Es ist ein grosses Rätsel: Wieso erinnert man sich an eine Peinlichkeit, die einem vor zehn Jahren passiert ist, aber nicht an ein Gespräch, das man vor zehn Tagen geführt hat? Der Grund dafür ist natürlich das Gehirn, welches die Informationen sortiert. Einige davon werden in Erinnerungen umgewandelt, andere werden gelöscht.
Eine neue Studie, die in der Zeitschrift «Science» veröffentlicht wurde, zeigt nun auf, wie diese Sortierung genau funktioniert.
Den ganzen Tag über erleben wir Dinge. Unsere Neuronen kommen in Bewegung und bilden «hohe Wellen». Diese haben eine Aufgabe: Sie markieren die Informationen, die wichtig sind, damit diese von anderen unterschieden werden. Dies ist eine Art «Vorsortierung», die der Grosshirnrinde ihre Arbeit erleichtert, welche die Informationen vor allem abends und nachts verarbeitet.
Wenn man zum Beispiel eine Route zum ersten Mal befährt, werden die Neuronen unruhig, damit wir uns diese merken können. «Es ist wie ein Feuerwerk im Kopf», erklärt Wannan Yang, eine der Autorinnen der Studie, gegenüber dem Fachmedium «Quanta Magazine».
Die zwei Modi des Gehirns
Dieses Feuerwerk findet jedoch nicht im Moment statt, in dem wir etwas erleben, sondern erst, wenn wir nach dem Erlebten zur Ruhe kommen. Forscher haben beobachtet, dass die hohen Wellenbewegungen bei Mäusen erst ausgelöst wurden, nachdem diese durch ein Labyrinth gelaufen waren. In der Nacht spielte das Gehirn diese hohen Wellenmuster dann immer wieder ab: Am nächsten Tag hatten sich die Mäuse den Weg durch das Labyrinth gemerkt.
Das Gehirn hat also zwei Modi: Einen aktiven, bei dem Erinnerungen geschaffen werden und einen passiven, bei dem diese Erinnerungen sortiert und gespeichert werden.
Wenn man die ganze Zeit schläft, können keine Erinnerungen geschaffen werden. Wenn man jedoch die ganze Zeit wach ist auch nicht. «Das Wichtigste ist also Abwechslung», erklärt György Buzsáki, Professor für Medizin an der New York University und Leiter der Studie. «Man muss Unterbrechungen haben.»
Pausen für die Erinnerung
In der Nacht bearbeitet das Hirn die Erfahrungen des Tages und sortiert diejenigen aus, die bereits von den Neuronen markiert wurden. Um sich diese besser zu merken, werden sie zusammen mit anderen Informationen im Hippocampus des Gehirns gespeichert.
Peinliche Momente, die einem in Erinnerung bleiben, sind also wahrscheinlich mit anderen unangenehmen Momenten verknüpft und können so besser gespeichert werden.
Buzsákis Experiment zeigt jedoch: Man kann nicht immer arbeiten. Das Gehirn und das Gedächtnis können nur dann ihre volle Leistung erbringen, wenn ihnen auch einmal eine Pause gegönnt wird. Mittagsschlaf, Spaziergänge im Park oder Kaffeepausen sind daher gut für das Gedächtnis.