Von Pechschwarz bis Mausgrau
Schöne, farblose Autowelt

Obwohl Autohersteller immer neue, ausgefallenere Farben für ihre Modelle entwickeln, dominieren unbunte Töne wie Schwarz, Weiss und Grau das Strassenbild. Das war nicht immer so – und könnte sich dank moderner Technik bald auch wieder ändern.
Publiziert: 16.07.2023 um 11:30 Uhr
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Aktualisiert: 16.07.2023 um 16:29 Uhr
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Bei einem Blick auf unsere Strassen fällt auf: Bunt geht die Autowelt garantiert nicht zugrunde.
Foto: Keystone
Kim Hüppin

Bei einem Blick auf unsere Strassen fällt auf: Bunt geht die Autowelt garantiert nicht zugrunde. Mit einem Anteil von 31 Prozent ist die beliebteste Autofarbe weltweit ein einfaches Weiss – dicht gefolgt von Schwarz und diversen Grautönen inklusive Silber. In der Schweiz sind lediglich zehn Prozent der Autos blau, weitere fünf Prozent rot (auch interessant: Das sagt dein Auto über deine Intelligenz aus).

Nichtsdestotrotz legten manche Automarken – sogar mit eigenen Farbentwicklungs-Abteilungen – schon immer hohen Wert auf prachtvolle Farblacke. So sind gewisse Farben, wie etwa Ferrari-Rot oder das British Racing Green englischer Marken, zu ikonischen Hausfarben geworden. Doch wie kam überhaupt Farbe in die automobile Welt?

Aller Anfang ist schwarz

Das erste Auto der Welt war pechschwarz – im wahrsten Sinne des Wortes. Bei der Farbe handelte es sich nämlich nicht um einen Autolack im heutigen Sinne, sondern um reines Schusterpech! Was eigentlich zum Haltbarmachen von vernähten Schuhfäden gedacht war, schmierte Autopionier Carl Benz (1844–1924) als Korrosionsschutz auf seinen 1886 fertiggestellten Patent-Motorwagen Nummer 1. Auch in den darauffolgenden Jahren gab es keinen Bedarf zu individuellen Lackierungen: Wer eine der ersten erhältlichen Motorkutschen besass, hob sich ohnehin von der Masse ab.

Schnell merkten Benz und andere Autoerfinder, dass das Schusterpech keine Dauerlösung sein kann: Kaum wetterfest, platzte es andauernd auf. Erst nach der Erfindung der Spritzpistole und mit Beginn der Auto-Massenproduktion Anfang des 20. Jahrhunderts wurden Farblacke allmählich haltbar und erschwinglicher. Rennwagen bekamen erstmals Farben, um sie besser unterscheiden zu können. Danach nahm die Farb-Revolution ihren Lauf.

Farbfernsehen und Hippiekultur

Nach Europas dunklen Jahren prägten ab Ende des Zweiten Weltkriegs mehr und mehr knallige und leuchtende Farben das Strassenbild, worauf auch das aufkommende Farbfernsehen grossen Einfluss hatte – plötzlich sausten bunte Autos über den Bildschirm. Die Hippie-Bewegung tat ihr übriges, um die grauen Asphaltflächen farbenfroher zu gestalten.

Doch so schnell bunte Autos auf den Strassen auftauchten, so schnell verschwanden sie auch wieder: Heute dominieren Farben wie Weiss, Anthrazit und Schwarz – obwohl wir aus einer fast unendlichen Anzahl unterschiedlichster Lacke aus dem gesamten Farbspektrum wählen könnten. Die Gründe sind simpel: Zum einen wollen die meisten Menschen auf der Strasse unerkannt bleiben und möglichst nicht mit einem bunten Auto auffallen. Zum anderen lassen sich weisse, graue oder schwarze Autos aus denselben Gründen auch besser weiterverkaufen.

Wie neue Autofarben entstehen

Neue Lackfarben wie Pythongelb oder Kyalamigrün entstehen nicht durch Zufall, wie Daniela Knapp, Farbdesignerin bei Audi Design, Colour & Trim, verrät. Ziel des Entwicklungsteams sei es jeweils, eine zur Form des Autos passende Farbe mit Wiedererkennungswert zu erschaffen: «Das Erste, was ich tue, wenn ich ein neues Farbmuster erhalte, ist, das Metall zu biegen. Ich muss erst einmal sehen, wie sich der Lack in unterschiedlichen Formen verhält.»

Ausserdem sei für die Wahl der Farbe auch das Fahrzeugsegment entscheidend: Sportwagen würden knalligere Farben vertragen, SUVs sollten eher dezente Töne haben und Familien-Vans würden farbloser gehalten. «Den Prozess im Detail zu beschreiben, ist schwierig. Ich muss die Form und den Typ des Autos sehen, um Farbe und Textur einschätzen zu können», erklärt Farbdesignerin Knapp. «Es ist wie bei uns: Nicht jede Farbe schmeichelt jedem Menschen – bei Autos verhält es sich ähnlich. Manche Farben wie Weiss, Grau und Schwarz gehören aber bei jedem Modell in die Palette.» Auch das ist wie bei uns: Wer hat schon kein schwarzes oder weisses T-Shirt im Schrank?

Knallig: Audi RS Q3 in Kyalamigrün.

Neue Lackfarben wie Pythongelb oder Kyalamigrün entstehen nicht durch Zufall, wie Daniela Knapp, Farbdesignerin bei Audi Design, Colour & Trim, verrät. Ziel des Entwicklungsteams sei es jeweils, eine zur Form des Autos passende Farbe mit Wiedererkennungswert zu erschaffen: «Das Erste, was ich tue, wenn ich ein neues Farbmuster erhalte, ist, das Metall zu biegen. Ich muss erst einmal sehen, wie sich der Lack in unterschiedlichen Formen verhält.»

Ausserdem sei für die Wahl der Farbe auch das Fahrzeugsegment entscheidend: Sportwagen würden knalligere Farben vertragen, SUVs sollten eher dezente Töne haben und Familien-Vans würden farbloser gehalten. «Den Prozess im Detail zu beschreiben, ist schwierig. Ich muss die Form und den Typ des Autos sehen, um Farbe und Textur einschätzen zu können», erklärt Farbdesignerin Knapp. «Es ist wie bei uns: Nicht jede Farbe schmeichelt jedem Menschen – bei Autos verhält es sich ähnlich. Manche Farben wie Weiss, Grau und Schwarz gehören aber bei jedem Modell in die Palette.» Auch das ist wie bei uns: Wer hat schon kein schwarzes oder weisses T-Shirt im Schrank?

Farbe per Knopfdruck

Trotzdem probieren es die Autohersteller immer wieder, mit neuen Farbkreationen aufzufallen (siehe Box). Erfolg haben sie damit selten: Bestes Beispiel dafür ist der Kleinwagen Polo, den VW 1994 als Sondermodell «Harlekin» in wilder Vier-Farb-Kombination auf den Markt brachte. Was ein Kultobjekt werden sollte, verkaufte sich letztlich nur gerade 3800-mal.

Erfolgversprechender scheint da der abgefahrene i Vision Dee, den BMW Anfang des Jahres an der Consumer Electronics Show CES in Las Vegas (USA) enthüllte: Das Concept Car wechselt auf Knopfdruck die Aussenfarbe und kann sogar Botschaften oder Symbole auf der Karosserie einspielen. Mit einem «Guten Morgen!» auf der Seite des knallgelben Autos zur Arbeit? Der i Vision Dee machts möglich. Ob das Konzept einst zur Lösung für buntere Strassen wird? Wünschenswert wäre es allemal.

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