Stau! Er nervt, tritt meist dann auf, wenn wir am wenigsten Zeit haben, und ist schädlich für die Umwelt und die Wirtschaft. Besonders Grossstädte kämpfen gegen zu viel stehenden Verkehr. Doch wie kann man das Problem lösen? Nimmt man Schweizer Städte als Massstab, könnte man zum Schluss kommen, es gäbe kein Rezept. Doch das stimmt nicht. Die International Drivers Association zeigt in ihrer neuesten Forschungsstudie, wie zehn Grossstädte durch geschickte Verknüpfung von Technologie und Politik neue Massstäbe in der urbanen Mobilität setzen und die Staustunden und -häufigkeit massiv senken konnten. Leider kommt in diesen zehn Erfolgsgeschichten keine Schweizer Stadt vor.
Amsterdam
In der holländischen Metropole und Velostadt Amsterdam wurden neben intelligenten Ampeln und bedarfsorientierten Parkgebühren auch Apps mit Echtzeit-Informationen zur aktuellen Verkehrslage eingeführt. All diese Massnahmen haben in Amsterdam die gesamte Stauhäufigkeit um 40 Prozent reduziert.
Singapur
Singapur verfolgt einen technologiebasierten Ansatz, in dessen Zentrum das Electronic-Road-Pricing-System steht. Dieses System passt die fälligen Mautgebühren der aktuellen Verkehrslage an. In Kombination mit einem Echtzeit-Verkehrsmanagementsystem hat die asiatische Grossstadt ihre Verkehrsstaus um bis zu 70 Prozent verringert.
Stockholm
Die Hauptstadt Schwedens hat mittels Staugebühren und dem Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel den individuellen Fahrzeugverkehr im Zentrum der Stadt um 60 Prozent reduziert. Diese Anpassungen resultieren in einer 30 prozentigen Gesamtreduktion von Staus und halfen, den Verkehrsfluss zu fördern.
London
In London erreichten die Behörden mittels Staugebühren, einem verbesserten öffentlichen Verkehr und dem Ausbau von Fuss- und Radwegen eine Stau-Reduktion von 55 Prozent im Zentrum und 25 Prozent im gesamten Stadtgebiet.
Barcelona
Spaniens Grossstadt setzt auf einen Mobilitätsplan, der sich auf den öffentlichen Verkehr, Fahrradfahrer und Fussgänger konzentriert. Dieser half der Stadt, den Verkehrsstau in den städtischen Gebieten um 50 Prozent zu reduzieren.
Oslo
Oslos Strategie, Fahrradparkplätze und kleinere Parkflächen zu entfernen, verbunden mit Mautgebühren und Investitionen in den öffentlichen Verkehr, resultierte in einer 70 prozentige Verringerung des Verkehrsstaus im Stadtzentrum und einer 35 prozentigen Reduktion im gesamten Stadtgebiet.
Kopenhagen
Durch umfangreiche Investitionen in die Fahrradinfrastruktur gelang es Kopenhagen, den Auto-Verkehrsstau um 45 Prozent zu verringern. Besonders in den Innenstädten, wo beinahe die Hälfte der Bevölkerung mit dem Fahrrad pendelt, zeigen sich die positiven Auswirkungen.
New York
New York erzielte eine 40-prozentige Verringerung des Verkehrsstaus, indem Fahrspuren für Fahrzeuge mit hoher Belegung eingeführt und Gebühren für Stosszeiten implementiert wurden. Dies zeigt sich insbesondere im Stadtteil Manhattan und bedeutenden Zugangspunkten.
Paris
Dank der Initiative «Paris Breathes», die ihren Fokus auf öffentlichen Verkehr und eingeschränkten Fahrzeugzugang legt, gelang es Paris, den Verkehrsstau in zentralen Gebieten um 50 Prozent und in der gesamten Stadt um 20 Prozent zu reduzieren.
Wien
Wien hat mit einem effizienten öffentlichen Verkehrssystem und Grünflächen die Automobilnutzung niedrig gehalten. Das reduzierte den gesamten Verkehrsstau in der Stadt um 30 Prozent.
Zürich und Genf schneiden schlecht ab
Die zehn oben aufgeführten Städte zeigen mit ihren Zahlen, wie der Einsatz neuer Technologien zusammen mit innovativen politischen Entscheidungen zur Lösung vieler Stauprobleme beitragen können. Schweizer Grossstädte sind in der Studie der International Drivers Association nicht erwähnt. Und das hat leider seinen Grund. In Schweizer Städten herrschen weiterhin akute Stauprobleme. So nimmt die Stauzeit in Zürich zu statt ab. Der Traffic-Index von Navihersteller Tomtom zeigt dies besonders deutlich auf: Er analysiert Daten von über 600 Millionen Auto-Navis und Mobiltelefonen. Und im europaweiten Vergleich schneiden die Schweizer Grossstädte Genf und Zürich schlecht ab. Zürich liegt auf Platz 14 der europäischen Städte mit den meisten Verkehrsstaus, Genf noch weiter vorne auf Platz 11.
Doch auch weltweit spielt die Schweiz bei den staugeplagtesten Städten vorne mit. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Stauzeit in Zürich am meisten verschlechtert und somit führt die Zwinglistadt die Tabelle in dieser unrühmlichen Statistik an. In der Regel braucht man in Zürich für zehn Kilometer Weg eine Fahrtzeit von 23 Minuten und 30 Sekunden. Das sind fast zwei Minuten mehr als noch im Jahr zuvor. Aufs Jahr gerechnet würde dies bedeuten, dass man auf Zürichs Strassen während der Rushhour über 88 Stunden im Stau verliert. Bleibt die Hoffnung, dass diese Zahlen auch in der Schweiz zu einem Umdenken anregen, damit künftig auch Schweizer Städte mit einer Reduktion von Staustunden in der Studie von International Drivers Association Aufnahme finden.