Diese einfache Übung sorgt für Entspannung
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Atem-Coach macht es vor:Diese einfache Übung sorgt für Entspannung

«Der Prinz war sehr angetan»
Christoph Glaser lehrt Menschen weltweit richtig atmen

Die Atemtechniken eines indischen Yogis haben Christoph Glaser (52) als jungem Mann eine neue Welt eröffnet. Das hat den Basler als Achtsamkeitstrainer ins Schloss eines saudischen Prinzen und in die Teppichetagen des internationalen Topmanagements geführt.
Publiziert: 16.11.2024 um 19:46 Uhr
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Aktualisiert: 16.11.2024 um 20:20 Uhr
Mit Atemübungen lässt sich Stress reduzieren: Achtsamkeits-Experte Christoph Glaser.
Foto: Kim Niederhauser

Auf einen Blick

  • An einem Atemseminar im Alter von 22 Jahren hatte Glaser ein Schlüsselerlebnis
  • Er studierte sechs Monate bei einem indischen Guru
  • Führungskräfte und Sportler aus aller Welt gehören zu seiner Kundschaft
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Katja RichardRedaktorin Gesellschaft

Stockt Ihnen manchmal auch der Atem?
Christoph Glaser: Natürlich. Achtsamkeitstechniken sollten nicht darauf abzielen, negative Gefühle komplett zu vermeiden. Jeder Mensch kann jederzeit jede Emotion erleben. Entscheidend ist jedoch, wie lange ein bestimmtes Gefühl in uns verweilt.

Können wir das beeinflussen?
Es gibt dazu ein schönes Bild: Ein negatives Gefühl sollte nur so lange bleiben, wie die Spur eines Fingers im Wasser. Sobald wir unseren Finger zurückziehen, wird die Wasseroberfläche wieder glatt. Laut der Neurowissenschaft hält eine Emotion 60 bis 90 Sekunden an – es ist eine körperliche Reaktion auf unsere Wahrnehmung, bei der chemische Prozesse im Körper ablaufen.

Vom Yogi zum Achtsamkeitstrainer für Manager: Christoph Glaser.
Foto: zvg

Aber wenn man sich über etwas richtig aufregt, hält das Gefühl doch länger an, oder?
Das liegt oft daran, dass wir uns gegen das Gefühl wehren und es festhalten. Viele von uns haben schon als Kind gelernt, vor allem negative Gefühle zu unterdrücken, anstatt sie zuzulassen und dann loszulassen. In der Schule lernen wir vieles, aber nicht, wie wir mit unseren Emotionen umgehen können. Deshalb wäre emotionale Intelligenz für mich ein wichtiges Thema. 

Was für ein Kind waren Sie?
Ich war ein Zappelphilipp. Heute würde man bei mir vermutlich ADHS diagnostizieren, aber ich halte nicht viel von solchen Schubladisierungen. Ich hatte einfach extrem viel Energie und wusste manchmal nicht, wohin damit. Als ich dann mit Fussball anfing, konnte ich mich endlich so richtig auspowern. Als Jugendlicher wollte ich sogar Profi werden, doch wegen einer Wirbelsäulenverletzung musste ich diesen Traum aufgeben.

Begeisterter Fussballer: Als Junge wollte Christoph Glaser Profi werden.
Foto: zvg

Kam durch die Verletzung Ihr Interesse am Atmen?
Ja, ich konnte mich lange Zeit kaum bewegen und hatte starke Schmerzen. Bei einer meiner besten Freundinnen aus der Schulzeit, einer Inderin, war ein Yogi zu Besuch. So kam ich mit 22 dazu, ein Atemseminar zu besuchen. Alle anderen hatten dort eine grossartige Erfahrung, nur ich nicht. Erst in der letzten Session fühlte ich eine tiefe Ruhe, Frieden und Zufriedenheit, so wie ich es noch nie erlebt hatte.

War das ein Schlüsselmoment für Sie?
Für mich war das wie ein kleines Wunder. Ich konnte zuvor kaum eine Minute still sitzen, und diese Erfahrung war völlig neu für mich. Ich wollte mehr davon und begann, die Atemübungen jeden Morgen zu praktizieren.

Und Sie sind dafür sogar nach Indien gereist?
Ja, nach Bangalore und dann in den Himalaya, um bei ebendiesem Yogi, Sri Sri Ravi Shankar, zu lernen. Eigentlich wollte ich nur zwei Wochen bleiben, aber es wurden sechs Monate daraus, bis mein Visum abgelaufen war. Nach meiner Rückkehr begann ich, atembasierte Achtsamkeit an Universitäten und in Unternehmen zu unterrichten. Das nannte ich «Yoga-Stress-Management».

Glaser mit dem indischen Yogi Sri Sri Ravi Shankar (l.) am WEF 2023.
Foto: Zvg

Heute sind Sie erfolgreicher Atem- und Achtsamkeitstrainer mit einem Institut und 200 Trainern. Wie schafft man den Sprung als Achtsamkeitstrainer ins Topmanagement?
Anfangs war es nicht einfach, meinen Platz zu finden. Ursprünglich hatte ich eine Banklehre gemacht, dann habe ich Psychologie studiert, und ich war auf der Suche nach meiner Berufung. Eine befreundete Seminarleiterin vermittelte mir schliesslich einen Auftrag in Saudi-Arabien.

Ihr Klient war ein Prinz.
Ja, ich hatte keine Ahnung, was auf mich zukommt. Ich wurde von seinen Ärzten empfangen. Sie gaben zu verstehen, dass, wenn dem Prinzen meine Arbeit gefallen würde, alles gut sei – andernfalls weniger. Doch er war sehr angetan, und ich blieb zwei Monate. Er wollte sogar, dass ich ganz bleibe. Ich besuchte ihn dann regelmässig, und dank ihm habe ich dort mein erstes Seminar in einem grossen Unternehmen, der Citigroup, geleitet.

Atem ist universell: Glaser bei einem Seminar in Saudi-Arabien.
Foto: zvg

Wie war das?
Ich war aufgeregt und etwas unsicher. Damals hatte ich langes Haar und wollte es einen Zentimeter schneiden lassen. Aber der Friseur hatte mich missverstanden, und ehe ich mich versah, hatte ich einen Kurzhaarschnitt. Das machte mich noch jünger, und die Kursteilnehmer beäugten mich zuerst kritisch. Ich zitterte. Aber dann legte ich einfach los.

Und es lief gut?
Ja. In diesem Moment hatte ich das erste Mal seit meiner Zeit als Jugendlicher auf dem Fussballfeld wieder das Gefühl, etwas wirklich intuitiv zu können. In der Pause kamen die Teilnehmer zu mir und buchten mich, mein Kalender war voll. So hat es angefangen. 

Vom Yogi ins Topmanagement

Christoph Glaser (52) ist in Basel zur Welt gekommen und wollte als Jugendlicher Profifussballer werden. Nach einem Unfall machte er eine Banklehre, studierte Psychologie und Public Policy und reiste zum Yogi Sri Sri Ravi Shankar (68) nach Indien. Seit 25 Jahren vermittelt er in bisher über 50 Ländern weltweit die TLEX-Methode zur gelassenen Leistungsoptimierung. In seinem Buch «Atmen» stellt er die Technik der atembasierten Achtsamkeit vor. Glaser ist im Vorstand des World Forum for Ethics in Business, das regelmässig Konferenzen durchführt, etwa im Europäischen Parlament.

Christoph Glaser (52) ist in Basel zur Welt gekommen und wollte als Jugendlicher Profifussballer werden. Nach einem Unfall machte er eine Banklehre, studierte Psychologie und Public Policy und reiste zum Yogi Sri Sri Ravi Shankar (68) nach Indien. Seit 25 Jahren vermittelt er in bisher über 50 Ländern weltweit die TLEX-Methode zur gelassenen Leistungsoptimierung. In seinem Buch «Atmen» stellt er die Technik der atembasierten Achtsamkeit vor. Glaser ist im Vorstand des World Forum for Ethics in Business, das regelmässig Konferenzen durchführt, etwa im Europäischen Parlament.

Atmen Menschen in Saudi-Arabien und der Schweiz anders?
Nein. Atmen ist universell und verbindet uns alle. Jenseits von Landesgrenzen und Ideologien. Die Unterschiede sind individuell.

Was machen wir denn falsch beim Atmen?
Wir nutzen nur etwa die Hälfte unseres Lungenvolumens. Wenn man einen Säugling beobachtet, sieht man, wie der ganze Körper atmet.

Woran liegt das?
Am Bewegungsmangel. Sitzen ist das neue Rauchen, dazu kommt das Smartphone. Und natürlich wirken sich Stress und Ängste auf unsere Atmung aus. Das Gute ist, dass dies keine Einbahnstrasse ist – man kann mit der Atmung umgekehrt auch die Gefühle beeinflussen. Es ist die direkte Verbindung zu unserem Geist.

Sie trainieren Manager und Sportlerinnen, und in Ihrem Buch geht es um Führung. Sind diese Achtsamkeitstechniken für alle anwendbar?
Absolut. Denn der wichtigste Aspekt von Führung ist immer die Selbstführung, und das betrifft jeden von uns. Dabei hilft uns das Geheimnis des Atems. Was vor 2000 Jahren vom Yogi an seinen Schüler weitergegeben wurde, kann man heute zigfach im Internet abrufen. Das Problem ist aber weniger das Wissen – sondern die Umsetzung. 

Der ehemalige Fussballtrainer Christoph Daum (r.) hat das Vorwort zu Glasers Buch geschrieben.
Foto: zvg

Warum ist die Umsetzung so schwer?
Genau das thematisiere ich in meinem Buch. Über die letzten 20 Jahre haben wir vom Institut aus weltweit mehr als 500’000 Mitarbeitende und Führungskräfte geschult. Dabei fiel uns auf: Alle kommen begeistert aus dem Seminar – aber wie helfen wir ihnen, das Gelernte auch umzusetzen? Es gibt eine Harvard-Studie mit Herzpatienten – in der Schweiz sind Herzprobleme die häufigste Todesursache. Wenn ein Herzpatient zum Arzt kommt und ihm gesagt wird, er müsse nur regelmässig seine Medikamente nehmen, sich besser ernähren und ein wenig Sport treiben, dann schafft das nur ein Bruchteil – einer von sieben.

Es heisst, dass es 21 Tage braucht, bis sich neue Gewohnheiten entwickeln, stimmt das?
Rund 95 Prozent unseres täglichen Handelns läuft im Autopilot. Und man schätzt aufgrund verschiedener Studien, dass es mindestens drei Wochen dauert, bis sich eine neuronale Verbindung in unserem Gehirn formt und einprägt. Doch es gibt noch andere wichtige Faktoren: Die neue Gewohnheit muss emotional relevant sein. Und ein Anker kann helfen.

Was ist das?
Eine feste Routine. Ich mache meine Atemübungen, die SKY-Atmung, am Morgen immer nach dem Duschen und vor dem Frühstück. Es gehört dazu, wie das Zähneputzen.

Der Atem-Experte im Gespräch mit Blick-Redaktorin Katja Richard.
Foto: Kim Niederhauser

Laut Ihrem Buch reichen 12 Minuten Atemübungen täglich für weniger Druck und mehr Leistung im Leben. Aber müssen wir uns andauernd selbst optimieren?
Der psychische Stress hat enorm zugenommen. Über 40 Prozent der Menschen berichten, dass sie unter massivem Stress und häufigen Angstzuständen leiden. In einer Axa-Studie gibt etwa ein Drittel der Befragten an, psychisch angeschlagen zu sein. Das ist erschreckend.

«Atmen»: Das Buch von Christoph Glaser ist bereits ein Bestseller.
Foto: Kim Niederhauser

Wir befinden uns ja auch in einer herausfordernden Zeit.
Mit der Digitalisierung nimmt das Tempo enorm zu. Zugleich ist unsere Aufmerksamkeitsspanne extrem gesunken. Laut einer Metastudie lag sie 2003 am Computer am Arbeitsplatz bei zweieinhalb Minuten, heute sind es noch 44 Sekunden.

Lässt sich das mit Atemtechnik ändern?
Wir haben auf viele Dinge keinen direkten Einfluss – auf politische Entscheidungen oder Krisen und Kriege in anderen Teilen der Welt. Je instabiler unser Umfeld, desto mehr Stabilität brauchen wir in uns selbst. Es ist hilfreicher, sich auf das zu konzentrieren, was wir beeinflussen können. Jeder von uns hat täglich etwa 6000 Gedanken, die einfach so auftauchen – wir haben keine bewusste Kontrolle darüber, insbesondere über negative Gedanken. Aber so wie den Körper kann man auch den Geist trainieren, ich nenne das den Präsenz-Muskel.

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