Frau Brandstätter-Morawietz, warum fürchten sich viele vor dem Scheitern?
Veronika Brandstätter-Morawietz: Unsere Ziele, Projekte und Vorhaben formen unsere Identität. Wenn wir scheitern, erleben wir ein psychisches Erdbeben. Unsere Identität wird erschüttert. Und wir gelten als Verlierer.
Man wird als Versager gebrandmarkt.
Genau. In westlich geprägten Industrieländern herrscht eine individualistische Kultur vor. Es gibt das Sprichwort: Man ist seines Glückes Schmied. Wenn etwas nicht funktioniert, wird der Misserfolg schnell auf die Person bezogen.
Wie meinen Sie das?
Gerade in der Schweiz sind Werte wie Leistungsorientierung, Ehrgeiz und Gewissenhaftigkeit stark verankert. In unserem Land haben wir viele Möglichkeiten, viele Bildungschancen. Wer in diesem System scheitert, ist in den Augen der Gesellschaft selbst schuld und hätte die Chancen besser nutzen sollen.
Also vertuschen viele ihre Misserfolge?
Ja, man schämt sich. Wer will schon hinstehen und sagen: «Ich bin die Person, die es nicht geschafft hat?»
Veronika Brandstätter-Morawietz (61) ist Professorin und Motivationsforscherin am Psychologischen Institut der Universität Zürich. Dort forscht sie zur Frage, wie man Ziele realisiert oder sich davon wieder loslöst. Sie wohnt im Zürcher Oberland und hat zwei erwachsene Kinder.
Veronika Brandstätter-Morawietz (61) ist Professorin und Motivationsforscherin am Psychologischen Institut der Universität Zürich. Dort forscht sie zur Frage, wie man Ziele realisiert oder sich davon wieder loslöst. Sie wohnt im Zürcher Oberland und hat zwei erwachsene Kinder.
Es gibt Initiativen wie die «FuckUp Night», wo Menschen über ihr Scheitern berichten. Beobachten Sie in der Schweiz ein Umdenken?
Ich finde, das ist kein Zeichen für ein Umdenken. Die Menschen, die dort typischerweise auftreten, wurden in gewisser Weise sicher aus der Bahn geworfen. Aber letztlich erzählen sie eine Erfolgsgeschichte. Es hat etwas Heldenhaftes, darüber zu berichten, wie man sich aus einer Niederlage herausgekämpft hat.
Das ist doch positiv.
Absolut, das kann Mut machen, und es zeigt, dass das Leben nach einer Niederlage weitergeht. Aber das Scheitern per se wird nicht in einem positiveren Licht dargestellt.
Ist das positive Lesen des Scheiterns letztlich einfach ein Schönreden?
Ein Schönreden ist es nur dann, wenn keine produktive Art und Weise entsteht, wie man mit dem Scheitern umgeht. Wenn jemand zum Beispiel Misserfolge immer anderen zuschreibt, schützt diese Person ihr Selbstbild. Sie lernt aber nichts dazu.
Wie geht man am besten damit um, wenn man scheitert?
Es ist normal, eine gewisse Frustration, Beschämung oder Traurigkeit zu erleben. Aber nach dieser Trauerphase ist es wichtig, sich wieder beruhigen zu können. Seine Emotionen zu regulieren und nicht in negative Gedankenspiralen zu verfallen. Menschen, denen das gelingt, können sich weiterentwickeln und das Scheitern in ihr Selbstbild integrieren.
Das klingt einfacher, als es ist.
Natürlich ist das ein schwieriger Prozess, wenn man einen harten Rückschlag erlebt hat. Manchmal hilft es, sich einzugestehen, dass ein bestimmtes Vorhaben unerreichbar ist und man es aufgeben muss. Dann hat man mehr Ressourcen, mehr Zeit und Kraft, um ein anderes Projekt zu starten.
Wer jung ist, will doch nicht seine Ziele aufgeben.
Tatsächlich verfolgen viele junge Menschen eine Strategie der hartnäckigen Zielverfolgung. Sie wollen nicht sofort kapitulieren, was ja für diese Lebensphase nicht schlecht ist, solange der Übermut nicht überbordet. Aber im Alter nehmen die Verluste zu. Vielleicht ist man körperlich oder finanziell eingeschränkt, manche Ziele können nicht mehr erreicht werden.
Das klingt deprimierend.
Das muss es nicht sein! Ältere Menschen reagieren in der Regel sehr flexibel. Sie sind gut darin, ihre Ziele zu ändern und ihre Erwartungen an sich selbst anzupassen. Sie können besser mit Verlusten oder Misserfolgen umgehen. Man könnte sagen, die Menschen werden weiser.
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