Es ist ein Fund von nachhaltiger Bedeutung: Oberhalb des bündnerischen Dorfes Surava GR in der Flur Colm la Runga wurden Überreste eines frührömischen Militärlagers entdeckt. Das Lager ist 65 mal 70 Meter gross und rundherum befestigt mit einem Wallgrabensystem. «Das Spezielle daran ist, dass es auf über 2200 Metern Höhe liegt», sagt Hannes Flück (49), Co-Projektleiter des archäologischen Forschungsprojekts Cvmbat. Es zählt damit zu den höchstgelegenen römischen Militärlagern in Europa.
Seit mehreren Jahren laufen im bündnerischen Oberhalbstein archäologische Forschungen zu einem römischen Gefechtsfeld zwischen Savognin und Tiefencastel. Die nun publik gemachte Entdeckung des römischen Militärlagers ist bedeutend, weil die Wissenschaft nun den Vormarsch römischer Truppen über eine Distanz von 70 Kilometern nachverfolgen kann.
Die Truppen starteten von Bergell aus. «Die Römer waren auf dem Septimerpass in einem ersten Lager, das wir schon seit 20 Jahren kennen.» Danach seien sie weitergezogen nach Burvagn, wo eine Schlacht stattgefunden habe. Diese Stelle habe das Forschungsteam in den letzten drei Jahren untersucht und sei bis in die Gegend von Tiefencastel vorgedrungen und weiter Richtung Chur und Alpenrheintal.
Begehrte Schleuderbleie gefunden
Das Militärlager ermöglichte den alten Römern durch seine strategische Lage eine ideale Kontrolle der umliegenden Täler und Pässe. Doch was fanden die Archäologen nebst Mauern und Steinen? Waffen und Ausrüstungsteile römischer Soldaten, darunter Schleuderbleie. «Das sind daumengrosse Bleigeschosse, die es fast nirgends in der Schweiz gibt», so Flück. «Diese Schleuderbleie sind mit Namen von drei Legionen gestempelt, der dritten, der zehnten und der zwölften.»
Die römische Munition ist begehrt. Auch bei Plünderern, die illegal mit Metalldetektoren danach suchen: Auf ihren Listen an Gegenständen, die sie finden wollen, stünden Schleuderbleie weit oben. «Darum haben wir den Fund des Lagers nun ein Jahr geheim gehalten – zum Schutz der Fundstelle», sagt Flück.
Das archäologische Forschungsteam hat gar nicht damit gerechnet, auf einer Höhe von über 2000 Meter noch ein Militärlager zu finden. Zu verdanken ist die Entdeckung mitunter einer Weiterentwicklung des hochauflösenden digitalen Geländemodells von Swisstopo. «Letzten Sommer gab es eine neue Version und auf einmal konnte man Strukturen auf dieser Höhe bis zu 50 Zentimeter genau erkennen», erklärt Flück. Ein ehrenamtliches Mitglied des Forschungsteams hatte anschliessend die auffällige Geländestruktur in der Flur Colm la Runga entdeckt.