Nicht nur Porsche legt bei Stromern den Rückwärtsgang ein
Alarmstufe Elektro!

Da Verkäufe und Gewinne schrumpfen, rudern erste Hersteller bei ihrer Elektrifizierungs-Strategie zurück und setzen wieder stärker auf Verbrenner. Autoexperten wie der deutsche Ferdinand Dudenhöffer zeichnen dennoch ein düsteres Bild für die europäische Autoindustrie.
Publiziert: 10.02.2025 um 05:40 Uhr
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Aktualisiert: 10.02.2025 um 05:56 Uhr
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Die meisten europäischen Autobauer haben sich längst auf eine rein elektrische Zukunft eingestellt.
Foto: Keystone

Auf einen Blick

  • Autohersteller überdenken Elektro-Strategie aufgrund schwacher Nachfrage
  • Porsche plant neue Verbrenner-Modelle und Plug-in-Hybride für Erholung
  • Autoexperte sieht Beginn einer De-Industrialisierungswelle
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Andreas EngelRedaktor Auto & Mobilität

Erstens kommt es anders, und zweitens, als man denkt. Die meisten Autobauer haben sich längst auf eine rein elektrische Zukunft eingestellt. Marken wie Fiat-Tochter Abarth, Cadillac oder Smart haben schon gar keine Verbrenner-Modelle mehr im Europa-Portfolio. Jaguar hat erst kürzlich äusserst medienwirksam den Wandel zur reinen Elektro-Luxusmarke verkündet – erste Modelle sollen nächstes Jahr starten. Und bei Autogigant Stellantis wollen sich die Konzern-Töchter Citroën, Maserati, Opel und Peugeot ab 2028 komplett von Benzin und Diesel verabschieden. Bei den meisten anderen europäischen Herstellern soll es bis spätestens 2035 so weit sein.

Doch ob es wirklich so schnell geht, bis Stromer die Verbrenner komplett aus den Showrooms verdrängen, muss immer mehr bezweifelt werden. Die Unlust der Kundinnen auf Elektro-Modelle ist – nicht nur in der Schweiz – so gross, dass jetzt auch die Importeursvereinigung Auto Schweiz Alarm schlägt: «Vom 50-Prozent-Marktanteil der Steckerfahrzeuge bei neuen Personenwagen, wie er unter der früheren Bundesrätin Simonetta Sommaruga als Ziel bis Ende 2025 formuliert wurde, sind wir meilenweit entfernt», so Präsident Peter Grünenfelder (57). Und stellt sogleich Forderungen an den Staat, um die 2024 erstmals seit Jahren wieder rückläufigen Elektro-Verkaufszahlen wieder anzukurbeln. Dazu zählen finanzielle Anreize wie Steuererleichterungen, weniger Regulierungen und eine weniger strenge Auslegung der bald geltenden, verschärften CO₂-Verordnung, über die der Bundesrat im zweiten Quartal entscheidet. 

China als hartes Elektro-Pflaster

Manch Hersteller möchte sich aber scheinbar nicht allein auf die Unterstützung der Politik verlassen – allen voran Porsche. Da das Geschäft mit den Stromern aktuell alles andere als rosig läuft, will die Sportwagenmarke aus Zuffenhausen (D) wieder vermehrt auf Benzinmotoren setzen. Es seien neue reine Verbrenner-Modelle und mehr Plug-in-Hybride geplant, um nach einem enttäuschenden 2024 mit deutlichem Gewinneinbruch wieder aus der Krise zu fahren. Bis zu 800 Millionen Euro will Porsche dieses Jahr in die Erweiterung der Modellpalette investieren.

Besonders dramatisch zeichnet sich die Situation in China. Auf dem grössten Automarkt der Welt gingen die Auslieferungen für Porsche im letzten Jahr verglichen mit 2023 um 28 Prozent zurück. Die Angst geht um, dass im Leitmarkt der E-Mobilität bald gar nichts mehr für das deutsche Traditionsunternehmen zu holen ist. Andere deutsche Marken verlieren in China ebenfalls zunehmend an Bedeutung, analysiert auch der deutsche «Autopapst» Ferdinand Dudenhöffer (73), langjähriger Professor am Center Automotive Research CAR der Uni Duisburg-Essen. «Die jungen chinesischen Autobauer sind extrem harte Wettbewerber geworden und schnappen den deutschen Premiummarken die Kunden weg.» Sie böten mittlerweile konkurrenzfähige Fahrzeuge zu weitaus günstigeren Preisen.

Comeback der Verbrenner

Porsche hätte, wie die anderen Hersteller, extrem viel Geld in Elektroautos investiert, die aber nicht nur in China, sondern auch Europa nur sehr schwer Kunden finden. Der neue Macan, das bisher meistverkaufte Auto von Porsche, wird bei uns derzeit lediglich noch als Elektroversion angeboten. Doch längst wird in Zuffenhausen am Comeback der Benzin-Variante gearbeitet. Dudenhöffer glaubt nicht daran, dass damit der Umschwung zu schaffen ist. Er zeichnet eine düstere Zukunft: «Es sieht nach einer langen Durststrecke für die hiesigen Hersteller aus. Am Ende der Durststrecke wird die deutsche Autoindustrie deutlich kleiner sein als heute.» Die aktuelle Situation könnte gar der Beginn einer De-Industrialisierungswelle in Deutschland sein, warnt Dudenhöffer. 

Doch nicht nur bei deutschen Herstellern wie Porsche wird die bisherige Elektro-Strategie zunehmend infrage gestellt. Alfa Romeo, eine weitere Traditionsmarke im komplexen Stellantis-Konstrukt, wollte bereits ab 2027 nur noch auf die Elektro-Schiene setzen. Fast zeitgleich zu Porsche haben die Italiener jetzt verkündet, vorerst ebenfalls weiter auch Modelle mit Verbrennungsmotor anbieten zu wollen. Alfa könnte einen Domino-Effekt auslösen und weitere Konzernmarken vom überhasteten Umbau abbringen. Die Verbrenner scheinen also, zumindest vorläufig, noch nicht tot zu sein. 

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