Für «normale» Autofahrer könnte kaum eine Nachricht langweiliger sein. Aber Sportwagen- und Motorsport-Fans läuft ein wohliger Schauer über den Rücken: Porsche enthüllt den neuen 911 GT3 der aktuellen 992er-Baureihe. Der siebte Rennstrecken-«Elfer» aus 58 Jahren und acht Modellgenerationen 911er also.
Wie sich das gehört, knackt der Elfer für alle, die damit auf die Rennpiste fahren (oder zumindest so aussehen) wollen, auch wieder einen Rekord in der «Grünen Hölle»: Zum ersten Mal fällt für einen Serien-911er jetzt die magische Sieben-Minuten-Marke auf der legendären Nordschleife des deutschen Nürburgrings.
Darauf wartet man gerne
Wie stets mussten die 911er-Kunden mit ganz besonders viel Benzin im Blut gut zwei Jahre auf den Königs-«Elfer» warten: Während «normale» 911er der achten Generation seit 2019 zu haben sind – darunter auch stärkere, aber eben weniger rennmässige Typen wie der 650 PS starke Turbo S – startet der GT3 im Mai 2021.
Aber in GT3-Kreisen ist viel wichtiger, dass der Neue mal kurz einen kleinen und äusserst feinen Unterschied von 17 Sekunden gegenüber dem Vorgänger macht, wenn man damit über die 20,8 Kilometer lange Variante der Rennstrecke in der Eifel sägt. Die Nordschleife meistert der GT3 in 6.59,927 Minuten. Die Entwicklungspiloten Lars Kern (33) und Jörg Bergmeister (45) fuhren mehrere Runden auf diesem Niveau, was die Konstanz des Renners mit Strassenzulassung belegen dürfte.
Automatisch oder per Hand
Im Heck des 4,57 Meter langen neuen GT3 brüllt und sägt ein alter Bekannter in höchsten Drehzahl-Tönen. Zwar hat der Turbo sonst alle 911er erobert, aber im GT3 steckt wieder ein Sauger. Der Vierliter-Sechszylinder-Boxer stammt aus dem 911 GT3 R, steckt auch im neuen 911 GT3 Cup und erstarkt um zehn auf 510 PS (375 kW). Später könnte ein stärkerer RS (bisher 520 PS) folgen. Der GT3 dreht bis auf 9000/min, das Drehmoment legt von 460 auf 470 Nm bei 6000/min zu.
Die Ansaugseite setzt auf sechs Einzel-Drosselklappen, geschaltet wird über den Sieben-Gang-Doppelkupplungs-Automat (bei Porsche PDK genannt) oder per Hand mit sechs Gängen, wobei die Power je stets nur an die Hinterräder geht. Der Porsche 911 GT3 PDK saust in 3,4 (manuell 3,9) Sekunden auf 100 und in 10,8 (11,9) Sekunden bis auf 200 km/h und wird bis zu 318 (320) km/h schnell.
Weniger Kilos, mehr Agilität
Damit die Bestie in Autogestalt rasant bremst, gibts neue Leichtbau-Bremsscheiben mit 408 statt 380 Millimeter Durchmesser bei 17 Prozent weniger Gewicht. Auch die Alu-Schmiederäder mit Zentralverschluss haben abgespeckt, die Karosserie dank mehr Teilen aus kohlefaserverstärktem Kunststoff und trotz zweier Partikelfilter die Leichtbau-Auspuffanlage – auf dass der neue GT3 mit mehr Technik nicht schwerer werde. Ergebnis: 1418 (PDK 1435) Kilo. Auf Wunsch gibts strassenzugelassene Rennreifen, Überrollkäfig und Feuerlöscher oder ebenso teure wie beliebte Gadgets wie etwa ein Leichtbau-Dach aus Sichtkarbon.
Erstmals kommt im GT3 die neue Vorderachse aus dem Le-Mans-Sieger 911 RSR auf die Strasse. Das Doppelquerlenker-Konstrukt mit mehr Sturzsteifigkeit befreit die Stossdämpfer von Querkräften, was agiles Einlenken und die Berechenbarkeit fördern soll. Hinten bleibt es bei der Fünflenker-Hinterachse plus Zusatzgelenke für die unteren Querlenker. Dazu neue Stossdämpfer für mehr Sport und Komfort und stets Hinterachs-Lenkung (je nach Tempo in oder entgegen Lenkrichtung).
Plus 150 Prozent Abtrieb
Auch das wilde, auf den leider überwiegend betont schummrigen ersten offiziellen Bildern nicht sehr gut sichtbare Spoilerpaket mitsamt «Schwanenhals-Heckflügel» ist bei der Fahrmaschine nicht umsonst da. Der Heckdiffusor erzeugt nun viermal mehr Abtrieb als zuvor! In der Summe sind es in Basiseinstellung jetzt rund 50 Prozent mehr Anpressdruck, in der Performance-Position bei Tempo 200 gar 150 Prozent. Da kann man das Cockpit mit «Track Screen» (reduzierte Digi-Anzeigen) und den optischen Schaltassistent mit Motorsport-Schaltblitz durchaus brauchen.
Was für eine Fahrmaschine – aber hallo! Diese beiden Worte liegen uns auch bei den Kosten auf den Lippen. Der Durst liegt laut Norm bei 12,9 (PDK 13,0) l/100 km – und 205'500 Franken wollen ab Mai 2021 für den GT3 auf den Tisch gelegt sein. In der Schweiz immerhin samt «Porsche Swiss Package» mit Matrix-LED-Licht, Sport-Chrono-Paket, Rückfahrkamera, Bose-Sound und mehr – und auch mit dem grösseren 90-Liter-Tank. Damit man auch von hier bis zur Nordschleife kommt.