So will CEO Jean-Philippe Imparato die Marke in die Zukunft steuern
Was wird aus Alfa Romeo?

Der neue Auto-Riese Stellantis vereint 14 Marken unter einem Dach. Mancher befürchtete, dass nicht jede dieser Marken die Fusion von FCA und PSA überleben würde. Aber im Fall Alfa Romeo setzt der neue Chef auf Angriff.
Publiziert: 23.05.2021 um 18:55 Uhr
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Aktualisiert: 21.12.2021 um 22:12 Uhr
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Was wird aus Alfa Romeo? Mit Jean-Philippe Imparato (54) leitet seit Jahresbeginn der Ex-CEO von Peugeot die italienische Traditionsmarke.
Foto: THOMAS LUETHI / HEG
Andreas Faust

Jean-Philippe Imparato liebt Motorsport. Regelmässig sitzt der neue CEO von Alfa Romeo beim 24-Stunden-Rennen auf der Nürburgring-Nordschleife hinterm Steuer. «Naja – ich fahre ein bisschen mit», wiegelt er ab. Hauptsache, er komme ins Ziel. Viel wichtiger seien ihm Picknick am Streckenrand und entspannte Benzingespräche.

Gut möglich, dass sich der 54-jährige Franzose, geboren in Sète an der Mittelmeerküste, dabei auch inspirieren lässt. Seit Januar leitet er mit Alfa Romeo sozusagen die Sportabteilung des neuen Autoriesen Stellantis. Entstanden aus der Fusion von Fiat Chrysler Automobiles FCA und dem PSA-Konzern, vereint Stellantis 14 Marken unter einem Dach von A wie Abarth bis V wie dem britischen Opel-Ableger Vauxhall. Und eben Alfa Romeo, dem Imparato jetzt zum Neustart verhelfen soll. «Neustart? Reden Sie nicht von Neustart. Das hat man in den letzten zehn Jahren immer wieder gehört – und wenig ist passiert», sagt Imparato.

Technisch top, ökonomisch Flop

Seit ihrer Gründung 1910 als Società Anonima Lombarda Fabbrica Automobili – abgekürzt A.L.F.A. – war die Marke technisch und im Motorsport top, aber taumelte wirtschaftlich immer am Abgrund. Nach fünf Jahren ging erstmals das Geld aus, der Industrielle Nicola Romeo übernahm – fertig war der Markenname. Die nächste Pleite folgte 1926, Alfa wurde staatsfinanziert und 1933 ganz verstaatlicht. 1986 ging die Marke dann weiter zu Fiat, später in FCA auf und nun in Stellantis. Die feste Fangemeinde, genannt Alfisti, konnte das Auf und Ab lange nicht schrecken. Aber als der einstige FCA-Chef Sergio Marchionne (1952–2018) ab 2010 die Modellpalette radikal zusammenstrich, bröckelte die Unterstützung. Die aktuelle Modellpalette mit dem Kompaktauto Giulietta, dem SUV Stelvio und der Limousine Giulia? Ein Schatten einstiger Grösse.

Man musste bangen, was aus Alfa wohl im neuen Konzern würde. Aber Imparato hat eine Vision: Bis 2030 will er Alfa wieder auf Erfolgskurs bringen. Das Rezept dazu hat er als eingespieltes Duo mit Stellantis-CEO Carlos Tavares (62) schon einmal bis Ende 2020 als Peugeot-Chef umgesetzt. Good Cop, bad Cop: Tavares rechnete, kürzte, strich und steigerte die Effizienz. Imparato machte als Car Guy in der Öffentlichkeit Lust auf die Marke. Doch bei Alfa wirds etwas schwieriger. «Das Wichtigste, um Alfa zu erhalten und wieder nach vorne zu bringen, ist wirtschaftliche Rentabilität», sagt Imparato. Aber dabei dürfe man die Emotionalität der Marke nicht vergessen, sonst funktioniere es nicht.

Eine Vision für Alfa

Die Passion für die Marke hat sich Imparato im Alfa-Museum in Arese geholt: «Wer dort keine Anregungen bekommt als Automanager, hat den Job verfehlt.» Alfa brauche beides für die Zukunft: SUVs und Limousinen, die sich auch in den USA und China – dort ist Alfa seit 2017 wieder vertreten – verkaufen lassen. Und Modelle wie den offenen Duetto oder das Sportcoupé GTV, die die Marke in Europa gross gemacht hätten. Seinen Produktplan für neue Modelle bis 2026 hat Imparato schon fertig – und die nötigen Investitionsmittel stehen auch bereit. Aber erst Ende Jahr will er über die nächsten Schritte informieren: «Einen Produktplan hat man schnell zusammengeschrieben. Wichtiger ist, dass wir jetzt auch mit der Umsetzung beginnen. Sonst bauen wir wieder nur Luftschlösser.»

Giulia lernt Rennen

Schon die Ur-Giulia brachte 1962 Familien auf die Überholspur. Die aktuelle Generation der Mittelklasse-Limousine kommt als GTA (Bild) mit neu 540 PS und wird als GTAm sogar Rennstrecken-tauglich. Rückbank, Türgriffe und Assistenzsysteme mussten weichen. Neu sind die Heckklappe aus Kunststoff, Carbon-Teile für optimierte Aerodynamik und eine leichtere Front vom Formel-1-Team Alfa-Sauber und der verstellbare Heckflügel. Auch die gemässigtere Giulia GTA mit Rückbank fühlt sich auf dem Fahrersitz nahezu perfekt an: Die Sportsitze halten fest, die Lenkung wirkt präzise, an den riesigen Alu-Schaltpaddles am Lenkrad kann man nicht vorbeigreifen. Und die Abstimmung wirkt weicher und geschmeidiger als die mancher normalen Giulia. Aber bei Materialien, Navi und Infotainment oder Rückkamera bleibt noch Luft nach oben. All das macht die Giulia GTA eher zum Sammler- als zum Alltagsauto. Wie auch der Preis – mindestens 188'000 Franken – und die Stückzahl: Nur 500 werden gebaut.

Schon die Ur-Giulia brachte 1962 Familien auf die Überholspur. Die aktuelle Generation der Mittelklasse-Limousine kommt als GTA (Bild) mit neu 540 PS und wird als GTAm sogar Rennstrecken-tauglich. Rückbank, Türgriffe und Assistenzsysteme mussten weichen. Neu sind die Heckklappe aus Kunststoff, Carbon-Teile für optimierte Aerodynamik und eine leichtere Front vom Formel-1-Team Alfa-Sauber und der verstellbare Heckflügel. Auch die gemässigtere Giulia GTA mit Rückbank fühlt sich auf dem Fahrersitz nahezu perfekt an: Die Sportsitze halten fest, die Lenkung wirkt präzise, an den riesigen Alu-Schaltpaddles am Lenkrad kann man nicht vorbeigreifen. Und die Abstimmung wirkt weicher und geschmeidiger als die mancher normalen Giulia. Aber bei Materialien, Navi und Infotainment oder Rückkamera bleibt noch Luft nach oben. All das macht die Giulia GTA eher zum Sammler- als zum Alltagsauto. Wie auch der Preis – mindestens 188'000 Franken – und die Stückzahl: Nur 500 werden gebaut.

Zum Plan gehört auch der Schritt in die Elektrifizierung. «Gehen wir ihn nicht, sind wir tot», sagt Imparato, der am liebsten in einem Elektro-Duetto in die Pensionierung fahren würde. Technisch kann er dabei auf volle Stellantis-Regale zurückgreifen, denn der Konzern ist schon recht elektrifiziert unterwegs. Den Anfang der Modelloffensive macht im Juni 2022 der kompakte SUV Tonale. Imparato soll die Ingenieure nochmals an die Zeichenbretter geschickt haben, weil dessen Plug-in-Hybridantrieb nicht genug Leistung hatte. «Nicht ganz», sagt er. «Wir haben die Motorenstrategie angepasst – 2022 brauchen wir eher Benziner und Hybride als Diesel.» Ausserdem will Imparato bei der Qualität genau hinschauen. «Carlos und ich reden nie über Stückzahlen – wir reden über Preise und die Qualität.» Die Produktion soll italienisch bleiben in Cassino und Pomigliano, aber dort sei viel zu tun. «Qualität fängt in den Werken an.» Sprich: Fallen Autos auseinander, hält auch die Marke nicht.

Klare Positionierung im Konzern

Und wie sieht die Positionierung aus – wofür steht Alfa? «Wir berufen uns auf unsere alten Werte – Sportlichkeit wie bei der neuen Giulia GTA, Design und Dolce Vita», sagt Imparato. Er tausche sich mit seinen Kollegen zum Beispiel bei DS permanent aus, ohne dabei in Streit zu geraten, weil die Kundenbasis so unterschiedlich sei. DS sei «französischer Luxus», Alfa «noble Sportlichkeit».

Und Lancia verkörpere italienische Eleganz, «im Moment», sagt Imparato. Lancia? Noch so eine schlafende Schönheit, die von FCA zur Einser-Marke herunterrationalisiert wurde: ein Modell, der in die Jahre gekommene Ypsilon, das nur noch in Italien verkauft wird. Muss man für solch eine Marke extra eine Positionierung erarbeiten? Wohl nur, wenn sie ebenfalls zur Wiederbelebung anstünde.

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