Auf einen Blick
- Cadillac Lyriq: Elektro-SUV mit guter Reichweite und Verbrauch im Test
- Riesiger Innenraum, sanftes Fahrwerk, aber schwache Verarbeitung und langsames Laden
- 528 PS, 610 Nm Drehmoment, 5,3 Sekunden von 0 auf 100 km/h
Cadillac steht für grosse Hubräume und fette V8-Motoren? Nun, diese Zeiten sind vorbei – zumindest was den europäischen Markt betrifft. Hier will sich die US-Marke nämlich mit Elektroautos neu aufstellen. Den Anfang macht der seit 2023 erhältliche Lyriq, gefolgt dieses Jahr vom kompakteren Optiq und später von einem dritten Stromer namens Vistiq.
Konzentrieren wir uns für den Test aber mal auf den Lyriq. Der US-SUV schaut mit seinem nach hinten abfallenden, serienmässigen Panorama-Glasdach edel aus und verfügt über die Cadillac-typische Front mit nach unten gezogenen Scheinwerfern. Wir fahren die Ausstattungsvariante «Sport», die sich optisch nur minimal von der anderen Version «Luxury» unterscheidet. Technisch sind beide Varianten identisch.
Vor der Fahrt
Einmal Platz genommen am Lenkrad des 5,01 Meter langen Elektro-SUVs thronen wir hoch und auf wenig Seitenhalt bietenden Sitzen. Wir blicken auf ein 33 Zoll grosses Curved Display, ähnlich wie beim US-Rivalen Lucid Air. Das Betriebssystem wurde von General Motors (GM) selbst entwickelt, nutzt aber viele Google-Dienste wie beispielsweise Maps oder den Sprachassistenten. Typisch amerikanisch gibts viel Stauraum und Ablageflächen und dank 3,09 Meter langem Radstand reisen selbst die hinteren Passagiere mit enorm viel Beinfreiheit. Erstaunlich, trotz der abfallenden Dachlinie gibts auch hinten genügend Kopffreiheit. Das grosse Raumangebot setzt sich im Kofferraum (588 bis 1687 Liter) und einem separaten Fach unter dem Ladeboden fürs Ladekabel und weitere Kleinigkeiten fort.
Auf der Strasse
Zwei Elektromotoren, je einer pro Achse, sorgen im Elektro-Cadillac für Dynamik. Dank 528 PS (388 kW) und 610 Nm Drehmoment spurtet der Koloss zwar nicht ganz so spektakulär wie der kürzlich von uns getestete Audi RS E-Tron GT, aber trotzdem zackig: Von 0 auf 100 km/h benötigt der Lyriq lediglich 5,3 Sekunden. Dabei bügelt das Fahrwerk Unebenheiten auf der Strasse gekonnt aus und lässt die Insassen sanft über den Asphalt gleiten. Für richtig dynamische Kurvenfahrten ist das Fahrwerk des knapp 2,8 Tonnen schweren US-Stromers jedoch zu weich abgestimmt und es kommt zu unangenehmen Wankbewegungen. Die Lenkung ist zudem weder direkt noch besonders präzis – und so scheint der Lyriq eher für gelassenes amerikanisches Cruisen als für europäisches Kurvenkratzen prädestiniert. Überzeugen können dagegen die Bremsen, die bei Bedarf kräftig zupacken und sich angenehm dosieren lassen.
Das war gut
Nach unserer Testfahrt pendelte sich der Verbrauch bei 24,4 kWh/100 km ein. Nicht gerade wenig, aber nur 1,9 kWh über der Werksangabe – und das selbst bei winterlichen Temperaturen. Das sorgt auch dafür, dass wir mit einer Ladung rund 470 Kilometer (WLTP: 530 km) weit stromern konnten. Am Lenkrad gibts eine Schaltwippe, die für die Rekuperation zuständig ist und das Fahrzeug bis zum Stillstand rekuperieren lässt. Allerdings zickte diese Funktion während unseres Tests und statt zu rekuperieren, spukte das Fahrzeug Fehlermeldungen aus. Ein Problem, das man bei Cadillac jedoch kennt – deshalb ist auch bereits ein Software-Update versprochen. Trotzdem erfreuen wir uns an der Bedienung des flüssig und schnell agierenden Infotainmentsystems und an den separaten Knöpfen für die Klimaanlage. Jedoch finden wir die Unterteilung in den verschiedenen Menüs etwas kompliziert und es bedarf einer langen Eingewöhnung.
Antrieb 2 Elektromotoren, 528 PS (388 kW), 610 Nm, 1-Ganggetriebe, Allradantrieb, Akku 102 kWh netto, Laden AC/DC 22/190 kW, 10–80% k.A. von Hersteller, selbst ausprobiert in 40 min.
Fahrleistungen 0–100 km/h in 5,3 s, Spitze 210 km/h
Masse L/B/H 5,01/1,98/1,62 m, Leergewicht 2774 kg, Kofferraum 588–1687 l
Umwelt Verbrauch Werk/Test 22,5/24,4 kWh/100 km, 0 g/km CO₂, Reichweite WLTP/Test 530/470 km, Energieeffizienz D
Preis ab 83'200 Franken, Testwagen mit Optionen 88'150 Franken.
Antrieb 2 Elektromotoren, 528 PS (388 kW), 610 Nm, 1-Ganggetriebe, Allradantrieb, Akku 102 kWh netto, Laden AC/DC 22/190 kW, 10–80% k.A. von Hersteller, selbst ausprobiert in 40 min.
Fahrleistungen 0–100 km/h in 5,3 s, Spitze 210 km/h
Masse L/B/H 5,01/1,98/1,62 m, Leergewicht 2774 kg, Kofferraum 588–1687 l
Umwelt Verbrauch Werk/Test 22,5/24,4 kWh/100 km, 0 g/km CO₂, Reichweite WLTP/Test 530/470 km, Energieeffizienz D
Preis ab 83'200 Franken, Testwagen mit Optionen 88'150 Franken.
Das war weniger gut
Obwohl der mit Leder und Alu ausgestattete Innenraum hübsch ausschaut, wirken gewisse Stellen etwas billig verarbeitet. Während der Fahrt nehmen wir denn auch häufiger knarzende Geräusche wahr. Zudem sorgt der riesige Wendekreis von 12,1 Metern bei Rangiermanövern für viel Arbeit, da könnte eine Allradlenkung Abhilfe leisten. Und auch wenn Verbrauch und Reichweite stimmen, dauert der Selbstversuch vom Laden der 102-kWh-Batterie von 10 auf 80 Prozent mit rund 40 Minuten doch sehr lange für ein modernes Elektroauto. Möglicherweise liegt das aber daran, dass nur etwa 160 kW der möglichen 190 kW Ladeleistung erreicht wurden.
Das bleibt
Obwohl der Cadillac Lyriq einige Schwachstellen zeigt, punktet er bei Verbrauch und Reichweite. Zudem gefallen uns Komfortfeatures wie belüftete und beheizte Massagesitze, die in den Kopfstützen integrierten Lautsprecher oder Sitzvibration statt nervigem Piepsen als Warnsignal. Und auch das Raumangebot kann sich durchaus sehen lassen. All das gibts ab 83'200 Franken. Und zusätzliche Optionen figurieren nur noch wenige auf der Liste, sodass unser Testwagen für 88'500 Franken top ausgerüstet war. Aber ob der Lyriq Cadillac in Europa tatsächlich wieder zu alter Grösse führen wird, bleibt abzuwarten. Bisher konnten die Amerikaner in unserem Land erst 119 Stück des Stromers verkaufen.