Für den seit Jahren kriselnden Sportwagenbauer Lotus soll mit dem mächtigen chinesischen Geely-Konzern im Rücken der Neustart nun endlich klappen. Ein SUV soll die Marke fit für die Zukunft machen und damit folgt der Hersteller seinen Vorbildern Porsche, Ferrari, Aston Martin oder Lamborghini. Im Gegensatz zur Konkurrenz will Lotus keine Kunden halten, sondern neue dazugewinnen.
Der 5,10 Meter lange Lotus Eletre ist ein Hingucker. Und das nicht allein wegen der gefälligen Front, die zusammen mit dem verkleideten Unterboden und dem Heck einen Luftwiderstandswert von 0,26 ermöglicht. Alles, was fürs autonome Fahren an Hardware benötigt wird, ist bereits an Bord. Und was an Software noch fehlt, soll per Over-the-Air-Update nachgeliefert werden.
Aus der Spielewelt
Der Innenraum besteht aus Karbon- und Mikrofaser, die Sitze sind mit einem Wollmischmaterial bezogen. Die Lenkstockhebel fühlen sich nicht nur billig an; sie klingen bei der Bedienung auch so – bitter in diesem Preissegment. Aber das ausgeklügelte Infotainmentsystem lenkt die meisten Kunden von diesen Unzulänglichkeiten ab. Zwei leistungsstarke Gehirne, die eine aus der Spieleindustrie entliehene Unreal-Engine verwenden, speisen das sogenannte Hyper OS System. Der 15,1-Zoll-Bildschirm verwendet Grafiken, die sehr schnell und brillant sind – in Echtzeit und in 3D. Auch ein Beifahrer-Display ist mit an Bord.
Die schlechte Sicht nach hinten versucht der Eletre mit digitalen Rück- und Aussenspiegeln zu kompensieren. Auch hinten gehts digital weiter: Via 9-Zoll-Display in der Mittelarmlehne können Fondinsassen Sitzposition sowie Klima und Audio steuern. Das Platzangebot geht zu zweit in Ordnung, während es zu dritt eng wird. Der Laderaum gibt sich mit 611 bis 688 Liter jedoch grosszügig.
Eine Batterie – zwei Leistungsantriebe
Doch was wäre ein Power-SUV ohne entsprechende Leistungsdaten? Schon beim Blick ins Datenblatt sehen wir: Der Eletre trumpft gross auf. In der Basis- und S-Version leisten die E-Motoren 612 PS (450 kW) und 710 Nm, im Spitzenmodell R gar 905 PS (675 kW) und 985 Nm. Der getestete Eletre S saust damit trotz 2,5 Tonnen Leergewicht in nur 4,5 Sekunden auf Tempo 100 und erreicht eine Spitze von 258 km/h. Beim Eletre R sollen gar nur knapp drei Sekunden für den Paradesprint nötig sein (Spitze 260 km/h).
Für alle drei Versionen steht eine 112 kWh grosse Batterie zur Verfügung, die dank 350 kW DC-Ladeleistung in nur 20 Minuten auf 80 Prozent lädt. Rund 600 Kilometer weit sollen die Versionen Basis und S damit schaffen. Selbst der über 900 PS starke Lotus Eletre R soll noch 490 Kilometer weit stromern.
Fahrstabilität statt Komfort
Trotz Luftfederung und adaptiven Dämpfern setzt die Einzelradaufhängung eher auf Fahrstabilität als auf Komfort. Im Sportmodus werden Wankneigung und Eintauchen der Karosserie spürbar reduziert, ohne dass das Fahrzeug jedoch übermässig hart wird. Derweil sorgt die aktive Luftfederung für eine tempoabhängige Tieferlegung des Fahrzeugs, um den Luftwiderstand zu verringern und die Reichweite zu erhöhen.
Per Druck auf den Taster kann die Bodenfreiheit um 15 bis 25 Millimeter erhöht werden, um so die Geländegängigkeit zu verbessern – wobei sich der Offroad-Modus ab 40 km/h automatisch deaktiviert. Der Eletre ist der erste Lotus, der eine elektromechanische Servolenkung verwendet. Eine gute Entscheidung, gerade bei der S-Version, die ab Werk keine Hinterachslenkung verwendet. Der Elektro-SUV bietet in diesem Paket eine hervorragende Fahrzeugkontrolle und ein gutes Fahrgefühl.
Preislich im Premiumsegment
Der elektrische 4x4 trägt dazu bei, den Grip zu erhöhen, wobei das Drehmoment im Verhältnis 50:50 auf die Achsen verteilt wird, aber je nach Tempo, Strassenbedingungen und Bodenhaftung auch bis zu 100 Prozent auf eine der beiden Achsen wandern kann. Eletre-Kunden in Europa profitieren von einer Fahrzeuggarantie von fünf Jahren oder 150'000 Kilometern und einer Batteriegarantie von acht Jahren oder 200'000 Kilometern. Der Einstiegspreis liegt bei 116’090 Franken und reicht bis zu 180’890 Franken fürs Spitzenmodell R.