Eine Krebserkrankung, keine passende Partnerschaft oder einfach die Unsicherheit darüber, ob man überhaupt Kinder haben will: Die Gründe dafür, weshalb eine Frau ihre Eizellen einfrieren lässt, sind vielfältig.
Gesetzlich erlaubt ist dies in der Schweiz seit 2012. In ihrer Klinik habe anfangs im Schnitt eine Frau pro Monat ihre Eizellen auf Eis legen lassen, sagt Brigitte Leeners (58). Direktorin der Klinik für Reproduktions-Endokrinologie des Universitätsspital Zürich. «Innert kurzer Zeit stieg die Zahl auf eine Behandlung pro Woche und aktuell sind es weit über 100 pro Jahr.»
Lagerfrist läuft ab
Die Tendenz ist also stark steigend. Seit 2014 gilt, dass die eingefrorenen Eizellen während zehn Jahren gelagert werden dürfen – so will es das Gesetz. Das bedeutet also, dass in diesem Jahr Eizellen vernichtet werden müssten, die damals eingefroren und nicht genutzt worden sind.
Der Ablauf dieser Frist beunruhigt GLP-Nationalrätin Katja Christ (51). Ginge es nach ihr, sollte es möglich sein, die eingefrorenen Eizellen länger zu lagern. Denn derzeit ist politisch einiges in Bewegung: Eine Überarbeitung des sogenannten Fortpflanzungsmedizingesetzes, in dem auch das Einfrieren der Eizellen geregelt ist, wird derzeit geprüft – erste Ergebnisse hätten bereits 2023 vorliegen sollen.
Nicht genutzte Eizellen für Spende
Hinzu kommt, dass das Parlament 2022 der Legalisierung der Eizellenspende zugestimmt hat. Dagegen waren damals aufgrund ethischer Bedenken SVP und Teile der Mitte-Fraktion. Der Bundesrat ist deshalb gefordert: Er muss eine gesetzliche Grundlage schaffen. Und die Rahmenbedingungen festlegen, um Ehepaaren, bei denen der Unfruchtbarkeitsgrund bei der Frau liegt, die Eizellenspende zu ermöglichen.
Deshalb will Katja Christ eine Übergangsfrist. «Zumindest, bis die gesetzliche Regelung klar ist.» Aus diesem Grund hat sie in der aktuellen Sondersession eine Interpellation zum Thema eingereicht. Darin schreibt sie: «Es wäre ethisch fragwürdig und in individuellen Fällen dramatisch, wenn Eizellen an der Grenze dieser Frist vernichtet würden, wenn kurz darauf eine Verlängerung der Frist beschlossen würde.» Unter anderem soll der Bundesrat deshalb beantworten, wie er zu einer provisorischen Verlängerung der Zehn-Jahresfrist steht.
Dringend erforderlich wäre laut Reproduktionsmedizinerin Brigitte Leeners eine Möglichkeit zur Verlängerung der Frist für Frauen, die wegen drohender vorzeitiger Wechseljahre Eizellen haben einfrieren lassen. «Für diese Frauen sind die eingefrorenen Eizellen die einzige Möglichkeit zu einem genetisch eigenen Kind.» Vorzeitige Wechseljahre setzen bei einigen Frauen schon in den frühen Zwanzigern ein. Deshalb sagt Leeners: «Diese Frauen werden durch die derzeitige Zehn-Jahresfrist gezwungen, ihren kompletten Kinderwunsch in einem Alter zu realisieren, in dem oftmals weder die persönlichen noch sonstigen Rahmenbedingungen für die Familiengründung passen.»
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Katja Christ findet eine Übergangsfrist auch im Hinblick auf die Legalisierung der Eizellenspende sinnvoll. Sie sagt: «Bereits jetzt ist klar, dass eines der Hauptprobleme die Rekrutierung von Spenderinnen sein wird.» Eingefrorene Eizellen könnten also gespendet, anstatt vernichtet werden. «Klar ist, dass eine bereits eingefrorene Eizelle wertvolles biologisches Material ist und eine Vernichtung zu stossenden Situationen in naher Zukunft führen könnte», so Christ.
Spende anstatt Kinderwunschbehandlung
Weil vor zehn Jahren nur vereinzelt Patientinnen ihre Eizellen auf Eis legen liessen, kommen derzeit erst wenige Patientinnen ans Ende der erlaubten Frist, sagt Reproduktionsmedizinerin Brigitte Leeners. «Die Frage, was mit den eingefrorenen Eizellen nach Ablauf der Frist passieren soll, stellt sich aber durchaus.»
Zwar glaubt Leeners, dass nur ein kleiner Teil der Frauen ihre eingefrorenen Eizellen spenden würde. Und sie betont, dass Schwangerschaften ab dem 46. Lebensjahr mit deutlich erhöhten Risiken für Mutter und Kind behaftet seien. «Dies müsste bei der Familienplanung und auch den gesetzlichen Rahmenbedingungen unbedingt berücksichtigt werden.» Trotzdem wünscht die Reproduktionsmedizinerin sich, dass Frauen in Zukunft darüber entscheiden können, ob sie ihre eingefrorenen Eizellen spenden wollen. Denn: «Das würde anderen Frauen die Kinderwunschbehandlung ersparen.»
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