«Papa solo» hat Frauen betrogen – wie man sich gegen solche Männer schützen kann
Warum fallen Frauen auf Liebesbetrüger rein?

Ein Liebesschwindler hat über ein Dutzend Frauen verführt. Dann hat er sie emotional und körperlich missbraucht und ihnen sogar noch Tausende von Franken abgezockt. Zwei Expertinnen erklären die emotionale Manipulation dahinter.
Publiziert: 17.01.2025 um 17:50 Uhr
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Aktualisiert: 20.01.2025 um 08:35 Uhr
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Junge Frauen aus der Westschweiz machen öffentlich, wie sie von einem Liebesschwindler reingelegt wurden.
Foto: MAGALI GIRARDIN

Auf einen Blick

  • Liebesbetrüger aus der Romandie verführt Frauen und erschwindelt Geld
  • Täter nutzt Dating-Apps und soziale Medien, um alleinstehende Mütter kennenzulernen
  • Das sagen zwei Expertinnen zu emotionaler Gewalt
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Katja RichardRedaktorin Gesellschaft

Manchmal hat es nur einen Monat gedauert, bis Fabien* seinem nächsten Opfer 10’000 Franken abgeknöpft hat. Der Liebesbetrüger aus der Romandie hat über ein Dutzend Frauen verführt, um sich von ihnen Geld zu erschwindeln. Hinzu kommen emotionale und körperliche Gewalt. Jetzt haben die betroffenen Frauen im Blick ausgepackt und prangern den Täter öffentlich an, um ihm das Handwerk zu legen.

Viele wundern sich beim Lesen: Wie kann man auf so jemanden hereinfallen? «Es ist ganz wichtig, dass man den betroffenen Frauen keine Schuld daran gibt», sagt Simone Eymann (42), Geschäftsführerin von Tech against Violence. Der Verein engagiert sich unter anderem gegen emotionale Gewalt und bietet auf digitalem Weg Beratung und Prävention für Betroffene an. Sein Grundsatz: «Du bist nicht schuld, du spinnst nicht, und du bist nicht allein.»

Täter sucht gezielt seine Opfer

Der Täter hat sich seine Opfer offensichtlich gezielt in den sozialen Medien und auf Dating-Apps ausgesucht. Es sind junge, alleinstehende Mütter. «Auf diesem Weg konnte er sich viele Informationen beschaffen, im digitalen Raum gibt man ja vieles von sich preis», sagt Eymann. Das verschaffte ihm eine grosse Auswahl und somit die Chance, dass zumindest eine von vielen auf ihn hereinfällt. Eymann: «Er hat das genutzt, was zutiefst menschlich ist: Hoffnung. Diese Frauen haben gehofft, einen zuverlässigen Partner kennenzulernen, jemanden, der sie versteht und ihnen nahe ist. Daran ist nichts Falsches.»

«Er stellt sich selbst als Opfer dar»
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Betroffene erzählen:«Er stellt sich selbst als Opfer dar»

Was folgt, ist die toxische Verführungskunst eines Narzissten. Es fängt mit dem sogenannten Love Bombing an, also überschwänglichen und verfrühten Liebeserklärungen. Auch wenn das Betroffenen auf rationaler Ebene verdächtig erscheint, verschafft sich der Täter so emotionalen Zugang. «Liebe kann sich hormonell im Hirn wie Drogen anfühlen. Man denkt nicht mehr klar», so Simone Eymann. Dann kommt die erste Abwertung, dann wieder ein Liebesbeweis: «Das verwirrt und verunsichert die Betroffenen», so Eymann. Es sind destruktive Dynamiken aus Manipulation, Abwertung, extremer Eifersucht, Kontrolle, Isolation und Drohungen. Das sei typisch für emotionale Beziehungsgewalt. Davon gebe es keine blauen Flecken, aber es hinterlasse dennoch tiefe Wunden in der Seele. Oft werde erst spät bemerkt, was da vorgeht. Aber es gibt Warnzeichen und Muster.

Die Plattform #withyou zeigt auf, was eine gesunde und und was eine toxische Beziehung ist. Ein Test zur Gesundheit einer Beziehung gibt Aufschluss über die Warnzeichen und verweist auf Hilfsangebote. «Gerade jungen Menschen fällt es in einem ersten Schritt leichter, sich auf digitalem Weg zu informieren und sich so erste Hilfe zu holen», so Eymann.

«In uns allen schlägt ein hungriges Herz»

Oft bereitet die emotionale Gewalt den Boden für körperlichen und sexuellen Missbrauch. Natalie Schneiter (42) ist Sozialarbeiterin bei der Fachstelle Häusliche Gewalt und Stalking in Bern und kennt sich mit der Gewaltspirale in Beziehungen aus. «Der Täter externalisiert sein Handeln und schiebt die Verantwortung auf etwas oder jemand anderen. Meist sogar auf das Opfer selbst», sagt Schneiter. «Als Betroffene verliert man noch mehr an Selbstwert, viele glauben, etwas falsch gemacht zu haben.» Von aussen sei es zunächst oft schwer zu verstehen, was in einer solchen Beziehung vorgeht, insbesondere warum man sich auch noch Geld abknöpfen lässt.

Schneiter: «In uns allen schlägt ein hungriges Herz. Und es gibt Lebenssituationen, in denen man besonders empfänglich ist und sich nach jemandem sehnt, der einen versteht.» Das ist der Nährboden, auf dem es jemand wie dieser Mann schafft, sehr rasch eine Bindung, Intimität und Vertrauen aufzubauen. «Er passt sich dem Opfer an, indem er emotionale Gemeinsamkeiten vortäuscht», sagt Schneiter. Alles, was anfangs in die Beziehung gegeben wird, hilft später, eine emotionale Abhängigkeit zu schaffen. «Ohne Bindung und Vertrauen würde niemand sein Geld hergeben, das ist etwas sehr Intimes», so Schneiter. «Die Scham der Opfer ist oft gross», so die Sozialarbeiterin. Umso wichtiger sei es, dass betroffene Frauen sich Hilfe suchten und mit dem Veröffentlichen ihrer Geschichte anderen Mut machten.

Vor Gericht brauchen Opfer Beweise

Unterschied «Romance Scam» und Liebesschwindel

Während bei Romance Scams die Täterschaft ausschliesslich online eine romantische Beziehung vortäuscht, um an das Geld der Opfer zu kommen, kann der Begriff «Liebesschwindler» sowohl den Betrug online als auch offline umfassen.

Geld nicht zurückzahlen: eine Straftat?

Nicht automatisch ist es strafbar, wenn jemand geliehenes Geld nicht zurückbezahlt. Es hängt immer von den Umständen ab.

Körperliche und sexuelle Gewalt nachweisen

Opfer sollten Verletzungen fotografieren und mit Datum dokumentieren. Auch eine sofortige medizinische Untersuchung ist essenziell, denn Ärzte können detaillierte Berichte erstellen, die vor Gericht als Beweismittel verwendet werden können. Frühestmöglich Anzeige erstatten ist ebenfalls hilfreich, damit Ermittler weitere Beweise wie DNA-Spuren feststellen können.

Emotionale Gewalt nachweisen

Es ist hilfreich, ein Tagebuch zu führen und die Vorfälle möglichst detailliert mit Datum und Uhrzeit zu dokumentieren. Opfer sollten beleidigende, manipulative oder bedrohende Nachrichten speichern, da diese später als Beweise dienen können. Haben Zeugen Vorfälle emotionaler Gewalt mitbekommen, können sie aussagen. Zudem können Fachleute Gutachten über psychische Folgen emotionaler Gewalt erstellen, die belegen, dass die psychischen Folgen durch die Beziehung entstanden sind.

Wenn es keine Zeugen gibt

Beziehungsdelikte ohne direkte Zeugen erschweren die Beweisführung. Auch kann die Täterschaft die Wahrnehmung der Opfer manipulieren und deren Glaubwürdigkeit infrage stellen. Scham, Angst, und Stigmatisierung sowie die Langwierigkeit juristischer Verfahren halten viele Opfer davon ab, Vorfälle zu melden.

Quelle: Kantonspolizei Bern

Unterschied «Romance Scam» und Liebesschwindel

Während bei Romance Scams die Täterschaft ausschliesslich online eine romantische Beziehung vortäuscht, um an das Geld der Opfer zu kommen, kann der Begriff «Liebesschwindler» sowohl den Betrug online als auch offline umfassen.

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Nicht automatisch ist es strafbar, wenn jemand geliehenes Geld nicht zurückbezahlt. Es hängt immer von den Umständen ab.

Körperliche und sexuelle Gewalt nachweisen

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Emotionale Gewalt nachweisen

Es ist hilfreich, ein Tagebuch zu führen und die Vorfälle möglichst detailliert mit Datum und Uhrzeit zu dokumentieren. Opfer sollten beleidigende, manipulative oder bedrohende Nachrichten speichern, da diese später als Beweise dienen können. Haben Zeugen Vorfälle emotionaler Gewalt mitbekommen, können sie aussagen. Zudem können Fachleute Gutachten über psychische Folgen emotionaler Gewalt erstellen, die belegen, dass die psychischen Folgen durch die Beziehung entstanden sind.

Wenn es keine Zeugen gibt

Beziehungsdelikte ohne direkte Zeugen erschweren die Beweisführung. Auch kann die Täterschaft die Wahrnehmung der Opfer manipulieren und deren Glaubwürdigkeit infrage stellen. Scham, Angst, und Stigmatisierung sowie die Langwierigkeit juristischer Verfahren halten viele Opfer davon ab, Vorfälle zu melden.

Quelle: Kantonspolizei Bern

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