«Es ist sehr viel Handarbeit»
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Zürcher Trachtenschneiderin:«Es ist sehr viel Handarbeit»

Trachtenschneiderin gibt Einblick
So lange näht Yvonne Kaufmann an einer Tracht

Den Anblick von Trachten ist man sich im Kanton Zürich nicht gewohnt. Aber es gibt sie, fast 60 verschiedene. Yvonne Kaufmann (52) ist Trachtenschneiderin. Ein Kunsthandwerk, das von einer Näherin zur nächsten weitergegeben wird.
Publiziert: 29.06.2024 um 01:17 Uhr
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Trachtenschneiderin Yvonne Kaufmann zeigt ihr Kunsthandwerk.
Foto: Siggi Bucher
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Katja RichardRedaktorin Gesellschaft

Für einmal wird Yvonne Kaufmann (52) nicht auffallen, wenn sie in der Stadt Zürich mit ihrer Tracht unterwegs ist: Erstmals seit 1974 ist der Kanton wieder Gastgeber für das Eidgenössische Trachtenfest, das nur alle zwölf Jahre stattfindet. Über 700 Trachten gibt es in der ganzen Schweiz – fast alle werden in der Limmatstadt zu sehen sein. 

In ihrer selbstgenähten Zürcher Werktagstracht: Yvonne Kaufmann.
Foto: Siggi Bucher

Kaufmann ist Trachtenschneiderin aus Rickenbach ZH, sie ist auf das Schneidern von Zürcher Trachten spezialisiert. «Ich würde nie eine Berner Tracht nähen», sagt sie. «Da gibt es klare Regeln und Grenzen.» Als Rickenbacherin ist sie für die Trachten in der Region Weinland und Winterthur zuständig, ihr Nähatelier hat sie in Islikon TG. Dort gibt sie uns einen Einblick, wie eine Zürcher Werktagstracht genäht wird und worauf es dabei ankommt. Jeder Nadelstich muss sitzen, Farbe, Schnitt und Stoff sind genau vorgegeben. Lauter Details, die von der Trachtenkommission streng reglementiert werden: sogar der Unterrock und die knielange Unterhose. «Das ist beim Tanzen wichtig, weil sich dabei der Rock lupft», sagt sie. Allerdings: «Unter so vielen Schichten Stoff kann es auch sehr warm werden!»

Ein wertvolles Wissen

Aufwendige Stickereien: Die Trauben für die Festtagstracht.
Foto: Siggi Bucher

An ihrer eigenen Tracht hat Kaufmann 70 Stunden genäht, bestellt man eine bei ihr, kostet das Gewand um die 4500 Franken, die Sonntagstracht etwa 6000. «Dort kommt noch die Jacke dazu und die Haube», erklärt sie. «Das macht mehr Arbeit. Und die Materialien sind teurer.» So ist die Schoss aus Seidendamast, der Rock und die Jacke aus einem Wollgemisch. «Früher war das gewöhnliche, reine Wolle. Aber wenn man so viel Aufwand betreibt, lohnt sich die Investition in hochwertige Materialien.» Mit Aufwand meint die Schneiderin die viele Handarbeit, drei viertel wird von Hand genäht. Am aufwendigsten sind die Stickereien – bei der Festtagstracht sind es Trauben und Weinblätter in ihrer Region. In anderen Regionen vom Kanton Zürich findet man andere Stickereien.

Im Atelier der Trachtenschneiderin Yvonne Kaufmann.
Foto: Siggi Bucher

Wie dieses Muster auszusehen hat, die genauen Farben der Fäden – ein wertvolles Wissen. Das wurde Kaufmann nicht etwa in die Wiege gelegt. «Ich habe immer davon geträumt, Schneiderin zu werden», erzählt sie. Als junges Mädchen nähte sie Ballkleider für ihre Barbie-Puppen. Aus Vernunftsgründen lernte sie Pharma-Assistentin, sie heiratete und bekam zwei Kinder. Dann packte sie wieder das Nähfieber. Es begann mit einem Hobbykurs, bis sie sich für eine vierjährige Diplomausbildung als Modedesignerin entschied. «So konnte ich das Metier von Grund auf lernen.» Seit 8 Jahren führt sie ihr eigenes Atelier. 

Jodel und Tracht

Aber wie ist sie auf Trachten gekommen? «Mein Mann jodelt, und so bin ich zum Trachtenverein Weinland gestossen», erinnert sie sich. «Dort suchte man eine Nachfolgerin für die Trachtenschneiderin, die in Pension gehen wollte.» Das Kunsthandwerk ist eine Tradition, die noch immer von Hand zu Hand weitergegeben wird, also von einer Generation zur nächsten. Dazu gibt es auch ein Diplom, Kaufmann hat ein Zertifikat als «Trachtenschneiderin von Werktags- und Sonntagstrachten im Kanton Zürich». 

Das zarte Fichu am Kragen wir sorgfältig mit einer Brosche fixiert.
Foto: Siggi Bucher

Das Einzige, das sie an ihrer Werktagstracht nicht selber gemacht hat, ist das Fichu. Es wird je nach Region gestrickt oder filochiert - Techniken, die von einer anderen Spezialistin ausgeführt werden. Das zarte Teil aus weissem Garn wird am Kragen der Werktagstracht mit einer Brosche befestigt. «Früher hat man sich das umgelegt, wenn man ins Dorf ging, damit man besser angezogen war», erklärt Kaufmann. Das Spitzentuch ist so fragil, dass sie es vor dem Anziehen mit Stärkungsmittel fixiert.

Hoffnung für das traditionelle Handwerk

Auch wenn eine Tracht eine finanzielle Investition ist – sie hält über Generationen. Viele Kundinnen kommen mit dem Gewand ihrer Mutter oder Grossmutter zu Kaufmann ins Atelier, um es anzupassen. Das gelingt allerdings nicht immer: Die Generationen vor uns waren im Oberkörper kleiner. «Einen Rock kann man verlängern, wenn der Saum breit genug ist», so die Schneiderin. «Das Mieder oder Rockoberteil lässt sich aber nicht immer länger machen.» Viel Nachfrage hat Kaufmann von Frauen und Männern, die in Trachtenchören singen oder tanzen. Sie hofft, dass das Eidgenössische im urbanen Zürich auch junge und moderne Menschen gluschtig auf dieses traditionelle Handwerk macht. «Damit ich mein Wissen auch wieder weitergeben kann.»

Das Eidgenössische Trachtenfest findet vom 28. bis 30. Juni in Zürich statt.

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