TCS-Ratgeber
Raffinerien abstellen, um Strom zu sparen?

Experte Martin Bolliger vom TCS, mit 1,6 Millionen Mitglieder der grösste Mobilitätsclub der Schweiz, ist auf die Themen Elektromobilität und Energie spezialisiert.
Publiziert: 01.01.2024 um 11:16 Uhr
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Blick-Leser Thomas Döbeli fragt, ob man, um Strom zu sparen und E-Autos zu betreiben, ...
Foto: Zvg
Martin Bolliger

Wie viel Energie brauchts, um einen Liter Treibstoff zu produzieren? Und könnte man nicht Strom sparen und E-Autos betreiben, indem man zum Beispiel die Raffinerien stilllegt?
Thomas Döbeli, Boniswil AG 

In einem Liter Treibstoff stecken rund 9 kWh Energie, die beim Verbrennen wieder frei werden. Weil Treibstoff aber nicht in der Tankstelle entsteht, lohnt sich ein Blick auf die Transport- und Verarbeitungskette dahinter. Bereits bevor Benzin und Diesel aus der Zapfsäule sprudeln, wird Energie aufgewendet – etwa, um das Bohrloch zu erstellen, das Öl durch die Pipelines zu pumpen, über Ozeane zu transportieren und in den Raffinerien zu Benzin, Diesel und Kerosin zu verarbeiten.

30 bis 35 Prozent Primärenergiefaktor

Für die Herstellung von Benzin und Diesel beträgt der «Primärenergiefaktor» 30 bis 35 Prozent: Pro Liter Treibstoff wird zusätzlich die Energie von rund drei Dezilitern Öl für die Produktion verwendet, zum grössten Teil für die Förderung und die Raffinierung.

Dass ein Elektroauto mit dieser Energie rund 15 Kilometer weit fahren könnte, stimmt zwar, ist aber nicht 1:1 umsetzbar. Denn der grösste Teil der aufgewendeten Energie wird als Eigenverbrauch aus Erdölprodukten mittels Wärme-Kraft-Kopplungsanlagen oder Dieselgeneratoren bereitgestellt.

In europäischen Raffinerien betrug 2010 der vom Netz bezogene Strom etwa sieben Prozent des Primärenergieverbrauchs. Die übrigen 93 Prozent stünden auch ohne Raffinerie nicht der Elektromobilität zur Verfügung.

Die Energie für die Verarbeitung und den Transport von Treibstoffen braucht also nicht viel Strom vom Netz, produziert dafür aber einen hohen CO2-Ausstoss. Dieser addiert rund 20 Prozent zum CO2-Ausstoss der Verbrennung des Treibstoffs. Deshalb hat Benzin bereits an der Tankstelle einen Klimagasausstoss, der grösser ist als jener für den gesamten Betrieb eines Elektroautos.

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Dann richte diese an: Redaktion Blick, Stichwort AutoBlick, Postfach, 8099 Zürich, oder auf www.tcs.ch/experte. Unsere Experten helfen dir gern.

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Übrigens: Mit unserem Online-Klimabilanzrechner kannst du den CO2-Ausstoss und Primärenergiebedarf für beliebige Autos vergleichen.

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