Das war bühnenreif: «Wow», sagt Kim de l’Horizon, richtet ein paar tränenreiche Dankesworte an seine Mutter, singt ein englisches Lied und schneidet sich medienwirksam die Haare ab – aus Solidarität mit den Iranerinnen.
Diese Performance legte de l’Horizon (31) am 17. Oktober 2022 in Frankfurt (D) hin, als die nonbinäre Person aus der Schweiz für den Bestsellerroman «Blutbuch» den Deutschen Buchpreis gewann. Im November folgte noch der Schweizer Buchpreis.
Heute Abend betritt Kim de l’Horizon eine richtige Theaterbühne: «Blutstück», die Adaption von «Blutbuch» durch Regisseurin Leonie Böhm (41), hat im Pfauen des Schauspielhauses Zürich Premiere. Und de l’Horizon ist Teil des Ensembles.
Von Bern bis Wien, von Hannover bis Zürich
Von der Schrift zum Schauspiel: Das ist einen Wechsel, den Person wie Papier mit Bravour hinkriegen müssten. Denn «Blutbuch» ist ein Sprechtext mit ausgesprochen ansprechendem Inhalt: Bis heute hat sich der Roman über 150’000 Mal verkauft.
«Blutstück» war im letzten Herbst als Welturaufführung in Zürich geplant, doch musste der Termin wegen Erkrankung von de l’Horizon auf Februar 2024 verschoben werden. Und so reicht es nicht mal mehr für die Schweizer Erstaufführung.
Denn der Erfolgsstoff ist von den kriselnden Theatern im ganzen deutschsprachigen Raum heiss begehrt: In Hannover (D) ging im Dezember 2023 die Uraufführung über die Bühne, hierzulande war Mitte Januar «Blutbuch» auf den Bühnen Bern zum ersten Mal zu sehen.
Und noch vor Zürich hatte Ende Januar eine Theaterumsetzung des Romans in Magdeburg (D) ihren Einstand. Im April und Juni folgen dann noch Inszenierungen in Wien beziehungsweise Essen (D).
Durchzogene Kritiken der bisherigen Aufführungen
Die Kritiken zu den bisher gezeigten Vorstellungen sind durchzogen: «Im Kern bleibt der Abend eine doch recht eitle Nabelschau», urteilt die «Süddeutsche Zeitung» über die Uraufführung in Hannover.
In Bern sind sich die Kritikerinnen nicht einig: Während das «St. Galler Tagblatt» tadelt («zu stark klebt das Theater am Buch») lobt der Berner «Bund» eben dies («In der Inszenierung wird deutlich, was für ein erstklassiger Theatertext dieses ‹Blutbuch› ist.»).
Die Aufführung in Magdeburg begeistert den Rezensenten des MDR, und er spricht nach der Premiere von einem Theater-Glückserlebnis für alle Sinne: «An dieser Magdeburger Inszenierung stimmt einfach alles.»
Heute ist die Premiere in Zürich. Und das Schauspielhaus hat einen Trumpf: Kim de l’Horizon selber. Dass die nonbinäre Person nicht nur Prosa schreiben, sondern auch performen kann, ist spätestens seit Frankfurt bewiesen.
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