Mit der Führung von rund 90'000 Mitarbeitern weltweit ist man ausgelastet – sollte man meinen. Markus Duesmann hat aber noch Luft in der Agenda: Seit dem 1. April ist der 50-jährige Deutsche neuer Chef bei der Volkswagen-Konzerntochter Audi. Zusätzlich zum CEO-Posten übernimmt er nun auch noch den des Entwicklungsvorstands, will das wichtige China-Geschäft der Marke leiten und im Mutterkonzern Volkswagen Forschung und Entwicklung koordinieren.
Damit sässe Duesmann gleich an vier Schlüsselpositionen: Bei Audi muss er als CEO Ruhe hineinbringen – Vorgänger Bram Schot hatte Ende 2018 den Audi-Vorsitz notfallmässig übernommen, als der damalige CEO Rupert Stadler wegen mutmasslicher Verstrickung in den VW-Dieselskandal in Untersuchungshaft genommen wurde.
Chefentwickler auf dem Schleudersitz
Ebenso heikel: der Job als Entwicklungsvorstand. Vorgänger Hans-Joachim Rothenpieler geht Ende Juni nach nur 18 Monaten in den Vorruhestand. Zuvor war der Posten eine Art Schleudersitz: zwei der fünf Chefentwickler in sechs Jahren hatte Audi wegen des Dieselskandals verschlissen; Rothenpieler-Vorgänger Peter Mertens musste 2018 krankheitsbedingt ausscheiden. Schwierig, bei so vielen Wechseln den Slogan vom «Vorsprung durch Technik» mit Leben zu füllen.
Aber: Künftig soll Audi bei Technik und Innovation im VW-Konzern über alle Marken hinweg die erste Geige spielen und die Richtung vorgeben. Da macht es Sinn, dass Duesmann auch konzernweit die Entwicklung leitet. Sein Einstand: Mit dem Projekt «Artemis» siedelt er bei Audi eine neue Entwicklertruppe für agiles und beschleunigtes Entwickeln neuer Modelle an.
Machtfülle bei Volkswagen
Vierter Job wird für Duesmann die Leitung des Audi-Geschäfts im wichtigen Markt China sein. Mit rund 690'000 Fahrzeugen hatte Audi 2019 dort mehr als ein Drittel seiner rund 1,8 Millionen verkaufter Autos weltweit ausgeliefert.
Pikant: Mit solch geballter Macht in einer Hand hat man zuletzt im VW-Konzern weniger gute Erfahrungen gemacht. Kürzlich musste Volkswagen-Konzernchef Herbert Diess die Leitung der Kernmarke VW abgeben, die er in Personalunion ausgeübt hatte. Diess hatte zuletzt Probleme bei der Lancierung der wichtigen neuen Modelle Golf 8 und ID.3 eingestehen müssen.