Langes Warten auf E-Vignette
Immer noch kleben statt klicken

Vom Vorreiter zum Nachzügler. Hatte die Schweiz mit der Autobahnvignette noch zu den Wegbereitern des Konzepts gehört, hinkt sie bei der digitalen Umsetzung Jahre hinterher.
Publiziert: 30.11.2022 um 12:34 Uhr
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Aktualisiert: 02.12.2022 um 11:52 Uhr
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Denn: Die meisten Schweizer Autofahrerinnen müssen auch 2023 eine Vignette an ihre Windschutzscheibe kleben.
Foto: BAZG
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Martin A. BartholdiRedaktor Auto & Mobilität

Die Autobahnvignette von der Windschutzscheibe zu lösen, ist jedes Jahr eine Sisyphus-Arbeit. Immer wieder zerreisst die Vignette beim Ablösen. Die kleinen Schnipsel kleben an unseren Händen und auf dem ganzen Armaturenbrett.

Genauso kompliziert scheint in der Schweiz die Einführung einer digitalen E-Vignette. Jedes Mal, wenn wir denken, dieses Jahr komme sie, wird sie wieder ein Jahr hinausgeschoben. Das zuständige Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) scheint an der Klebevignette zu kleben.

Noch ein Jahr warten

Auch dieses Jahr müssen wir wieder kleben statt klicken. Hiess es letztes Jahr noch, dass die E-Vignette voraussichtlich dieses Jahr komme, ist das nun nur zur Hälfte korrekt. Wer täglich die Autobahn nutzt, muss auch für 2023 wieder kleben. Denn die digitale Autobahnmaut wird erst im Laufe des Jahres eingeführt. Das heisst, die meisten Schweizer Autofahrer werden mit grosser Wahrscheinlichkeit erst für 2024 eine E-Vignette kaufen.

Die ersten Nutzer dürften also ausländische Touristen auf der Durchreise gegen Süden sein. Auch Besitzerinnen von Motorrädern, Anhängern oder Oldtimern könnten schon von der E-Vignette profitieren – vorausgesetzt, sie wird zum Saisonstart im Frühling eingeführt. Der definitive Zeitpunkt steht allerdings noch nicht fest. Diesen legt der Bundesrat erst im ersten Quartal 2023 fest.

Vignette 2023 – die Fakten

Preis: 40 Franken.
Erhältlich bei: Tankstellen, Garagen, TCS, Post, Zoll- oder Strassenverkehrsämter.
Pflicht: Für Motorfahrzeuge und Anhänger bis 3,5 Tonnen Gesamtgewicht auf Autobahnen, aber auch Nationalstrassen 2. Ordnung (z.B. die 2-spurige A4 Winterthur–Schaffhausen).
Gültigkeit: 1.12.2022 bis 31.1.2024. Die alte Vignette 2022 gilt noch bis 31.1.2023.
Platzierung: Bei Motorfahrzeugen fix (keine Klebestreifen o.Ä.) und nur innen an der Frontscheibe am linken Rand (fahrerseitig) oder oben beim Innenspiegel. Bei Anhängern und Töffs nur an einem nicht auswechselbaren, gut zugänglichen Bauteil.
Busse: 200 Franken plus Kauf der Vignette (40 Franken).

Preis: 40 Franken.
Erhältlich bei: Tankstellen, Garagen, TCS, Post, Zoll- oder Strassenverkehrsämter.
Pflicht: Für Motorfahrzeuge und Anhänger bis 3,5 Tonnen Gesamtgewicht auf Autobahnen, aber auch Nationalstrassen 2. Ordnung (z.B. die 2-spurige A4 Winterthur–Schaffhausen).
Gültigkeit: 1.12.2022 bis 31.1.2024. Die alte Vignette 2022 gilt noch bis 31.1.2023.
Platzierung: Bei Motorfahrzeugen fix (keine Klebestreifen o.Ä.) und nur innen an der Frontscheibe am linken Rand (fahrerseitig) oder oben beim Innenspiegel. Bei Anhängern und Töffs nur an einem nicht auswechselbaren, gut zugänglichen Bauteil.
Busse: 200 Franken plus Kauf der Vignette (40 Franken).

Fehler ausmerzen

Die E-Vignette unter dem Jahr einzuführen, habe Vorteile, erklärt das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit auf Anfrage von Blick: «Wir starten mit einer mässigen Belastung des Erhebungssystems, sammeln Erfahrungen und können bei Bedarf noch vor dem Peak des Vignettenverkaufs Ende Jahr Optimierungen am Erhebungssystem vornehmen.» Auch allfällige Probleme der Online-Plattform könnten so frühzeitig erkannt und vor dem grosse Ansturm Ende Jahr behoben werden, schreibt das Bundesamt weiter.

Schweiz hinkt hinterher

Hatte die Schweiz noch als erstes Land die Autobahnvignette eingeführt, steigt sie nun als letztes Land auf die digitale E-Vignette um. Hier war Ungarn Vorreiter und führt 2008 als erstes Vignettenland Europas eine digitale Alternative ein. Es folgten Rumänien (2010), Slowakei (2016), Österreich (2017), Bulgarien (2019), Tschechien (2021) und dieses Jahr Slowenien. Österreich ist das einzige weitere Land neben der Schweiz, das neben der digitalen Lösung auch weiterhin eine Klebevignette anbietet. Das Schweizer Pickerl gibts allerdings nur noch im Inland. Im Ausland will der Bund nur noch die digitale Lösung anbieten, um Kosten für das notwendige Vertriebsnetz einzusparen.

Dass die Schweiz erst so spät auf die E-Vignette umsteigt, begründet das BAZG mit dem politischen Prozess. Das Parlament brachte 2016 mit einem Vorstoss eine digitale Lösung ins Gespräch. Die notwendigen Gesetzesänderungen hiessen National- und Ständerat dann 2020 gut. Der Bundesrat erwartet, dass die Betriebskosten des Vignettensystems damit von 48 auf 35 Millionen Franken sinken. Dies, obwohl für die Kontrolle auf den Schweizer Autobahnen 50 Kameraanlagen installiert werden und die Bilder von Vignettensündern geprüft werden müssen.

So funktioniert die E-Vignette

Von der neuen E-Vignette profitieren vor allem Besitzer eines Wechselkennzeichens. Sie müssen nicht mehr für jedes hinterlegte Fahrzeug eine Klebevignette kaufen, da die digitale Maut an die Autonummer gekoppelt ist. Davon profitieren beispielsweise Camper oder Oldtimer. Auch beim Ersatz der Windschutzscheibe oder dem Kauf eines neuen Autos brauchts keine neue Vignette. Ganz zu schweigen davon, dass die alljährliche Fummelei beim Ablösen wegfällt.

Unverändert bleiben Preis und Gültigkeit. Die Vignette kostet weiterhin 40 Franken und erlaubt für 14 Monate (1. Dezember des Vor- bis 31. Januar Folgejahres) die Nutzung der Schweizer Nationalstrassen. Eine temporäre Vignette ist nicht angedacht. Da sie zu weniger Einnahmen führen würde, müsste in der Folge der Preis für die Jahres-Vignette erhöht werden. Dem müssten Bundesrat und Parlament sowie allenfalls das Volk erst zustimmen.

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