Was mussten wir damals schmunzeln, als wir 2018 an der Automesse in Peking an einem chinesischen Ausstellerstand vorbeikamen, auf dem Elektrofahrzeuge mit der deutschen Markenbezeichnung Weltmeister ausgestellt waren.
Deutsch sprach am Messestand des chinesischen Herstellers damals niemand. Englisch auch nicht. Erst über einen Dolmetscher erfuhren wir, dass es sich bei Weltmeister um das im Januar 2015 von Freeman Shen gegründete Start-up WM Motor Technology handelt. Die deutsche Bezeichnung Weltmeister als Markenname seiner Unternehmung wählte Gründer Shen, weil er einst beabsichtigte, deutsche Ingenieure zu beschäftigen.
Fünf verschiedene Modelle
Im Herbst 2016 liess Shen im chinesischen Wenzhou für seine Weltmeister ein Produktionswerk bauen, ausgelegt auf eine Jahresproduktion von gegen 100’000 Elektroautos. Knapp zwei Jahre später war es so weit, und die ersten Weltmeister rollten vom Band. Bei diesen 2018 lancierten Elektro-SUV mit der Bezeichnung EX5 handelte es sich optisch um nach dem früheren China-Muster zusammenkopierte Fahrzeuge. Dem EX5 folgte ein Jahr später der grössere EX6. 2021 startete das dritte Modell, der Weltmeister W6 und kurz darauf die Mittelklasse-Limousine E5. Der vor zwei Jahren vorgestellte Weltmeister M7 war die letzte Neuheit aus dem Hause Weltmeister.
Corona und Akkubrände
Danach folgten nur noch Negativschlagzeilen. Die strengen Corona-Lockdowns, steigende Materialkosten und lückenhafte Lieferketten belasteten Produktion und Absatz. Zudem führten Akkubrände zu mehreren Rückrufen. In der Folge brachen Verkauf und Produktion ein, es kam zu Produktionsstopps und Entlassungen.
Noch vor sieben Monaten hiess es zwar, Weltmeister habe die Schwierigkeiten überwunden und werde mit staatlicher Hilfe die Produktion wieder aufnehmen. Doch dieses Unterfangen ist jetzt definitiv gescheitert. Weltmeister hat in diesen Tagen in Shanghai Insolvenz angemeldet.
Weitere Start-ups gefährdet
Laut verschiedener Experten wird Weltmeister nicht der letzte chinesische Autohersteller sein, der Konkurs anmelden muss. In den vergangenen Jahren wurden in China viele neue Automobil-Start-ups gegründet. Und obwohl auf dem grössten Automarkt der Welt die Nachfrage weiterhin hoch ist, werden längst nicht all diese jungen Firmen den harten Verdrängungswettbewerb mit massiven Rabattschlachten und Preissenkungen überstehen. So gesehen könnte die Pleite von Weltmeister erst der Anfang einer Reihe weiterer Insolvenzen sein.