Jetzt hat es also doch auch Tesla getroffen: Im zweiten Quartal des Jahres stagnierte der Absatz des US-Elektropioniers – denn von April bis Juni gab es wegen Corona im chinesischen Shanghai Werksschliessungen. Umso besser sind umgekehrt die Nachrichten für Tesla am Schweizer Markt.
Model 3 und Model Y grüssen nun von den Plätzen 1 und 2 der Schweizer Neuwagen-Charts. Ein Prestigeerfolg für die reine Elektromarke, die einst bei der Lancierung des ersten Modells 2008 von den Etablierten nur belächelt wurde. Schon letztes Jahr konnten die Amerikaner ein erstes Ausrufezeichen setzen: Das Model 3 war 2021 das meistverkaufte Automodell der Schweiz.
Ein Schiff macht den Unterschied
Die Doppelführung überrascht dennoch, denn die beiden Stromer 3 und Y sind quasi aus dem Nichts an die Spitze gestürmt (siehe Grafik). Anfang 2022 belegte das Model 3 mit acht eingelösten Stück im Januar noch Rang 222, das Model Y lag mit neun auf Platz 216. Im März machte Tesla dann einen grossen Sprung, und die beiden Elektriker landeten auf Platz 3 und 4 der Modell-Hitliste.
Wie das? Die meisten Teslas kommen per Schiff aus den USA. Im Dezember legte eins an und bescherte dem Model 3 den Jahressieg 2021. Dann kam eine Durststrecke. Mit dem nächsten Schiff im März machten die Zahlen der Tesla-Bestseller wieder einen Sprung auf rund 1000. Im April und Mai war mit acht und zwei Immatrikulationen wieder wenig los. Dann kam der Juni-Frachter: 2201 Model 3. Das Model Y nahm weniger sprunghaft zu, kam dafür im Mai auf 300 Stück – weil ein Teil neu aus der Tesla-Fabrik Grünheide bei Berlin (D) ist.
Schubweise Lieferung in Europa
Dieses «Schiffs-Phänomen» ist nicht neu. Vor allem bei japanischen Marken und deren in Japan gebauten Modellen (z.B. bei Mazda alle Modelle) kommt das auch vor. Doch dieses Jahr steigen und sinken wegen der Teilemangel-Engpässe, Werksschliessungen durch den Krieg in der Ukraine oder eben die Pandemie auch bei in Europa produzierten die Zahlen sprunghaft. Das sorgt für einen unüblich regen Wechsel unter den Top 10 der Bestseller: 17 Modelle fanden sich in den ersten sechs Monaten mindestens einmal in den Top 10.
Einen der grössten Sprünge neben den Teslas legte der Dacia Sandero hin: im Juni über 500 Stück, also ein Drittel aller 2022 verkauften Sandero. Wie ein Jo-Jo pendelt der Rumäne in der Statistik: Januar Rang 6, Februar Rang 17, Mai 20. Und nun im Juni der 9. Platz. Damit liegt er im Moment noch vor dem langjährigen Schweizer Liebling VW Golf und verhilft Dacia auch unter den meistverkauften Marken auf Platz 9 – ein absoluter Bestwert für die Marke.
Auf und Ab an der Spitze
An Boden verlieren dagegen beispielsweise der VW Tiguan und der Peugeot 208. Bis im Mai Top 5, im Juni am Ende der Top 10. Den gröbsten Absturz aus den Top 10 erlebte aber der elektrische Audi Q4 E-Tron. Lagen die Zulassungen im Januar noch auf Rang 3, fiel er bis im Juni bis auf den 39. Platz zurück.
Dafür konnte das Verbrenner-Pendant Audi Q3 nach einem durchwachsenen Start fast aufs Podest springen: Im Januar und im Februar lag der Kompakt-SUV noch auf den Rängen 15/14. Dann steigerte er sich stetig und liegt jetzt auf Rang 4. Bevor das Tesla-Schiff kam, war es sogar Rang 2. BMWs X3 wurde zum Schatten des Q3 und ist fast immer einen Rang dahinter zu finden.
Der souveräne Tscheche
Es gibt aber noch eine Konstante: den langjährigen Hitlisten-Dominator Skoda Octavia. Der März war mit rund 200 Immatrikulationen eher schwach, der VW Tiguan überholte. Aber sonst blieb der Octavia bis zum Tesla-Schiff im Juni an der Spitze. Sollte die Produktion bei ihm und dem Model Y konstant bleiben, könnten sich die beiden weiter ein Kopf-an-Kopf-Rennen bieten – und könnte alle drei Monate das Model 3 dazwischengrätschen, wenn ein Schiff ankommt.
Eine gewisse Fluktuation war schon immer normal. Auch bereits vor der Liefer-Krise – wegen des Verhaltens der Käuferinnen und Käufer. Einige bestellen nicht, sondern nehmen, was gerade beim Händler steht. Man darf gespannt sein, denn die Top 10 der Jahresbestseller sind längst nicht in Stein gemeisselt.