Vier Männer erzählen Blick offen und ehrlich, wie es ist unfreiwillig alleine zu sein: Martin (41), Johnny (28), Bonifaz (34) und Samuel (68) sind unterschiedlich alt, kommen aus verschiedenen Regionen, haben aber eines gemeinsam – alle sind seit Jahren single und möchten es ändern. Johnny sagt: «Wenn ich nach der Arbeit nach Hause komme, und niemand da ist, fühle ich mich oft einsam».
Johnny ist kein Einzelfall. 2020 lebten in der Schweiz gemäss Bundesamt für Statistik 665’000 Männer alleine. Daten aus dem Schweizer Haushalt-Panel 2021 machen es möglich, die Bevölkerung nach Beziehungsstatus aufzuschlüsseln. Resultat: Zwischen 16 und 25 sind 60 Prozent der Männer in keiner Beziehung. Bei den Frauen sind es 40 Prozent. Bis ins mittlere Alter bleibt der Anteil Single-Männer signifikant höher als bei Frauen. Bei der Gruppe der 26- bis 44-Jährigen sind es 20 Prozent. Bei den gleichaltrigen Frauen ist der Anteil Singles bei 12 Prozent.
Ab 45 beginnt der Anteil alleinstehender Frauen zu steigen. Was daran liegt, dass sich Männer eher wiederverheiraten – und daran, dass die Lebenserwartung der Männer tiefer ist. Sie sterben weg.
Auch wenn die Statistik mit Vorsicht zu geniessen ist, weil der Grund fürs Alleinsein, nicht erfasst wird – die Tendenz ist klar: Die Schweiz entwickelt sich immer mehr zu einem Single-Land – und Männer im Alter bis 45, sind besonders betroffen.
Doch wieso ist das so? Und wer sind die Betroffenen? Antworten sind schwierig. Die Forschungslage ist gerade auch in der Schweiz dünn.
Das sollte sich ändern, sagt Laura Bernardi (51), Professorin für Soziologie an der Universität Lausanne. Sie arbeitet derzeit an einem Buch, das sich mit dem Thema Partnerschaft im Laufe des Lebens beschäftigt: «Wir wissen zu wenig über die Gruppe der unfreiwilligen Singles in der Schweiz. Hier bräuchte es dringend mehr Forschung – auch Langzeitforschung.»
Doch wieso soll sich die Wissenschaft für das Unglück Einzelner interessieren? Weil der Beziehungsstatus Auswirkung auf die öffentliche Gesundheit haben kann. Jedenfalls deuten Forschungsarbeiten aus dem europäischen Ausland darauf hin.
Wer freiwillig single ist, dem geht es besser, als wer unfreiwillig alleine ist. Mehrere internationale Studien zeigen zudem, dass im speziellen Männer in Beziehungen physisch und psychisch gesünder sind, als jene, die Single sind. Bernardi sagt: «Wenn das auch in der Schweiz so ist, muss sich der Staat dafür interessieren – insbesondere auch für die Bedürfnisse von Single-Männern.»
Der schnöde Blick der anderen
Ein Problem für viele Singles ist auch der Aussenblick. Ab einem gewissen Alter entspricht ein Singlestatus auch heute noch nicht der Norm, so Bernardi. «Bei Männern kommt hinzu, dass sich Männlichkeit immer noch für viele zu einem Teil darüber definiert, für eine Partnerin zu sorgen». Das kann zur Belastung werden.
Laut Bernardi zeigt eine Studie über Single-Männer in Polen, dass unfreiwillige Single-Männer zwei Arten von Strategien entwickeln: «Manche geraten in eine Negativspirale und ziehen sich im schlimmsten Fall total zurück. Andere entwickeln Ansätze, um mit ihrer Situation umzugehen, und stürzen sich zum Beispiel in Hobbys.»
So wie die von Blick porträtierten Singles. Zwar hadern auch sie oft mit ihrem Schicksal. Martin sagt: «Wenn man sieht, wie alle um einen herum heiraten und Kinder haben, will man das auch erleben». Aufgegeben hat von den vier Single-Männer aber keiner – und alle führen ein sehr aktives Leben. Bonifaz zum Beispiel ist in mehr als sieben Vereinen aktiv!