Wenn das Gehirn überfordert ist
Was hilft gegen Reiseübelkeit im Auto?

Besonders Eltern kennen das Problem, wenn es plötzlich im Auto vom Rücksitz heisst: Bitte anhalten, mir ist schlecht! Warum wird vor allem Kindern beim Autofahren häufig schlecht und was kann man dagegen tun? Blick hilft!
Publiziert: 22.07.2022 um 11:16 Uhr
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Jetzt verreisen wieder viele Familien mit dem Auto in die Ferien.
Foto: Shutterstock
Raoul Schwinnen

Es kommt besonders bei längeren Autofahrten in die Ferien oft ganz unvermittelt und heftig: Reiseübelkeit ist keine Krankheit, auch wenn man gerne von Reisekrankheit spricht, sondern viel mehr eine Überreizung des Gehirns, das von einigen Widersprüchen überfordert wird.

Reiseübelkeit tritt bei Fahrten im Auto, in Bussen oder in der Bahn auf – und hängt nicht immer mit einem besonders wilden Fahrstil zusammen. Betroffen sind gemäss Statistiken vor allem Kinder bis zur Pubertät – und Frauen häufiger als Männer. Aber nie der Fahrer selbst. Grund: Er hat seinen Blick stets auf die Strasse oder die Schienen gerichtet und nimmt jede Kurve vorab mit den Augen wahr. Das Gehirn weiss folglich, dass der Körper gleich in die Kurve gedrückt wird und kann diesen Bewegungsreiz richtig einordnen.

Unterschiedliche Sinneswahrnehmungen

Das Unwohlsein ist dagegen die Folge unterschiedlicher Sinneswahrnehmungen, die an das Gehirn gemeldet werden, in diesem Moment vom Gehirn aber nicht richtig eingeordnet werden können. So meldet zum Beispiel der Sehsinn schnelle Bilder, die am Fenster während der Fahrt vorbeirauschen. Der Gleichgewichtssinn nimmt gleichzeitig Ruckeln, Kurven, Beschleunigung und Bremsen wahr – also Bewegungen in unterschiedliche Richtungen. Der Bewegungsapparat dagegen meldet: Ruhe und Stillsitzen.

Derart unterschiedliche Signale aus der Peripherie überfordert so manches Hirn oder vermittelt ihm eine Gefahrensituation – deshalb reagiert unser Körper mit Vorsicht. Er geht in Alarmbereitschaft. Als Folge bekommen wir einen flauen Magen, eventuell kommt Schwindel dazu und nicht selten muss man sich übergeben. Stoppt das Fahrzeug oder wir sind am Ziel angekommen, verfliegt die Übelkeit meist schnell wieder. Logisch: Die Sinneseindrücke stimmen nun wieder zusammen.

Es gibt viele Geheimtipps

Ist man anfällig für Reiseübelkeit, empfiehlt es sich im Auto entweder selbst zu fahren oder auf dem Beifahrersitz Platz zu nehmen und nach vorne zu schauen. Im Zug oder im Tram kann es helfen, statt rückwärts zur Fahrtrichtung vorwärts zu fahren und versuchen, dem Schienenstrang entlang zu blicken.

Es gibt viele weitere «Geheimtipps», die wenigsten sind aber wissenschaftlich untersucht und helfen bei jedem zuverlässig. Wer richtig geplagt ist, kann sich vom Arzt Medikamente gegen Reiseübelkeit verschreiben lassen oder es mit den in Apotheken erhältlichen Akkupressurbändchen versuchen. Helfen kann im Auto aber auch, das Fenster einen Spalt zu öffnen, damit frische Luft hereinströmt – oder den Fahrstil etwas zu mässigen oder eine Pause einzulegen.

Nicht empfehlenswert ist, sich mit Lesen, dem Handy oder einer Spielkonsole abzulenken. Dies verstärkt die unstimmigen Eindrücke im Gehirn zusätzlich. In solchen Fällen besser: Die Kinder auf der Rückbank mit Ratespielen oder Hörbüchern ablenken. Generell empfiehlt sich zum Vorbeugen, die Reise nicht mit vollem Magen anzutreten – und wie im Flugzeug auch im Auto immer eine Tüte für den Fall der Fälle mitzuführen.

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