«Wie kann das sein?», fragte Parisa Fatehi (20). Ursprünglich aus der afghanischen Stadt Parwan, ist sie vor einem Jahr mit ihrer neunköpfigen Familie in die Schweiz gekommen. In eine hoffnungsvolle Zukunft. Vom frauenfeindlichsten Land der Welt in die Schweiz, wo Frauen und Männer gleichgestellt sind. Doch hier angekommen, hörte sie, dass Frauen hier weniger verdienen, weniger oft in Führungspositionen und der Politik sind. «Die vollständige Gleichberechtigung gibt es nur auf Papier. Das hat mich überrascht», sagt Parisa.
Yasmin hat aufgehellte Haare, trägt Jeansjacke und trendige Jogginghosen, Parisa, die Haare unter dem Hidschab, ist langärmlig und in schlichten Jeans. Sie könnten nicht unterschiedlicher sein, teilen aber das gleiche Schicksal.
Wie erleben Frauen, die vor den Taliban flüchteten, die Situation in der Schweiz? Darüber hat Blick mit den jungen Afghaninnen Parisa Fatehi und Yasmin Hussaini (19) gesprochen. Beide besuchen die von Spenden finanzierte Privatschule «Welcome to School» in Zürich, für Jugendliche und junge Erwachsene mit Flucht- und Migrationshintergrund.
Klar ist: Mit der Situation in Afghanistan möchten sie die Benachteiligung in der Schweiz auf keinen Fall vergleichen. Sie erzählen, wie Frauen in ihrer Heimat geschlagen, vergewaltigt und verkauft werden. Yasmin zückt ihr Handy und ruft auf einer Website mit arabischer Schrift ein Video auf. Das Video zeigt, wie eine Gruppe Männer der Reihe nach eine vermummte Frau auspeitschen. «Das geschieht zu Hause jeden Tag», sagt sie. Ihre Stimme zittert.
Ohne Aufenthaltsbewilligung keine Ausbildung
Seit drei Jahren ist Yasmin mit ihrer älteren Schwester in der Schweiz, und es macht sie glücklich, wie frei sie hier entscheiden kann: «Ich kann anziehen, was ich will und darf meine Haare offen tragen. Hier kümmern sich Frauen um andere Frauen.» Zu Hause würden sie wie Sklaven behandelt und dürften nicht studieren. Als sie über die Ausbildungschancen in der Schweiz spricht, wird sie trauriger. Sie würde gerne Laborantin werden, kann aber nicht: Der Status F verbietet es ihr. «Es fühlt sich so an, als ob Tiere mehr Rechte hätten als wir.»
Die beiden gehen heute nicht auf die Strasse. Wenn sie demonstrieren würden, dann für das Recht auf Bildung, sagen sie. «Hier können Kinder Kinder sein, sie haben die Freiheit zu entscheiden und müssen nicht auf alle anderen achten. In Afghanistan musst du machen, was die anderen tun, wenn nicht, reden alle über dich», erzählt Parisa.
Seit dem Abzug der amerikanischen Truppen 2021 und der Machtübernahme der Taliban hat sich die Lage im Land massiv verschlechtert, vor allem für die Frauen: Die Taliban verbieten den Zugang von Frauen und Mädchen zu Arbeit, Bildung, Sport und öffentlichen Einrichtungen. Auch gegen die Presse gehen die Taliban vor: Im vergangenen Jahr wurden mehr als 80 Journalisten festgenommen und gefoltert, weil sie über friedliche Proteste berichtet hatten, Afghaninnen, die friedlich für ihre Rechte protestieren, werden bedroht, verhaftet und gefoltert, und internationale Sender wie die BBC wurden von den Frequenzen genommen. Der harte Winter dieses Jahr setzte dem Land besonders zu. Berichten zufolge sind 926 Menschen bereits erfroren. Es herrscht die grösste humanitäre Krise, die das Land je gesehen hat.
Seit dem Abzug der amerikanischen Truppen 2021 und der Machtübernahme der Taliban hat sich die Lage im Land massiv verschlechtert, vor allem für die Frauen: Die Taliban verbieten den Zugang von Frauen und Mädchen zu Arbeit, Bildung, Sport und öffentlichen Einrichtungen. Auch gegen die Presse gehen die Taliban vor: Im vergangenen Jahr wurden mehr als 80 Journalisten festgenommen und gefoltert, weil sie über friedliche Proteste berichtet hatten, Afghaninnen, die friedlich für ihre Rechte protestieren, werden bedroht, verhaftet und gefoltert, und internationale Sender wie die BBC wurden von den Frequenzen genommen. Der harte Winter dieses Jahr setzte dem Land besonders zu. Berichten zufolge sind 926 Menschen bereits erfroren. Es herrscht die grösste humanitäre Krise, die das Land je gesehen hat.
Beide sind über den Iran in die Türkei nach Griechenland und schliesslich in die Schweiz gekommen. Als Yasmin schildert, wie sie mit dem Boot übers Meer fuhren, wie sie Monate in Zelten verbrachten, verschlägt es ihr die Stimme, sie braucht einige Sekunden, bis sie sich gefasst hat und bis sie weitererzählt: «Auf dem Boot habe ich nur überlebt, weil eine schwangere Frau an Bord war, sonst hätte die griechische Küstenwache unser Boot aufgeschnitten.» Trotz düsterer Vergangenheit haben die beiden jungen Frauen ihre Hoffnung nicht verloren. Sie hoffen auf eine Aufenthaltsbewilligung, um eine Lehre anzutreten und ihre Zukunft selbst in die Hand zu nehmen.
Auch wenn sie den Frauentag nicht feiern, sind sie stolz, Frauen zu sein. Gemischte Gefühle hegen sie jedoch für ihr Heimatland. So schliesst Yasmin: «Ich bin stolz, Afghanin zu sein. Ich wünschte mir nur, ich wäre nicht dort geboren.»