Der Diesel ist tot, lang lebe der Diesel: Durch den Abgasskandal ist der Selbstzünder so in Verruf geraten, dass die meisten europäischen Hersteller sich langsam von ihm trennen. Ausgerechnet eine Luxusmarke aus den traditionell Diesel-feindlichen USA hingegen will mit dem Diesel endlich in Europa durchstarten: Cadillac. Es ist der dritte Diesel-Anlauf der Amis.
Der erste Versuch erfolgte 1979. Damals bot Cadillac den Seville mit einem Dieselmotor von Oldsmobile an, der unter Zuverlässigkeitsproblemen litt und nur selten bestellt wurde. Es dauerte fast 30 Jahre bis zum zweiten Versuch, auch da stammte der Motor nicht von Cadillac. Als Schwestermodell des Saab 9-3 war die Limousine BLS ab 2006 vor allem für Europa entwickelt worden und mit einem Saab-Diesel erhältlich. Aber der BLS vermochte sich trotz Diesel nicht durchzusetzen. Bis Ende 2010 entstanden nur 7356 Stück.
Erste eigener Diesel
Bekanntlich sind aller guten Dinge drei. Der erste Kompakt-SUV von Cadillac startet diesen Oktober mit einem Diesel in der Schweiz, und dieses Mal haben ihn die Amis selber entwickelt. Resultat: der Zweiliter-Vierzylinder leistet 174 PS (128 kW) und hat ab 1500 Touren sein Drehmoment von 381 Nm. Das reicht, um den Allradler in 10,6 Sekunden auf Tempo 100 zu beschleunigen. Er schafft 200 km/h. Und er gönnt sich laut der WLTP-Norm 6,6 l/100 km.
Wieso steigt Cadillac gerade jetzt beim Diesel ein? Der Grund ist derselbe, aus dem die europäischen Dieselanbieter noch nicht ganz vom Thema Diesel lassen: schärfere Abgasnormen und CO2-Grenzwerte seit diesem Jahr. Der grössere Caddy-SUV XT5 ist in Europa nicht mehr erhältlich, weil dessen V6-Benziner die Norm Euro 6 nicht erfüllt. «Bis 2030 werden wir eine reine Elektromarke. Bis dahin setzen wir noch auf den Diesel», erklärt der Cadillac-Sprecher René Kreis: «Einen Plug-in-Hybrid wird es für den Moment nicht geben, weil wir keine Kompromisse machen wollen.» Eine klare Ansage.
Diesel läuft souverän
Der Diesel ist eine gute Wahl für den XT4. Souverän und mühelos bringt er den ab 1768 Kilo schweren SUV in Schwung. Auch über den Albispass hört er sich nie angestrengt an. Ja, er klingt etwas rau und könnte noch besser weggedämmt sein, aber er arbeitet tadellos und harmoniert gut mit der Neun-Gang-Automatik. Klar ist der XT4 kein Kurvenfeger. Dafür ein komfortabler Gleiter, der seine Qualitäten – wie komfortables Fahrwerk und bequeme Sitze – auf längeren Strecken ausspielt. Entsprechend ist seine Lenkung eher leichtgängig und wenig direkt. Aber das passt bestens zum Ami-SUV.
Nostalgischer Touch
Im Innern bietet der XT4 Luxus à la Cadillac. Die Verarbeitung ist tadellos, das Armaturenbrett mit Leder verkleidet. Allerdings ist der Touchscreen in der Mitte im Vergleich mit acht Zoll etwas klein. Gleiches gilt für die digitalen Instrumente, die – fast nostalgisch – von analogen Rundinstrumenten eingefasst sind. Dafür erlaubt ein Dreh-Drück-Schalter in der Mittelkonsole, das Infotainment während der Fahrt sicherer zu bedienen als über Touch, und ein Head-up-Display projiziert uns alle Informationen direkt ins Sichtfeld.
Obwohl der XT4 mit 4,59 Meter Länge 23 Zentimeter kürzer ist als der XT5, bietet er im Fond ebenso viel Platz. Vor allem ist die Kopffreiheit auf den Rücksitzen sehr gut für die Klasse. Die 23 Zentimeter weniger spürt man beim Ladevolumen, das mit 637 bis 1385 Liter aber mehr als ausreichend ist.
Der XT4 ist ab Samstag dieser Woche als Diesel mit Front- oder Allradantrieb in der Schweiz erhältlich. Ende Jahr folgt dann auch noch ein Allrad-Benziner mit 230 PS (169 kW) und 350 Nm. Die Preise starten ab 42'300 Franken.