Mit dem Land Rover Defender Octa in Südafrika
Hart am Kap

Der Defender Octa ist der grösste, stärkste und teuerste Land Rover aller Zeiten. Auf harten Schotterpisten und im Gelände in Südafrika beweist uns das 635-PS-Monster, was es draufhat und dass es kaum je an seine Grenzen stösst – wäre da nicht ein kleines Stück Holz.
Publiziert: 25.01.2025 um 06:09 Uhr
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Der neue Land Rover Defender Octa muss sich in einem ersten Härtetest in Südafrika beweisen.
Foto: David Shepherd

Auf einen Blick

  • Mit dem neuen Land Rover Defender Octa on- und offraod durch Südafrika
  • Beeindruckende Geländetauglichkeit auf Felsen, Sand und Schotter
  • 635 PS starker V8-Biturbo-Motor, 0–100 km/h in 4,0 Sekunden
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Raoul SchwinnenRedaktor Auto & Mobilität

Wir staunen nicht schlecht. Nach rund 250 Kilometer Fahrt über erst welligen Asphalt, dann immer häufiger staubige Schotterstrecken von Kapstadt Richtung Norden passieren wir nach dem Eselbank-Pass plötzlich die Ortstafel Wupperthal. Eine 1830 von deutschen Missionaren in einem Tal der Zederberge erbaute Kleinstadt mit heute rund 4000 Einwohnern. Wir entdecken in der kargen Natur mit viel Fels und hartem Bodengehölz Zebras und Springböcke – es soll hier sogar Bergleoparden geben.

Konzentriert klammern wir uns ans Steuer (natürlich rechts, in Südafrika gilt Linksverkehr) des Land Rover Defender Octa. Wir sind zwar nur noch wenige Kilometer vor unserem Tagesziel, einer kleinen Lodge mitten im Nirgendwo, entfernt. Doch deren Zufahrt hats in sich: Rock Crawling (Felskriechen) nennt sich die Technik, die wir nun anwenden müssen. Man könnte es aber auch als Felsklettern bezeichnen. Absolut beeindruckend, welche erst unüberwindbar scheinenden Felswände wir im 635 PS starken Octa meistern. Der auf dem 110er-Defender basierende Octa ist mit 6,8 Zentimeter mehr Spurweite nicht nur breiter als dieser, sondern verfügt auch über 2,8 Zentimeter mehr Bodenfreiheit (bis 32,3 cm) und grössere Böschungswinkel (40,2 Grad vorne, 42,8 Grad hinten) und könnte bis durch einen Meter hoch stehendes Wasser waten.

Kleine Ursache, grosse Wirkung

Wasserdurchfahrten gibts auf unserer Teststrecke keine. Dafür unzählige Felspartien – mit denen das modifizierte Fahrwerk mit längeren und härteren Querlenkern und aktiven Stossdämpfern mit separaten Druckspeichern scheinbar spielend fertig wird. Bereift ist unser Land Rover mit den offroadtauglichsten von drei für den Octa lieferbaren 20-Zoll-Reifentypen, ironischerweise mit der Bezeichnung Wrangler (Jeep), im Format 275/60. Diese so massiv wie drei normale Reifen ausgeführten Gummis erlauben zwar auf Asphalt «nur» 160 statt 250 km/h Höchstgeschwindigkeit. Vermitteln dafür auf unbefestigter Unterlage ein Gefühl von Unzerstörbarkeit.

Doch leider nur das Gefühl. Die Lodge bereits in Sichtweite, meldet das Cockpit-Display plötzlich abfallenden Reifendruck vorne links. Wir sind der rettenden Zivilisation zu nah, um nervös zu werden. Falscher Alarm oder tatsächlich Reifenschaden? Mit noch 2,0 statt ursprünglich 3,8 bar kommen wir schliesslich am Ziel an. Jetzt zeigt ein Augenschein, dass sich ein kleines, stiftgrosses Stück Hartholz in die Reifenflanke gebohrt und zum schleichenden Plattfuss geführt hat. Tja, gegen eine Flankenverletzung nützen selbst dreifach verstärkte Laufflächen nichts.

Der Octa ist überall zu Hause

Am nächsten Tag setzen wir unsere Fahrt nach dem Radwechsel fort. Anfänglich gehts wieder über steinige und sehr staubige Schotterpisten – bis es plötzlich heisst: rechts abbiegen. Ein Techniker des uns begleitenden Land-Rover-Tross reduziert den Druck an jedem unserer Reifen auf 2,0 bar. Jetzt soll sich der Octa also auch in den weiten Sanddünen Südafrikas beweisen. Natürlich fühlt sich der beste Defender aller Zeiten dank des leicht modifizierten 4,4-Liter-Mild-Hybrid-V8 mit Doppel-Turbo von BMW nach Umschalten des Fahrmodus von Gras/Schotter/Schnee auf Sand auch auf dieser losen Unterlage wohl – trotz seines stattlichen Gewichts von 2,6 Tonnen. Dank des enormen Drehmoments von 750 Nm, des beherzten Einsatzes des Gaspedals, des Verzichts auf die Bremse, aber flinken Lenkbewegungen buddelt sich unser Octa auf dem Dünenparcours nie ein. Zum Glück, schliesslich kennen wir das ungeschriebene Dünen-Gesetz: Wer sich festfährt, buddelt sich auch selber wieder aus.

Schnellcheck: Land Rover Defender Octa

Antrieb: 4,4-Liter-V8-MHEV-Twin-Turbobenziner, 635 PS (467 kW), 750 Nm, mit Launch Control 800 Nm, 8-Gang-Automatik mit Geländeuntersetzung, 4x4
Fahrleistungen: 0 bis 100 km/h in 4,0 s, Spitze 160 bis 250 km/h (je nach Bereifung)
Masse: L/B/H 5,00/2,11/2,00 m, Leergewicht 2585 kg, Zugkraft 3500 kg
Umwelt: Verbrauch WLTP-Werk/Test 13,5/16,1 l/100 km, 304/362 g/km CO₂, Energie G
Preis: ab 206'300 Franken

Raoul Schwinnen

Antrieb: 4,4-Liter-V8-MHEV-Twin-Turbobenziner, 635 PS (467 kW), 750 Nm, mit Launch Control 800 Nm, 8-Gang-Automatik mit Geländeuntersetzung, 4x4
Fahrleistungen: 0 bis 100 km/h in 4,0 s, Spitze 160 bis 250 km/h (je nach Bereifung)
Masse: L/B/H 5,00/2,11/2,00 m, Leergewicht 2585 kg, Zugkraft 3500 kg
Umwelt: Verbrauch WLTP-Werk/Test 13,5/16,1 l/100 km, 304/362 g/km CO₂, Energie G
Preis: ab 206'300 Franken

Diese Knochenarbeit bleibt uns erspart. Und nachdem wir die Dünen verlassen und den Reifendruck wieder auf 3,8 bar erhöht haben, fahren wir auf einigermassen gut ausgebauten Strassen – zuletzt gar Autobahnen – wieder südlich Richtung Kapstadt. Natürlich probieren wir noch kurz den Octa-Mode aus. Dann gehts mit geschärften Sinnen in nur vier Sekunden auf Tempo 100 – untermalt von einem dumpfen Bollern. Doch bald schalten wir wieder auf Comfort um und geniessen den Luxus der im Takt zur Musik massierenden Komfortsitze mit verstellbaren Seitenwangen und das auf dieser Stellung tatsächlich äusserst angenehm federnde Luftfahrwerk und der kaum hörbare Motorensound. Selbst der Rollkomfort der Hardcore-Offroadreifen überrascht bei Autobahntempo positiv. Und nachdem wir tags zuvor durch Wupperthal gefahren sind, passieren wir jetzt kurz vor Kapstadt kleine Nester mit klangvollen Namen wie Boston oder Philadelphia.

Grösser, stärker – und teurer

Ach ja: Unser Verbrauchsschnitt lag beim zweitägigen Abenteuer bei 16,1 Litern. Aber das dürfte die wenigsten Octa-Käufer kümmern. Genauso wenig wie der Preis ab 206’300 Franken oder der Umstand, dass sie wohl nie das ganze Potenzial des grössten, stärksten und besten Defenders aller Zeiten je voll ausschöpfen werden. Aber das ist bei einem Computer oder sonst einem elektronischen Gerät ja kaum anders. Allein das «Ich könnte, wenn ich wollte»-Gefühl ist doch beim Vorfahren zum VIP-Apéro in St. Moritz, Gstaad oder Ascona schon ein gutes.

Defender Octa an der Rallye Paris–Dakar

Ab 2026 wird beim legendären Rallye-Marathon Paris–Dakar, aber auch bei den fünf Läufen zur FIA World Rallye Raid Championship ein neues Reglement eingeführt. Dabei erfährt die Kategorie «Stock» für seriennahe Fahrzeuge eine deutliche Aufwertung. Deshalb will sich der Land Rover Defender Octa nächstes Jahr auch beim härtesten Rennen der Welt beweisen. Land Rover tritt 2026 bei der Dakar-Rallye mit drei Rennfahrzeugen und für die fünf WM-Läufe mit zwei Defender Octa im Renntrimm und mit Werksunterstützung an.

Ab 2026 wird beim legendären Rallye-Marathon Paris–Dakar, aber auch bei den fünf Läufen zur FIA World Rallye Raid Championship ein neues Reglement eingeführt. Dabei erfährt die Kategorie «Stock» für seriennahe Fahrzeuge eine deutliche Aufwertung. Deshalb will sich der Land Rover Defender Octa nächstes Jahr auch beim härtesten Rennen der Welt beweisen. Land Rover tritt 2026 bei der Dakar-Rallye mit drei Rennfahrzeugen und für die fünf WM-Läufe mit zwei Defender Octa im Renntrimm und mit Werksunterstützung an.

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