«Mein Chef hat mich gegen meinen Willen geküsst und angefasst.» – «Sie haben mich intime Sachen gefragt, zum Beispiel, ob ich rasiert bin und ob ich mit meinem Chef in ein Hotel gehen würde.» – «Die ganze Branche weiss Bescheid, und niemand tut etwas dagegen.» Das sind nur einige der zahlreichen Aussagen, die Blick auf die Frage «Hast du schon mal sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz erlebt?» erhalten hat.
Der Arbeitgeber muss dafür sorgen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht sexuell belästigt werden und dass den Opfern von sexuellen Belästigungen keine weiteren Nachteile entstehen. So steht es im Schweizer Obligationenrecht. Trotzdem ist das Problem der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz in der Schweiz weit verbreitet.
Jede fünfte Frau wurde schon am Arbeitsplatz belästigt
Eine Erhebung der Gesellschaft für Sozialforschung (Gfs Bern) im Auftrag von Amnesty International liefert Zahlen zur Verbreitung sexueller Belästigung und sexueller Gewalt in der Schweiz aus dem Jahr 2019.
Befragt wurden 4495 in der Schweiz wohnhafte Frauen und Mädchen im Alter ab 16 Jahren. Davon gaben 59 Prozent der Befragten an, schon mindestens einmal gegen ihren Willen umarmt, berührt oder geküsst worden zu sein. Sexuelle Kommentare oder Witze mussten sich 56 Prozent der befragten Frauen schon einmal anhören.
Meist geschieht das in der Öffentlichkeit: Jede zweite Frau wurde schon auf der Strasse bedrängt. Jede fünfte der befragten Frauen berichtet von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz. Das beinhaltet unerwünschte Berührungen oder unangemessene Kommentare im Büro.
Viele wissen nicht, wie sie sich wehren sollen
Wo fängt sexuelle Belästigung überhaupt an? Darf man noch ein Kompliment machen oder geht das schon zu weit? Wenn jemandem unter den Rock gefasst wird, ist der Fall klar. Es gibt aber Vorfälle, die viele Frauen verunsichern: «Als ich einen Rock trug und der Chef zu mir sagte, dass ich beim Sitzen die Beine nicht überschlagen solle, weil das hässliche Beine gebe und das schade wäre, da sass ich einfach nur da und liess es über mich ergehen», so die Erzählung einer der Betroffenen.
Sie ist damit nicht allein. Viele wissen nicht, wie sie sich wehren sollen. Sie schämen sich und fürchten, den Job zu verlieren. Man redet sich ein, es sei gar nicht so schlimm. Oder man ist so baff, dass man gar nicht reagieren kann. So ergeht es sehr vielen Betroffenen, die dem «sichtbar»-Team von ihren Erlebnissen erzählt haben.
Was tun?
Wie geht man gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz vor? «Indem wir darüber reden, diese Vorfälle ernst nehmen und sie nicht mehr ignorieren und tolerieren», so Blick-TV-Moderatorin Sylwina Spiess (31). Für die neue Blick-TV-Sendung «sichtbar» hat sie recherchiert und die Erlebnisse der Community gesammelt.
Im Videobeitrag oben erzählen Betroffene aus verschiedensten Branchen von ihren unangenehmsten Erlebnissen am Arbeitsplatz und machen das Thema sichtbar.
Hattest du den Mut, deinen Vorgesetzten oder Bekannten von so einem Vorfall zu erzählen und wie haben sie reagiert? Berichte uns von deinen Erfahrungen hier im Formular: