Diesen Satz hört man selten an einer Automesse: «Wir wollen gar keine Autos verkaufen!», sagt Clotilde Delbos (55), CEO von Mobilize. Seit 2018 schon gibts die vierte Marke unter dem Dach des Renault-Konzerns. Entstanden als Joint-Venture des französischen Autobauers mit dem chinesischen Unternehmen Jiangling Motors Corporation Group, treibt Mobilize heute alle Geschäftsfelder des Konzerns voran, die nichts direkt mit dem Autoverkauf zu tun haben.
«Wir wollen den einfachen Zugang zu grüner, geteilter und bezahlbarer Mobilität bieten», fasst Delbos zusammen. Vor allem in Ballungsräumen werde der Autobesitz nerviger und teurer; es gäbe immer weniger Parkplätze, und die lokale Politik sei bestrebt, Autos aus den Innenstädten zu verdrängen. «Wenn man ein Auto wirklich braucht, mietet oder teilt man es», sagt Delbos. Keine neue Idee: BMW startete 2011 Drive Now, Mercedes schon 2008 Car2go – und beide Sharing-Services schafften nie den Durchbruch. Autobesitz ist noch immer das übliche Nutzungsmodell. «Aber das wird sich ändern – und dann müssen wir bereit sein», entgegnet Delbos.
Elektroflitzer und Auto-Abos
Dabei beackert das Team um Delbos längst ein breites Themenspektrum: Mit dem Duo und der Lieferversion Bento lanciert Mobilize 2023 eine neue Generation des bisherigen Mini-Elektroflitzers Twizy. Mobilize Charge bietet Zugang zu rund 260'000 Ladesäulen in ganz Europa und stellt Abrechnungstools per App bereit. Die eigens entwickelte Elektro-Limousine Limo wird an Shuttledienste vermietet – inklusive Ladeinfrastruktur und Wartung. Hinzu kommen Auto-Abos, lokale Mobilitätsprojekte und Kooperationen mit innovativen Start-ups, die neue Ideen für Services haben. Selbst die Zusammenarbeit mit Marken anderer Konzerne kann sich Delbos vorstellen. Auch ein Grund, weshalb sich nirgendwo am Mobilize-Stand am Pariser Autosalon das Logo von Konzernmutter Renault findet.
Trägt sich Mobilize finanziell? «Mobilize ist eine Investition in die Zukunft», sagt Delbos. Aber keine Geldverbrennungsmaschine, sondern man wachse nachhaltig und profitabel. Wichtiger Kniff: Die konzerneigene Finanzierungsbank RCI ist seit Mai Teil von Mobilize und steuere sechs Prozent des Konzernumsatzes bei. Bis 2030 soll die Mobilitätstochter ein Fünftel des Renault-Umsatzes ausmachen.
Doch unter welchen Bedingungen wird sich die Idee des Mobilitätsservices statt des eigenen Autos durchsetzen? Brauchts dafür eine neue Generation von Nutzern? «Definitiv – viele Junge haben ja zum Beispiel keinen Führerschein mehr», sagt Delbos. Aber es komme auch auf die Gegebenheiten im Markt an: Die Schweiz sei ideal für Mobilize, sagt Delbos – dicht besiedelt, eher hochpreisig und mit gutem öffentlichem Verkehr: «In der Schweiz braucht man nicht zwingend ein Auto.»