275 Kilometer pro Stunde – im Rückwärtsgang
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Rekord mit Elektro-Sportwagen:275 Kilometer pro Stunde – im Rückwärtsgang

Hunderte Franken Busse drohen
Rückwärts ist fast immer verboten

Es ist die wohl unbekannteste Verkehrsregel: Bereits seit 2016 ist in der Schweiz Rückwärtsfahren «über längere Strecken» verboten. Aber was heisst das eigentlich?
Publiziert: 04.01.2024 um 06:30 Uhr
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Aktualisiert: 04.01.2024 um 06:49 Uhr
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Rückwärtsfahren über längere Strecken ist seit 2016 tabu, wenn man stattdessen wenden oder weiterfahren könnte.
Foto: Timothy Pfannkuchen
Timothy Pfannkuchen

Manche Verkehrsregel ist erstaunlich vielen Lenkenden unbekannt. Die Blinkpflicht auf einer abbiegenden Hauptstrasse etwa. Oder das 2016 eingeführte weitgehende Verbot des Rückwärtsfahrens. Es kam, weil Rückwärtsfahren überdurchschnittlich oft zu tödlichen Unfällen führt.

Wer gegen das Rückwärtsverbot verstösst, wird verzeigt. Das kostet mit Gebühren mindestens einige hundert Franken. Beispiel: Im Kanton St. Gallen beträgt der Bussen-Richtwert 200 Franken, wohlgemerkt noch ohne hohe Gebühren und Verschärfendes wie Behinderung. Meist ist es mehr.

Hier flitzt der Lieferwagen rückwärts über Pannenstreifen
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Video aus 2022:Französischer Lieferwagen fährt rückwärts auf Pannenstreifen

Wann darf man rückwärts?

Wann darf man retour? «Über längere Strecken ist das Rückwärtsfahren nur zulässig, wenn das Weiterfahren oder Wenden nicht möglich ist», sagt die Verkehrsregelnverordnung (VRV). Etwa in einer engen Sackgasse oder auf einer schmalen Bergstrasse: Hier darf man legal so weit zurückfahren, bis man wenden oder Platz zum Ausweichen schaffen kann. Und erlaubt ist Rückwärtsfahren selbstredend weiter zum Parkieren und zum Rangieren.

Der Knackpunkt der Regelung liegt aber im quasi freiwilligen Retourfahren – also wenn es anders ginge und man es trotzdem tut: «Längere Strecken» sind laut VRV ohne zwingenden Grund verboten. Also sind kurze Strecken erlaubt. Nur: Was heisst das? Sind fünf oder zehn Meter kurz oder weit?

Nur wenige Meter erlaubt

Ehe die Rechtsprechung dies vielleicht irgendwann präzisiert, gilt wie so oft im Verkehr: Es kommt darauf an. Gefährlich ist Rückwärtsfahren vom ersten Meter an, also zählt weniger die Entfernung als die Situation. Faustregeln in Metern (so war 2016 teils mit unklarer Quelle in Medien mal von «20 Meter» zu lesen) sind mit Vorsicht zu geniessen. Der Erläuterungstext zur Verordnung sprach 2016 von erlaubten «ganz kurzen Strecken», also eher einer einstelligen Meterzahl.

Was tun in der Praxis? Im Kopf behalten: Möglichst wenig rückwärts ist das Ziel. Also nur retour, wenn es nicht anders geht oder völlig problemlos und nur kurz ist. Wer auf einer leeren Quartierstrasse eineinhalb Wagenlängen zurücksetzt, ist kaum im roten Bereich. Wer auf einer belebten Landstrasse mal eben 30 Meter rückwärtszufahren versucht, wagt wohl zu viel – dies erst recht, wenn nur wenig weiter eine Wendemöglichkeit gewesen wäre.

Weitere Retour-Regeln

Übrigens gibt es für Rückwärtsfahrten noch weitere Regeln. Wer rückwärts fährt, hat nie Vortritt und darf nie behindern oder gefährden. Achtung: Nur Schritttempo (max. 5 km/h) fahren ist erlaubt – was oft für eine Empfehlung gehalten wird, aber Pflicht ist und bei Verstoss richtig teuer verzeigt wird. Lenkende müssen beim Manövrieren keinen Gurt tragen (aber Mitfahrer!).

Ganz verboten ist Rückwärtsfahren auf Bahnübergängen, Autobahnen oder auf viel befahrenen Kreuzungen. Sieht man beispielsweise wegen Gepäck im Auto wenig, muss uns jemand einweisen. Und ergäbe es sich, dass man eine lange Strecke rückwärts fahren muss, ist der in der Fahrschule dabei bis heute gelehrte Seitenwechsel (also mit dem Gegenverkehr zu fahren) an sich kein Fehler – aber ist so viel Platz, sollte man in der Praxis lieber wenden.

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