Die Autowelt erlebt derzeit eine elektrische Revolution. Während der Gesamtmarkt im letzten Jahr weltweit nur um 3 Prozent auf 68 Millionen verkaufter Neuwagen stieg, legten die E-Autoverkäufe im gleichen Zeitraum um 108 Prozent zu. McKinsey-Analyst Patrick Schaufuss sieht in dieser Entwicklung auch einen Indikator dafür, dass die Autohersteller in Zeiten angespannter Lieferketten und Halbleitermangels die Produktion und den Verkauf von Elektroautos priorisiert haben.
Das ist auch nötig. Denn nicht weniger als 18 Länder haben sich bereits verpflichtet, keine Benzin- und Diesel-Neuwagen mehr zu verkaufen – fast die Hälfte will dies schon bis 2030 umgesetzt haben. Dazu verspricht China als grösster Automarkt der Welt, bis 2025 jedes vierte Neufahrzeug elektrisch zu betreiben. Selbst Indien und Amerika planen überaus mutig bis 2030 mit einem Elektroanteil von 30 beziehungsweise 50 Prozent. Und in Europa soll der Verbrennungsmotor für neue Autos ab 2035 verboten werden.
Europa und China führend
Europa und China geben bei der Elektromobilität aktuell im Gleichschritt den Takt vor. Während in China 2021 mit über drei Millionen elektrifizierten Personenwagen stückzahlmässig am meisten verkauft wurden, liegt Europa mit einem Marktanteil von rund 20 Prozent Elektroanteil bei den Neufahrzeugverkäufen vorne. Die acht Länder mit dem prozentual höchsten Anteil an neuen E-Fahrzeugen liegen alle in Europa. Auf Platz 1 nach wie vor der kleine Markt in Norwegen mit fast 90 Prozent. Dahinter folgen Island, Schweden, Deutschland und die Schweiz. Interessant: Die Verkäufe reiner Elektrofahrzeuge übertreffen in den meisten Ländern bereits jetzt jene der Plug-in-Hybrid-Autos. Und diese Entwicklung wird sich mit der baldigen Abschaffung von Subventionen für Plug-ins in vielen Ländern noch verstärken.
Entscheidend für den Erfolg der Elektromobilität ist die nötige Ladeinfrastruktur. Dort zeigen sich im weltweiten Vergleich aktuell noch grosse Unterschiede. Während in China rechnerisch im Schnitt sieben Elektroautos auf einen öffentlichen Ladepunkt kommen, sind es in Amerika 21 und in Europa gar 27. McKinsey-Analyst Patrick Schaufuss fordert deshalb, das Ausbautempo in Europa hochzuhalten: «Bis 2030 müssten wöchentlich 5000 bis 10'000 neue Ladepunkte hinzukommen, um den reibungslosen Ausbau der Elektromobilität zu ermöglichen.»
Entscheidend für den Erfolg der Elektromobilität ist die nötige Ladeinfrastruktur. Dort zeigen sich im weltweiten Vergleich aktuell noch grosse Unterschiede. Während in China rechnerisch im Schnitt sieben Elektroautos auf einen öffentlichen Ladepunkt kommen, sind es in Amerika 21 und in Europa gar 27. McKinsey-Analyst Patrick Schaufuss fordert deshalb, das Ausbautempo in Europa hochzuhalten: «Bis 2030 müssten wöchentlich 5000 bis 10'000 neue Ladepunkte hinzukommen, um den reibungslosen Ausbau der Elektromobilität zu ermöglichen.»
Ab 2030 nur noch rein elektrisch
Bei dieser Entwicklung verwundert es nicht, dass sich viele Autohersteller grosse Ziele für den Elektrofahrzeug-Absatz gesetzt haben – und auch entsprechend massiv investieren. Zu den ehrgeizigsten gehören Daimler, Volvo und der Renault-Konzern. Bei den Deutschen und den Schweden sollen bis 2025 die Hälfte aller verkauften Neuwagen bereits rein elektrisch unterwegs sein. Und die Franzosen wollen mit ihren Marken ab 2030 gar nur noch rein elektrische Fahrzeuge anbieten. Der Volkswagen-Konzern wagt offiziell noch keine solchen auch moralisch verpflichtenden Prognosen, plant aber, allein in den nächsten zwei Jahren total 35 Milliarden Franken in die Elektromobilität zu investieren.
Der Analysebericht «Oil and Gas Sector Strategies for Electric Vehicles» von Global Data belegt, dass die Elektromobilität auch führende Öl- und Gasunternehmen zwingt, ihr Geschäft anzupassen. Konzerne wie Shell, Total oder Mitsui bauen durch Übernahmen und Partnerschaften Kapazitäten fürs Laden von E-Fahrzeugen, die Herstellung von Batterien und andere Bereiche der Wertschöpfungskette für Elektrofahrzeuge auf.
Exxon Mobil dagegen hat die Ladeinfrastruktur bisher ignoriert und stattdessen Lösungen zur Verbesserung der Leistung von E-Fahrzeugen angeboten – wie zum Beispiel beim Wärmemanagement von Batterien. Das Unternehmen entwickelt auch Flüssigkeiten, Schmiermittel und Kühllösungen speziell für Elektromotoren. «Dies ist ein weniger riskanter Vorstoss in den E-Fahrzeugmarkt als der Aufbau einer physischen Infrastruktur und überschneidet sich mit der derzeitigen Produktion von Flüssigkeiten auf Erdölbasis des Unternehmens», erklärt Miles Weinstein, Energie-Analyst bei Global Data, die Exxon-Strategie.
Der Analysebericht «Oil and Gas Sector Strategies for Electric Vehicles» von Global Data belegt, dass die Elektromobilität auch führende Öl- und Gasunternehmen zwingt, ihr Geschäft anzupassen. Konzerne wie Shell, Total oder Mitsui bauen durch Übernahmen und Partnerschaften Kapazitäten fürs Laden von E-Fahrzeugen, die Herstellung von Batterien und andere Bereiche der Wertschöpfungskette für Elektrofahrzeuge auf.
Exxon Mobil dagegen hat die Ladeinfrastruktur bisher ignoriert und stattdessen Lösungen zur Verbesserung der Leistung von E-Fahrzeugen angeboten – wie zum Beispiel beim Wärmemanagement von Batterien. Das Unternehmen entwickelt auch Flüssigkeiten, Schmiermittel und Kühllösungen speziell für Elektromotoren. «Dies ist ein weniger riskanter Vorstoss in den E-Fahrzeugmarkt als der Aufbau einer physischen Infrastruktur und überschneidet sich mit der derzeitigen Produktion von Flüssigkeiten auf Erdölbasis des Unternehmens», erklärt Miles Weinstein, Energie-Analyst bei Global Data, die Exxon-Strategie.
Brennstoffzelle für Nutzfahrzeuge
Was bei den teils sehr sportlichen Elektrifizierungsplänen der Autohersteller auffällt: Fast all ihre Prognosen schliessen die mittleren und schweren Nutzfahrzeuge aus. Analyst Miles Weinstein von Global Data: «Das deutet darauf hin, dass diese Segmente auch über die 2030er-Jahre hinaus weitgehend mit konventionellen Treibstoffen betrieben werden.» Oder längerfristig mittels Brennstoffzelle. Die Experten gehen zwar davon aus, dass sich ihre Wirtschaftlichkeit verbessern wird, insbesondere angesichts der steigenden Gaspreise. Sie erwarten deshalb, dass Brennstoffzellenfahrzeuge aufgrund ihrer grösseren Reichweite und kürzeren Betankungszeit gerade im Segment mittelschwerer und schwerer Nutzfahrzeuge eine grössere Bedeutung bekommen könnten. «Bei den Personenwagen werden sie aber Nischenprodukte bleiben», so Weinstein.