen können.
Sofia Hurtado ist Mitglied der SP und Vizepräsidentin der Juso Aargau. 2023 kandidierte sie für die Nationalratswahlen auf der Liste «SP F&J – Familie und Jugend».