Endlich tut sich wieder was bei Mini: Nach langer Durststrecke ohne Neuheiten wird jetzt gleich die ganze Modellpalette revolutioniert. Dabei setzt Mini künftig hauptsächlich auf drei Baureihen – das Kernmodell Cooper (wahlweise mit Verbrenner oder rein elektrisch), den neuen Aceman und den grossen Countryman als Topmodell.
Schon vor dem Einsteigen konstatieren wir: Der grösste Mini ist erneut gewachsen. Längs legt der Countryman um 13 Zentimeter auf stattliche 4,43 Meter zu. Dazu ist er um sechs Zentimeter auf 1,66 Meter in die Höhe geschossen. Wirklich mini ist an diesem Mini also nichts mehr. Beim Antrieb haben Kunden die Wahl zwischen dem ab 59’600 Franken erhältlichen Zweiliter-Benziner Countryman John Cooper Works JCW mit 300 PS oder reinem Elektroantrieb. Wohl viele dürften sich trendbewusst für die etwas günstigere Elektrovariante entscheiden, die es in zwei Versionen als Countryman E mit 204 PS (150 kW) ab 49’200 Franken und als Countryman SE All 4 mit 313 PS (230 kW) ab 52’800 Franken gibt.
Gleiche Technik wie der BMW iX2
Wir fahren das Elektro-Topmodell Countryman SE All 4, also jene Variante mit dem gleichen Antrieb wie im BMW iX2 xDrive30 (ab 62’100 Fr.) – je ein E-Motor an Vorder- und Hinterachse und dem maximalen Drehmoment von knapp 500 Nm. Das ist natürlich genug Leistung für jede Menge Fahrspass am Lenkrad. Dazu passt die straffe Abstimmung mit präziser Rückmeldung von der Strasse und die direkte Lenkung. Mit 5,6 Sekunden von 0 auf Tempo 100 braucht sich der Elektro-Sportler zudem auch vor dem nur 0,2 Sekunden schnelleren Top-Verbrenner JCW nicht zu verstecken.
Nur: Was wir bereits beim neuen BMW iX2 kritisiert haben, gilt auch für den technisch verwandten Countryman SE All4. Sein 66-kWh-Akkupaket reicht gemäss Mini für maximal 433 WLTP-Kilometer. Im Alltag und im Winter dürften es aber keine 350 Kilometer mehr sein – zu wenig für ein Fahrzeug dieser Grösse und Preisklasse, finden wir. Dazu kommt, dass der grösste Mini-Stromer mit 130 kWh auch beim Ladetempo nicht gerade brilliert.
Überfrachtetes Zentraldisplay
Innen zeigt sich der Maxi-Mini dagegen aufgeräumt und puristisch, wie man es von der Marke kennt. Die Sitze sind bequem, die längs um 13 Zentimeter verschiebbare Rückbank praktisch und das Platzangebot zumindest für vier Personen ordentlich. Neu sind die wertig wirkenden Textilelemente im Armaturenbrett und in den Türen. Doch übersichtliche Anzeigen hinter dem griffigen Lenkrad fehlen leider. Es gibt nur das zwar gestochen scharfe, aber ziemlich unübersichtliche und im typischen Mini-Retro-Stil gehaltene Zentraldisplay in der Mitte des Armaturenbretts. Der bratpfannengrosse Bildschirm ist mit Informationen komplett überfrachtet. Tempoanzeige, Drehzahl, Tankvolumen und Fahrprogramme sind ebenso in den verschiedenen Darstellungsmodi zu finden wie Sitzheizung, Klimatisierung oder Entertainment und Navi.
Mit dieser visuellen Ideenexplosion könnten wir uns vielleicht noch etwas besser anfreunden, wenn dabei nicht fast gänzlich auf die herkömmlichen Schalter und Knöpfe verzichtet worden wäre – oder es wenigstens ein vernünftiges Head-up-Display gäbe. Doch stattdessen fährt nur eine billig wirkende Plexischeibe mit einigen rudimentären Infos ins Blickfeld des Fahrers. Unter Premium und Lifestyle stellen wir uns da etwas anderes vor.
Doch Stefanie Wurst (55), Leiterin der Marke Mini, ist vom neuen vollelektrischen Countryman und auch vom sportlichen Benziner John Cooper Works angetan. Und Unrecht hat sie ja nicht, wenn sie sagt, dass «der neue Countryman der perfekte Begleiter für alle ist, die das Besondere suchen.» Und auch das nötige Kleingeld dazu haben.